Eisen intravenös substituieren

Die Ergebnisse der EFFECT-HF-Studie untermauern den Wert einer intravenösen Eisentherapie zur Behebung von Eisenmangel bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. An chronischer Herzinsuffizienz (CHI) leiden in Deutschland etwa 3% der Bevölkerung. „Das entspricht etwa 2,5 Millionen Patienten“, so PD Dr. Mahir Karakas, Hamburg. Die Prävalenz der CHI habe in den letzten Jahren stetig zugenommen. Sie lag im Jahr 2015 auf Platz drei der Todesursachenstatistik [1]. „Bei bis zu 50% der Patienten mit Herzinsuffizienz liegt zugleich ein Eisenmangel vor, was die ohne-hin eingeschränkte Lebenserwartung und Lebensqualität der Betroffenen erheblich limitiert“, berichtete Karakas. 20% der CHI-Betroffenen seien zudem anämisch. In der Vergangenheit wurde Eisenmangel bei Patienten mit CHI oft unzureichend therapiert [2]. Seit Veröffentlichung der FAIR-HF-Studie werden jedoch sowohl Eisenmangel als auch Anämie zunehmend als bedeutende Komorbiditäten und Risikofaktoren bei Patienten mit CHI wahrgenommen [3]. Die Studie belegt eine signifikante Verbesserung der NYHA-Klasse (Klassifizierung nach New York Heart Association), der Leistungsfähigkeit (p<0,001) und der Lebensqualität (p<0,001) bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse II und III nach i.v. Korrektur des Eisenmangels mit Eisencarboxymaltose (Ferinject®) [3]. Die Doppelblindstudie CONFIRM-HF bestätigt, dass sich Symptomatik, Lebensqualität und körperliche Belastbarkeit von Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und Eisenmangel unter Therapie mit i.v. Eisencarboxymaltose deutlich verbessern [4]. Diese Verbesserungen halten an und gehen mit einer signifikanten Senkung der Hospitalisierungsraten aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz einher, so Karakas [4]. In der multizentrischen EFFECT-HF-Studie wurde i.v. Eisencarboxymaltose mit der Standardtherapie bei 172 symptomatischen Patienten mit CHI und Eisenmangel verglichen [5]. Dazu erhielten die Patienten eine initiale Gabe von Eisencarboxymaltose und falls erforderlich weitere Gaben nach sechs und zwölf Wochen bzw. die Standardbehandlung. Primärer Endpunkt war die Veränderung der maximalen Sauerstoffaufnahme (pVO2) nach 24 Wochen. Das Ergebnis: Der Unterschied zwischen Patienten, die i.v. Eisencarboxymaltose bzw. die Standardbehandlung erhalten hatten, war nach 24 Wochen signifikant (p=0,02) [5]. Signifikant waren auch die Verbesserung der Serum-Ferritin-Werte (p<0,05), der Transferrin-Sättigung (p<0,05), des Hämoglobin-Spiegels (p<0,05) von Baseline bis Woche 24. Zwischen den Behandlungsgruppen war nach 24 Wochen ein signifikanter Unterschied in der Verbesserung der NYHA-Klasse (p<0,05) und der globalen Selbsteinschätzung der Patienten (p<0,05) zu beobachten [5]. In der kürzlich veröffentlichten randomisierten, doppelblinden und kontrollierten IRONOUT-HF-Studie [6] erhielten Patienten mit CHI und Eisenmangel entweder 300mg orales Eisenpolysaccharid oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Veränderung der maximalen Sauerstoffaufnahme nach 16 Wochen. Diese wurde durch orales Eisenpolysaccharid im Vergleich zu Placebo nicht verbessert, die Eisenspeicher wurden nur um 11ng/ml (p=0,06) aufgefüllt. Dieses Ergebnis sei nicht geeignet, die Anwendung oraler Eisenpräparate bei Patienten mit CHI und Eisenmangel zu stützen, sagte Karakas. Die EFFECT-HF-Studie [5] spreche dagegen für den Einsatz von i.v. Eisencarboxymaltose und bestätige die Empfehlung in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zur