HIV: Hohe Resistenzbarriere mit STR

Im Single-Tablet-Regime (STR) mit Bictegravir sind die Vorteile des neuen Integrase-Inhibitors mit einem Backbone aus den nukleosidischen Reverse-TranskriptaseInhibitoren Emtricitabin und Tenofoviralafenamid kombiniert. Moderne antiretrovirale Therapien senken schnell und effizient die Viruslast und minimieren dabei das Risiko für Resistenzentwicklungen [1]. Die Wirksamkeit und das günstige Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil des einmal täglich einzunehmenden Kombinationspräparates aus Bictegravir, Emtricitabin und Tenofoviralafenamid (BIC/FTC/TAF, Biktarvy®) ist in einem umfassenden Phase-III-Studienprogramm mit therapieerfahrenen und nicht vorbehandelten HIV-Patienten belegt [2]. In den Studien sind keinerlei therapiebedingte Resistenzen gegenüber den Wirkstoffen des Single-Tablet-Regimes (STR) aufgetreten, die Rate der Therapieabbrüche aufgrund behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse lag unter einem Prozent. Es gab auch keine Signale für kardiovaskuläre Risiken unter BIC/FTC/TAF [3-7]. In vitro gutes Resistenzprofil gezeigt Um die Entwicklung von Resistenzen zu vermeiden und einem Therapieversagen nachhaltig vorzubeugen, müssen antiretrovirale Therapien (ART) dauerhaft die Plasmavirämie der Patienten auf unter 50 HIV-RNA-Kopien/ml senken [1]. Aktuelle In-vitro-Daten zeigen: Mit Bictegravir wird infolge einer optimierten Passform am aktiven Zentrum der viralen Integrase eine robuste Hemmung des Enzyms erzielten [8]. Der Wirkstoff verbleibt in vitro doppelt so lange am Wildtyp-HIV-1-Integrase-vDNA-Komplex wie der INSTI (integrase strand transfer inhibitor) Dolutegravir (DTG) [9]. Verschiedene Faktoren können den dauerhaften Therapieerfolg von HIV-Patienten beeinflussen, zum Beispiel Adhärenzschwankungen oder Komorbiditäten. Letztere erfordern wiederum selbst Therapien, so dass komplexe Arzneimittelwechselwirkungen möglich sind [1]. Vorteilhaftes Wechselwirkungsprofil Bictegravir hat ein geringes Potenzial für klinisch bedeutsame Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten [2]. Es wird sowohl über die UDP-Glucuronosyltransferase 1A1 (UGT1A1) als auch über Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4) verstoffwechselt. Wird ein Stoffwechselweg gehemmt, wird Bictegravir immer noch über den zweiten Weg abgebaut. Somit sind therapeutisch wirksame BIC-Spiegel zu erwarten [10]. Im Alter häufiger Komorbiditäten Von Bedeutung ist dies besonders im Hinblick auf ältere HIV-Patienten und Patienten mit Begleiterkrankungen, die aufgrund des demographischen Wandels sowie der heute großen Effektivität von ART zahlreicher werden. Auch Volkskrankheiten wie beispielsweise Typ-2-Diabetes kommen immer öfter bei Menschen mit HIV vor, wie eine kanadische Studie zeigt: Bei den über-50-jährigen HIV-Positiven war die Inzidenz von Typ-2-Diabetes 1,39-mal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung vergleichbaren Alters [11]. Einfache Einnahme fördert Adhärenz Medikamentenkombinationen, die einfach einzunehmen und gut verträglich sind, reduzieren Fehler bei der Einnahme und damit das Risiko für die Entwicklung von Resistenzen, was mit einer besseren Prognose für die Patienten einhergeht. Auch bei einer effektiven Therapie kann es daher nötig sein, aufgrund von Problemen mit der Adhärenz oder wenn sich der Patient eine einfachere Therapie wünscht, die Behandlung zu ändern [1]. Weil die Plasmahalbwertszeit von Bictegravir mit 18 Stunden relativ lang ist, ist die Einnahme von BIC/FTC/TAF in Form einer einzigen kleinen Tablette einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten möglich. Das Single-Tablet-Regime ist außerdem ohne HLA-B*5701-Test einsetzbar [2]. Breites Anwendungsspektrum BIC/FTC/TAF wurde