Unorthodoxe Hoden-Op. birgt Risiko lokaler Rezidive

Es gibt Gründe, vom traditionellen chirurgischen Vorgehen beim Verdacht auf bösartige Hodentumoren abzuweichen. Im Einzelfall mag das Vorteile bringen. Der Preis dafür ist eine höhere Rate an Lokalrezidive. Die chirurgische Standardtherapie von Patienten, die an einem Hodentumor mit Verdacht auf Keimzellmalignom erkrankt sind, besteht in der hohen inguinalen Orchiektomie. In der klinischen Praxis wird dennoch bisweilen eine abweichende Vorgehensweise gewählt. Dazu zählen die Hodengewebe sparende partielle Orchiektomie sowie der skrotale Zugang zum Hoden. Wie die onkologischen Ergebnisse für solche Nonstandardeingriffe aussehen, hat ein Medizinerteam um Hiten Patel von der Johns Hopkins University in Baltimore herauszufinden versucht. Die Forscher verschafften sich einen Überblick über 21 Studien, zehn zur partiellen Orchiektomie und elf zum Skrotalzugang. Beteiligt waren gut 300 und knapp 1900 Patienten im Alter von Mitte 20 bis zu 40 Jahren. Die gewonnen Daten unterzogen Patel und Mitarbeiter einer Metaanalyse. Die Tumorgröße bei den Patienten mit organsparenden Eingriffen hatte zwischen 1,05 und 1,75 cm betragen; 47% der Geschwülste waren benigne gewesen. Die Betrachtung der onkologischen Resultate nach gewebeschonendem Vorgehen förderte teils beachtliche Raten von Lokalrezidiven zutage. Sie lagen in den einzelnen Studien zwischen 0% und 28,0%. In der Metaanalyse ergab sich eine gewichtete Rate von 7,5% über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Positive Resektionsränder fanden sich bei 1,4% der Patienten, in 2,8% der Fälle wurde der Hoden atrophisch, 7,1% benötigten eine Androgentherapie. 3,0% der Patienten entwickelten Metastasen, die Gesamtmortalität betrug 0,5%. Die meisten Patienten waren im Anschluss an die Operation adjuvant behandelt worden, sei es per Radiatio oder mit Chemotherapie. Skrotalzugang ohne Effekt auf Metastasierung und Mortalität Die Verletzung des Skrotums bei der unorthodoxen Zugangsweise führte zu einer Lokalrezidivrate von 2,5% über drei bis fünf Jahre; in dieser Gruppe waren alle Tumoren maligne gewesen. Für Vergleichspatienten, denen der Hoden auf traditionelle Weise über den hohen inguinalen Zugang entfernt worden war, war kein einziges Lokalrezidiv zu verzeichnen. Zu bedenken ist zudem der hohe Anteil von Patienten mit adjuvanter Therapie nach Skrotalzugang: Praktisch alle Patienten mit Seminom erhielten eine lokale Bestrahlung oder es wurde die Skrotalnarbe ausgeschnitten. Auch zwei Drittel der Patienten mit nichtseminomatösen Keimzelltumoren erhielten eine solche Ausschneidung; bei 9,3% fanden sich Reste des Primärtumors im Exzidat. Der skrotale Zugang wirkte sich aber nicht auf das Metastasierungsrisiko und die Mortalität aus. Eine partielle Orchiektomie wird speziell für Patienten in Betracht gezogen, deren Hodentumoren mit hoher Wahrscheinlichkeit benigne ist. Gutartig sind beispielsweise bis zu 80% der nicht palpablen Tumoren mit einer Größe bis zu 2 cm. Kandidaten sind auch Männer mit Verdacht auf bilaterale Tumoren, mit metachronen kontralateralen Geschwülsten oder mit Solitärhoden. Ziel ist es, die endokrine Funktion zu erhalten, selbst wenn ein maligner Tumor vorliegt. Demgegenüber wird die Verletzung des Hodens tunlichst vermieden, weil sonst zu befürchten ist, dass der Streuung von Tumorzellen zusätzliche Lymphwege eröffnet werden. Neben der intentionalen Eröffnung kann es aber auch im Zuge von Gewebeentnahmen zur Verletzung des Skrotums kommen – oder auch bei explorativen Eingriffen, die mit einer inzidentellen Tumordiagnose enden.

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