Eisensubstitution bei Herzinsuffizienz [7]. Prognostisch bedeutsame Komorbidität Zu den Begleiterkrankungen, die bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz Symptomatik, Schweregrad und Prognose maßgeblich beeinflussen können, zählen neben Hypertonie, koronarer Herzkrankheit und Diabetes auch Anämie und/oder Eisenmangel [7–9]. Der Schweregrad der Herzinsuffizienz sei ein starker und unabhängiger Prädiktor für das Vorliegen von Störungen des Eisenstatus. Je höher die NYHA-Klasse sei, desto häufiger litten die Patienten auch unter Eisenmangel und/oder Anämie, so der Kardiologe [8, 10]. Eisenmangel ist nicht nur ausgesprochen häufig, sondern ist auch prognostisch bedeutsam. „Eine defizitäre Eisenversorgung geht bei herzinsuffizienten Patienten mit reduzierter Leistungsfähigkeit einher und erhöht Morbidität, Hospitalisierungsrate und Mortalität – unabhängig vom gleichzeitigen Vorliegen einer Anämie“, erläuterte Karakas [10–12]. Dementsprechend sei die Korrektur des Eisenmangels ein wichtiges Therapieziel [8, 13]. Vor dem Hintergrund der hohen Prävalenz und des ungünstigen Einflusses auf die Prognose sollten Kardiologen und Hausärzte in enger Zusammenarbeit einen Eisenmangel bei Patienten mit Herzinsuffizienz dia-gnostisch abklären und adäquat behandeln [7, 14]. Eisenmangel ist leicht festzustellen Eisenmangel beeinflusst eine Vielzahl von Laborparametern, sagte Prof. Dr. Tibor Kempf, Hannover. Zwei Laborparameter reichen aus, um einen Eisenmangel sicher zu diagnostizieren, nämlich das Serum-Ferritin und die Transferrin-Sättigung (Abb. 1) [15], so Kempf. Das Serum-Ferritin ist der Basisparameter. Er gibt Auskunft über das im Körper vorhandene Speichereisen. Der Grenzwert, ab dem ein Eisenmangel vorliegt, beträgt bei Herzinsuffizienz 100ng/ml [7]. Da das Serum-Ferritin ein Akutphase-Protein ist, kann der Wert bei gleichzeitig vorliegenden entzündlichen Prozessen erhöht sein und einen Eisenmangel maskieren. „Daher empfiehlt sich die Kontrolle eines Entzündungsmarkers, z.B. des C-reaktiven Proteins“, riet Kempf. Deshalb sollte stets ergänzend die Transferrin-Sättigung gemessen werden [7]. Liegt sie unter 20%, besteht auch bei Serum-Ferritin-Werten zwischen 100ng/ml und 299ng/ml ein therapiebedürftiger Eisenmangel [16]. Abb. 1: Algorithmus zur Diagnosestellung von Eisenmangel bei chronischer Herzinsuffizienz (modifiziert nach [15]) Springer Medizin Verlag GmbH × ESC-Leitlinien empfehlen i.v. Eisentherapie Eine Vielzahl von Studien hat den Eisenmangel mit oder ohne begleitende Anämie bei Patienten mit Herzinsuffizienz als unabhängigen Risikofaktor für erhöhte Mortalität [8], vermindertes Leistungsvermögen [17] und reduzierte Lebensqualität [12] identifiziert [4]. Die 2016 aktualisierten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) zur Diagnose und Behandlung der akuten und chronischen Herzinsuffizienz empfehlen daher, zur Früherkennung des Eisenmangels bei Patienten mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz die Ferritin- und Transferrin-Sättigung zu bestimmen (Empfehlungsklasse I, Evidenzgrad C) [7]. Zur Therapie des Eisenmangels wird ausschließlich und explizit Eisencarboxymaltose empfohlen (Empfehlungsklasse IIa, Evidenzgrad A) [7]. Geraten wird dazu, eine Behandlung mit intravenöser Eisencarboxymaltose bei Patienten mit Serum-Ferritin-Werten <100mg/l oder bei Patienten mit Serum-Ferritin-Werten zwischen 100mg/l und 299mg/l und Transferrin-Sättigung <20% in Betracht zu ziehen [7]. Eisencarboxymaltose ist kostenneutral Für