Maximalresektion nützt auch Älteren mit Grad-III/IV-Gliomen

Selbst für Patienten im Alter von mehr als 60 Jahren ist eine Maximalresektion bei hochgradigen Gliomen in der Regel von Vorteil. Die Lebenszeit ist deutlich länger als bei einer partiellen Resektion, die Risiken sind vergleichbar. Bei hochgradigen Gliomen werden die Tumoren in der Regel makroskopisch vollständig entfernt, gefolgt von einer Radiatio und adjuvanten Chemotherapie. Da die Prognose dennoch recht ungünstig ist, stellt sich die Frage, ob Ärzte auch älteren Patienten diese Prozedur zumuten sollten oder ob sie bei ihnen aufgrund des häufig schlechteren Allgemeinzustands, der insgesamt schlechteren Prognose und eines vermutlich höheren Mortalitäts- und Morbiditätsrisikos auf den Eingriff verzichten sollten. In der Praxis begnügen sich Chirurgen daher bei älteren und erheblich morbiden Patienten nicht selten mit einer Teilresektion oder einer Biopsie, gefolgt von einer adjuvanten Therapie. Was dabei herauskommt, haben nun Neurochirurgen um Dr. Saleh Almenawer von der Universität in Hamilton anhand von 34 Studien eruiert, in denen eine alleinige Biopsie, eine Teil- und eine Maximalresektion untereinander verglichen wurden. An diesen Studien hatten über 12.600 Gliom-Patienten im Alter von 60 und mehr Jahren teilgenommen. Je mehr Tumormasse entfernt wird, umso besser ist die Prognose Die wichtigsten Ergebnisse: Die Gesamtlebenszeit bei Patienten mit Biopsie als einzigem chirurgischem Eingriff lag bei 5,7 Monaten. Solche mit partieller Resektion lebten noch 8,7 Monate und diejenigen mit Maximalresektion 14,0 Monate. Je mehr Tumorgewebe die Ärzte herausschnitten, umso länger lebten folglich die Patienten. Damit scheint die noch verbleibende Lebenszeit bei älteren Patienten ebenso wie bei jüngeren davon abzuhängen, wie viel Tumorgewebe die Chirurgen sicher entfernen können. Ähnliche Vorteile ließen sich auch bei anderen Studienendpunkten erkennen: Die progressionsfreie Lebenszeit lag mit Biopsie bei 3,7 Monaten, mit Teilresektion bei 4,3 Monaten und mit der makroskopisch vollständigen Resektion bei 7,0 Monaten. Selbst der Karnofsky-Index war in der Gruppe mit Maximalresektion nach der Op. am besten: Er betrug 76 versus 62 Punkte nach Biopsie. Erstaunlicherweise war auch die 30-Tages-Mortalität in den Gruppen mit Maximalresektion um ein Vielfaches geringer als in den Gruppen mit Biopsie (1,5 versus 8,1%). Und Wundinfektionen, Hirnblutungen sowie neu aufgetretene neurologische Defizite kamen bei den Biopsiepatienten doppelt so häufig vor wie in der Gruppe mit Maximalresektion (13,3 versus 6,6%). Diesen erstaunlichen Umstand versuchen die Studienautoren damit zu erklären, dass eine große Tumormasse zu zahlreichen Problemen führt, etwa auf das umliegende Gewebe drückt. Wird der Tumor entfernt, ist das wohl für viele Patienten eine deutlich spürbare Erleichterung. Selektions-Bias als Erklärung? Allerdings gibt es auch noch eine andere Erklärung. Die Ergebnisse der Analyse lassen sich auch schlicht auf einem Selektions-Bias zurückführen. Unter den 34 Studien befand sich nur eine randomisierte Untersuchung. Gut möglich, und vielleicht sogar sehr wahrscheinlich, dass die Ärzte den ältesten und morbidesten Patienten mit der vermeintlich schlechtesten Prognose eine Resektion erspart hatten. Dann wäre es auch wenig erstaunlich, dass diese Patienten in allen erfassten Punkten am schlechtesten abschnitten. Gerade die hohe Morbidität deutet darauf: Je kleiner der Eingriff, umso größer die Komplikationen. Das spricht sehr dafür, dass die Biopsiepatienten schon vor dem Eingriff am schwersten krank waren. Leider geht aus den Daten auch nicht hervor, nach welchen Kriterien die Ärzte die Patienten der Biopsie, Teil- oder Maximalresektion zugeteilt hatten: Handelten sie nach rein technischen Aspekten – entschieden sie sich also aufgrund der Tumorgröße, -lage und -form für eine Resektion oder Biopsie, oder flossen auch Konstitution, Morbidität und Alter der Patienten in die Entscheidung mit ein? Das bleibt im Dunkeln. Die Frage, ob und wann bei älteren Patienten der Tumor maximal entfernt werden soll, lässt sich folglich durch die Studie von Almenawer und Mitarbeitern nicht beantworten. Fest steht lediglich: Wenn die Ärzte eine Chance sehen, durch die Resektion dem Patienten mehr zu nützen als zu schaden, sollten sie diese Chance ergreifen. Bisher sind sie damit recht gut gefahren. Nichts anderes zeigen letztlich die Studiendaten der Kanadier.

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