in der EU Ende Juni für ein breites Spektrum von Patienten zugelassen [12]. Auf Grundlage der Studiendaten ist dieses vollständige Therapieregime aus drei Wirkstoffen sowohl für therapienaive als auch vorbehandelte erwachsene HIV-1-Patienten geeignet. Bei dem HI-Virus dürfen weder aktuell noch in der Vergangenheit Resistenzen gegen die Klasse der Integrase-Inhibitoren, Emtricitabin oder Tenofovir nachgewiesen worden sein [2]. Bei Patienten mit einer geschätzten Kreatinin-Clearance von ≥30 ml/min ist eine Dosisanpassung nicht erforderlich [2]. „Als Behandler können wir von einer modernen HIV-Therapie heute zurecht die Kombination aus hoher Wirksamkeit, einer hohen Resistenzbarriere und einem guten Sicherheitsprofil erwarten.“ Professor Jürgen Rockstroh, Leiter der Ambulanz für Infektiologie und Immunologie an der Universitätsklinik Bonn, anlässlich einer Pressekonferenz im Juni 2018 in Köln [13] Zuverlässige Senkung der Viruslast mit STR Das Single-Tablet-Regime (STR) mit Bictegravir wurde zugelassen auf Basis von vier Phase-III-Studien mit 2415 erwachsenen Patienten verschiedensten Alters und ethnischer Herkunft [3, 4, 5, 6]. In allen vier Studien wurde mit dem STR aus BIC/FTC/TAF der primäre Endpunkt nach 48 Wochen erreicht. Das STR zeigte gegenüber den Vergleichspräparaten – aktuellen Standardtherapien bei HIV – keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Wirksamkeit. In keiner der Studien kam es unter BIC/FTC/TAF zu Therapieversagen wegen behandlungsbedingter virologischer Resistenzen. Auch das Sicherheitsprofil der Triple-Therapie zeigte sich positiv: Therapieabbrüche aufgrund renaler Nebenwirkungen – proximale Tubulopathie oder Fanconi-Syndrom – kamen nicht vor [3, 4, 5, 6]. Mit dem neuen Therapieregime aus BIC/FTC/TAF kann die Viruslast bei zuvor unbehandelten HIV-Patienten schnell unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Das belegen die beiden doppelblinden, randomisierten Studien 1489 (n=631) und 1490 (n=657) jeweils gegenüber einem Vergleichsregime. Der primäre Endpunkt war der Anteil an Patienten, die nach 48 Wochen eine HIV-1-RNA Plasmakonzentration von <50 Kopien/ml aufwiesen [3, 4]. In der Studie 1489 erhielten die Patienten entweder einmal täglich eine Tablette BIC/FTC/TAF (50 mg/200 mg/25 mg) oder Dolutegravir/Abacavir/Lamivudin (50 mg/600 mg/300 mg; DTG/ABC/3TC). Außerdem enthielten die Patienten das entsprechende Placebo. Den primären Endpunkt erreichten 92,4 Prozent der Patienten unter BIC/FTC/TAF und 93 Prozent unter der Vergleichsmedikation (p=0,78) [3]. Springer Medizin Verlag GmbH × BIC/FTC/TAF wurde gut vertragen In der Studie 1490 erhielten die Patienten BIC/FTC/TAF oder DTG (50 mg) in Kombination mit koformuliertem FTC/TAF (200 mg/25 mg) mit dem entsprechenden Placebo [4]. Das BIC-Regime zeigte sowohl gegenüber DTG/ABC/3TC als auch im Vergleich zur DTG-Kombination hinsichtlich der Wirksamkeit in beiden Studien keine signifikanten Unterschiede und wurde insgesamt gut vertragen [3, 4]. Therapieassoziierte Nebenwirkungen traten in der BIC-Gruppe mit 18 Prozent seltener auf als unter DTG+FTC/TAF (26 Prozent, p=0,022) [4]. Außerdem war das BIC-Regime gastrointestinal besser verträglich als DTG/ABC/3TC [3]. Umstellung wirksam und sicher Wird ein Therapiewechsel notwendig, muss die Virussuppression unbedingt aufrecht erhalten werden [2]. Mit BIC/FTC/TAF können vorbehandelte HIV-Patienten eine andauernde virologische Suppression erreichen, wie zwei Phase-III-Studien zeigen. In diesen Studien wurden virologisch supprimierte Erwachsene mit HIV auf das BIC-Regime umgestellt. Der primäre Endpunkt war jeweils der Anteil an Patienten mit einer Viruslast von ≥50 Kopien/ml nach 48 Wochen. Dabei erwies sich die neue Therapieoption als gleichermaßen wirksam