Tonsillektomie: Nachblutungen bevorzugt nachts?

Die Erfahrung vieler HNO-Ärzte spricht dafür, dass Nachblutungen nach Tonsillektomie bevorzugt nachts auftreten. Und sie liegen offenbar nicht falsch damit. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Nachblutungen sind eine ernstzunehmende Komplikation einer Tonsillektomie. Gefühlt unterliegen sie einer zirkadianen Rhythmik. Eine Auswertung US-amerikanischer HNO-Mediziner bestätigte diesen Erfahrungswert. Die Mediziner werteten die Daten von insgesamt 7396 Patienten aus, die sich zwischen Mai 2008 und Mai 2018 an einer der zwei teilnehmenden Universitätskliniken in den USA einer Tonsillektomie unterzogen hatten. Eine Nachblutung war bei 121 Patienten dokumentiert worden, die Tageszeit, zu der die Nachblutung eingesetzt hatte, bei 60 Patienten. Bei dem überwiegenden Teil (50 von 60 Patienten) handelte es sich um sekundäre Blutungen, die sich im Mittel nach 5,8 Tagen manifestierten. Dabei zeigte sich eine deutliche Häufung in den Abend- und Nachtstunden: Bei 24 Patienten (40%) begann die Blutung zwischen Mitternacht und 6:00 Uhr morgens und bei 21 (35%) zwischen 18:00 Uhr und Mitternacht. Nachmittags (18%) oder gar vormittags (7%) kamen Nachblutungen weitaus seltener vor. In den Akten von 104 Patienten war die Ankunftszeit in der Notaufnahme festgehalten worden, demnach hatten sich 29 Patienten vormittags vorgestellt, 15 nachmittags, 40 abends und 20 nachts. Mit Blick auf die insgesamt 55 Patienten, bei denen sowohl die Ankunftszeit in der Notaufnahme als auch der Blutungsbeginn dokumentiert worden waren, vergingen zwischen Blutungsbeginn und Ankunft in der Notaufnahme im Schnitt vier Stunden. Die Spannbreite war mit 0 bis 11 Stunden allerdings sehr groß. Nachts steigt das Blutungsrisiko Nach Ansicht der US-amerikanischen Mediziner bestätigen die Daten den Erfahrungswert, dass Nachblutungen im Anschluss an eine Tonsillektomie bevorzugt nachts auftreten. Und auch wenn die Ergebnisse zunächst in prospektive Studien überprüft werden müssten, wie die HNO-Ärzte einräumen, sollte schon jetzt in den Nachtstunden ein besonderes Augenmerk auf tonsillektomierte Patienten gelegt werden. Die Existenz einer zirkadianen Rhythmik sehen die Studienautoren als durchaus plausibel an, auch wenn die Mechanismen bislang unklar sind. Aus tierexperimentellen Studien wisse man beispielsweise, dass die Aktivität der Faktoren II, VII und X in den Nachtstunden sinkt und sich die Gerinnungszeit verlängert. Eventuell verhält es sich beim Menschen ähnlich, so die Vermutung der Studienautoren. Zudem kenne man eine zirkadiane Rhythmik bereits bei vielen anderen Erkrankungen. Bei Autoimmunerkrankungen beispielsweise wie der rheumatoiden Arthritis könne man einen tageszeitlichen Verlauf der Symptomatik beobachten. Und kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall treten bevorzugt in den Morgenstunden auf. Das Wichtigste in Kürze Frage: Treten Nachblutungen nach Tonsillektomie gehäuft nachts auf? Antwort: Bei 40% der Betroffenen setzte die Nachblutung in den Nachtstunden zwischen Mitternacht und 6:00 morgens ein, vormittags hingegen nur bei 5%. Bedeutung: Die Kenntnis der zirkadianen Rhythmik kann die Nachbetreuung verbessern helfen. Einschränkung: Retrospektives Studiendesign, mit 60 Personen kleine Patientengruppe Empfehlung der Redaktion Akute Tonsillitis – Themenseite Die akute Angina tonsillaris, Streptokokken-Angina, Plaut-Vincent-Angina und wichtige Mandelentzündungen anderer Ursache stehen hier im Fokus. Die Themenseite informiert Sie über Diagnostik und Therapie anhand aktueller Nachrichten und Fachartikeln.

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