Erschienen in:
04.02.2020 | Tumormarker | Leitthema
Hodentumoren bei präpubertären Jungen – Organerhalt häufiger möglich als gedacht
verfasst von:
Univ.-Prof. Dr. R. Stein, M. Dürken, K. Zahn, Nina Younsi
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 3/2020
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Zusammenfassung
Der Hodentumor beim präpubertären Jungen stellt mit einer Inzidenz zwischen 2–5/Mio. eine Rarität dar. Mehr als zwei Drittel der Tumoren sind – im Gegensatz zu den Hodentumoren bei Jugendlichen und Erwachsenen – benigne. Leider werden in Deutschland meist nur die malignen Tumoren (in der Regel die Dottersacktumoren) an die Studienzentrale (MAKEI IV und jetzt V [maligne Keimzelltumoren]) gemeldet, sodass die Inzidenz in Deutschland unbekannt ist. Seit der Einführung der Polychemotherapie in den 1970er-Jahren hat sich die Prognose der malignen Hodentumoren extrem verbessert und ist auch beim Rezidiv zu einer potentiell heilbaren Erkrankung geworden. Aufgrund der hohen Inzidenz von benignen Tumoren erscheint die früher üblicherweise durchgeführte Orchiektomie bei den meisten präpubertären Jungen heutzutage nicht mehr gerechtfertigt. Die organerhaltende Operation hat sich bei Keimzelltumoren (Epidermoidzysten, Teratom), gonadalen Stromatumoren (Sertoli‑, Leydig- und Granulosazelltumoren) sowie bei zystischen Läsionen (intratestikuläre Zysten und die tubuläre Ektasie des Rete testis) in einzelnen Studien als zuverlässig und sicher erwiesen. Bei präoperativ deutlich erhöhtem AFP (α-Fetoprotein; cave: Normwerte im ersten Lebensjahr nicht gültig) und eindeutigem Hodentumor (Dottersacktumor) oder bei sonographisch nicht mehr detektierbarem Hodenparenchym ist die Orchiektomie weiterhin sinnvoll. Die operative Freilegung sollte immer unter Schnellschnittbedingungen und der Option eines intraoperativen hochauflösenden Ultraschalls erfolgen. Bestätigt sich hierbei ein maligner Tumor, sollte insbesondere bei positiven Absetzungsrändern die Orchiektomie erfolgen. Die Entfernung eines Hodens bei einem gutartigen Tumor muss heutzutage die Ausnahme darstellen und die Gründe für eine Orchiektomie sollten sehr gut dokumentiert sein.