die Korrektur eines Eisenmangels mit i.v. Eisencarboxymaltose bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist in mehreren klinischen Studien belegt, dass sie die NYHA-Klasse und die Lebensqualität verbessert. Sie senkt auch das Risiko, dass aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz eine Klinikeinweisung erforderlich wird [3–5, 8]. Eine Analyse der Kosteneffektivität in Deutschland deutet darauf hin, dass die Korrektur des Eisenmangels im Vergleich zu keiner Behandlung kostenneutral erfolgen kann [18]. „Um die Kosten der Therapie aus Sicht der gesetzlichen Krankenkassen aufzuzeigen, wurde ein „Budget-Impact-Model“ eingesetzt, bei dem die auf einzelne Patienten bezogene Kosten/Nutzen-Bewertung auf die Gesamtzahl der Patienten mit derselben Erkrankung hochgerechnet wird“, erläuterte Karakas. Das Ergebnis: Die Behandlung mit i.v. Eisencarboxymaltose über ein Jahr war mit weniger Hospitalisierungen, kürzeren Krankenhausaufenthalten und einer geringeren Mortalität assoziiert. Werden Patienten mit Herzinsuffizienz und Eisenmangel mit i.v. Eisencarboxymaltose therapiert, entstehen pro Patient und Jahr 40€ Mehrkosten. Dies unterscheidet sich aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht von den ansonsten anfallenden Kosten. „Die Therapie ist damit kostenneutral“, so Karakas. CONFIRM-HF: ferric CarboxymaltOse evaluatioN on perFormance in patients with IRon deficiency in coMbination with chronic Heart Failure EFFECT-HF: Effect of Ferric Carboxymaltose on Exercise Capacity in Patients With Iron Deficiency and Chronic Heart Failure FAIR-HF: Ferinject® Assessment in patients with IRon deficiency and chronic Heart Failure IRONOUT-HF: Oral Iron Repletion effects ON Oxygen UpTake in Heart Failure Literatur Statistisches Bundesamt. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/SterbefaelleInsgesamt.htm, letzter Zugriff: 27. März 2017 Wienbergen H et al., 2016 (RAID Register) Anker SD et al., N Engl J Med 2009, 361:2436–2448 Ponikowski P et al., Eur Heart J 2015, 36:657–668 van Veldhuisen DJ et al., Circulation 2017, doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.117.027497 Lewis GD et al., AHA 2016, LBNCT.04, http://www.abstractsonline.com/pp8/#!/4096/presentation/58425, letzter Zugriff: 27. März 2017 Ponikowski P et al., Eur J Heart Fail 2016, 18:891–975 Klip IT et al., Am Heart J 2013, 165:575–582 http://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/herzinsuffizienz/herzinsuffizienz-1aufl-vers7-lang.pdf, letzter Zugriff: 27. März 2017 Jankowska EA et al., Eur Heart J 2010, 31:1872–1880 Arora NP et al., Heart Fail Rev 2013, 18:485–501 Enjuanes C et al., Int J Cardiol 2014, 174:268–275 Jankowska EA et al., Eur Heart J 2014, 35:2468–2476 Ertl G et al., Kardiologe 2016, 10:222–235, doi 10.1007/s12181–016–0072–6 Doehner W et al., DMW 2017, doi: 10.1055/s-0043–100900 Drozd M et al., Am J Cardiovasc Drugs 2016, Epub ahead of print Jankowska EA et al., J Cardiac Fail 2011, 17:899–906 Theidel U et al., 2016, Heart Failure 2016 & The 3rd World Congress on Acute Heart Failure, Poster P2203 Impressum „Eisenmangel unter der Lupe: von der CEE bis zur Herzinsuffizienz“, München, 14. März 2017 Berichterstattung: Dr. Silke Wedekind, Frankfurt am Main Artikel gedruckt in Cardiovasc 4/2017, Ärzte Zeitung Mit freundlicher Unterstützung der Vifor Pharma Deutschland GmbH, München Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Ann Köbler Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. 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