und verträglich, es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen BIC/FTC/TAF und den Vergleichspräparaten [5, 6]. Die Studie 1878 (n=577) stellte Patienten von einer Kombination aus einem geboosteten Protease-Inhibitor (bPI; Atazanavir oder Darunavir) und einem NRTI-Backbone wie ABC/3TC oder FTC/TDF (Tenofovirdisoproxilfumarat) auf die einmal tägliche Behandlung mit BIC/FTC/TAF um oder beließ sie auf der ursprünglichen Medikation. In beiden Gruppen zeigten lediglich 1,7 Prozent der Patienten eine Viruslast von ≥50 Kopien/ml. Unerwünschte Ereignisse von Grad 3 und 4 traten in beiden Gruppen gleichermaßen selten auf (BIC/FTC/TAF 4 Prozent, bPI-Regime 6 Prozent) [5]. Patienten unter DTG/ABC/3TC erhielten in der placebokontrollierten Studie 1844 (n=563) entweder weiterhin die bisherige Therapie oder wechselten zum Bictegravir-Regime. BIC/FTC/TAF zeigte auch hier hinsichtlich der Wirksamkeit keinen signifikanten Unterschied (Viruslast HIV-1-RNA ≥50 Kopien/ml: 1,1 Prozent BIC-Regime vs. 0,4 Prozent), wurde dabei jedoch besser vertragen (therapieassoziierte Nebenwirkungen: 8 Prozent BIC/ FTC/TAF versus 16 Prozent DTG/ABC/3TC, p=0,006) [6]. HIV-Therapie gemäß Leitlinien Das Single-Tablet-Regime (STR) aus BIC/FTC/TAF verbindet den neuen INSTI Bictegravir mit dem leitlinienempfohlenen Backbone aus FTC und TAF (verfügbar als Descovy®) in einer wirksamen, verträglichen und einfach anzuwendenden Tablette [2]. Therapieregime mit INSTI werden weithin in Leitlinien für die Behandlung von HIV-1-Infektionen empfohlen und haben sich in Kombination mit zwei NRTIs als ein Standard zur Initialbehandlung etabliert [1, 3, 13]. Aufgrund ihres klinischen Profils hat die Kombination der beiden NRTIs FTC und TAF bereits früh Eingang in die Leitlinien gefunden [13]. Laut IQVIA-Marktbericht vom letzten Quartal 2017 erhält fast jeder zweite Patient in Deutschland heute das Backbone aus TAF und FTC [14]. Das STR mit Bictegravir vereint die Vorteile des INSTI mit denen des Backbones. Schon jetzt wird die Behandlung mit BIC/FTC/TAF in den US-amerikanischen Leitlinien des Department of Health and Human Services empfohlen [15]. Literatur Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion, AWMF 055-001, Version 7 v. 29.11.2017 [Mai 2018] Fachinformation Biktarvy®, Stand Juni 2018 Gallant J et al., Lancet 2017, 390: 2063-2072 Sax P et al., Lancet 2017, 390: 2073-2082 Daar E et al., Lancet HIV 2018, online 15. Juni, pii: S2352-3018(18)30091-2, doi: 10.1016/S2352-3018(18)30091-2 Molina JM et al., Lancet HIV 2018, online 18. Juni, pii: S2352-3018(18)30092-4, doi: 10.1016/S2352-3018(18)30092-4 Kityo C et al., CROI 2018, 4.–7. März, Boston, USA, Poster 500 Lazerwith SE et al., ASM Microbe 2016, 16.-20. Juni, Boston, USA, Poster 414 White K et al., CROI 2017, 13.-16. Februar, Seattle, USA, Poster 497 Zhang H et al., CROI 2017, 13.–16. Februar, Seattle, USA, Vortrag 40 Samad F et al., BMJ Open Diabetes Research and Care 2017, 5:e000457. doi: 10.1136/bmjdrc-2017-000457 European Medicines Agency, Human medicines European public assessment report (EPAR): Biktarvy, Juni 2018 Gilead-Pressekonferenz, Köln, 22. Juni 2018 IQVIA Pharmascope 03/2018; (15) DHHS-Guidelines, https://aidsinfo.nih.gov/contentfiles/lvguidelines/adultandadolescentgl.pdf [Juni 2018] Impressum “Single-Tablet-Regime mit Bictegravir: Hohe Barriere für Resistenzentwicklung beim HI-Virus“ Literaturarbeit Berichterstattung: Anja Schäfer, Bensheim Artikel gedruckt in ÄrzteZeitung Nr. 78-133D Freitag, 13. Juli 2018 Mit freundlicher Unterstützung der Gilead Sciences GmbH, Martinsried Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Inge Kunzenbacher Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. 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