Schlechtes Hörvermögen fällt den meisten nicht auf

Empfindung und Messung stimmen oft nicht überein: Etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Menschen mit Defiziten im Tonaudiogramm gehen von von einem guten Hörvermögen aus. Das sind vor allem Personen, die sich auch sonst fit und gesund fühlen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Mit der Schwerhörigkeit ist es so eine Sache: Oft klagen Patienten über ein verschlechtertes Hörvermögen, obwohl im Reintonaudiogramm (RTA) nichts davon zu erkennen ist. In einer Studie hatten 10–15% in der Bevölkerung über Hörprobleme bei normalem Audiogramm berichtet, schreiben HNO-Ärzte um Dr. Steven Curti vom Mississippi Medical Center in Jackson, USA. Noch größer ist aber offenbar der Anteil derer, die trotz objektiver Defizite im Audiogramm der Auffassung sind, noch völlig normal zu hören. Je nachdem, wie Schwerhörigkeit definiert wird, geben rund die Hälfte bis zwei Drittel der Betroffenen an, keine Einschränkungen beim Hörvermögen aufzuweisen. Darauf deutet jedenfalls eine Auswertung des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES). 69% der Betroffenen betrachten sich nicht als schwerhörig Für seine Analyse hat das Team um Curti Angaben der NHANES-Zyklen aus den Jahren 1999/2000 sowie 2001/2002 ausgewertet. Bei einem Teil der Befragten hatten Ärzte damals auch das Hörvermögen über ein RTA bestimmt. Davon berücksichtigten die Forscher um Curti 1373 schwerhörige Teilnehmer ohne Schallleitungsprobleme. Sie verwendeten dazu zwei Definitionen für Schwerhörigkeit: Eine Reduktion der Hörschwelle um mindestens 25 dB in mindestens einem Frequenzband zwischen 0,5 und 8 kHz oder aber ein gemitteltes 25-dB-Defizit (RTA4) über vier Frequenzbänder hinweg (0,5/1/2 und 4 kHz). Im Schnitt betrug die gemittelte Hörschwellenreduktion 14 dB für den Niederfrequenz- sowie 33 dB für den Hochtonbereich. Im Mittel waren die Schwerhörigen 47 Jahre alt. Die meisten hatten nur eine leichte Schwerhörigkeit, 27% erfüllten auch die RTA4-Kriterien Danach befragt, ob sie noch gut hören, leichte oder schwere Probleme beim Hören haben oder ganz taub sind, gaben insgesamt knapp 69% der Schwerhörigen an, eigentlich noch ganz gut zu hören. Dies traf selbst auf 43% der Teilnehmer mit einer RTA4-Schwerhörigkeit zu, ebenso auf 22% von 94 Teilnehmern mit einem stark eingeschränkten Hörvermögen (RTA4-Defizit mindestens 40 dB). Weniger als 3% mit Hörgerät Die Forscher um Curti wollten nun wissen, welche Faktoren neben den objektiven Messwerten für das subjektive Hörvermögen relevant sind. Wurden Alter, Geschlecht und Audiogramm-Messwerte berücksichtigt, waren Personen mit subjektiv gutem Hörvermögen am häufigsten solche, die sich insgesamt eine gute Gesundheit attestierten (Odds Ratio, OR = 1,90). Am seltensten nannten Personen mit Tinnitus oder Gedächtnisproblemen ein gutes Gehör (OR jeweils 0,25), ebenso Befragte mit körperlichen, mentalen oder emotionalen Problemen (OR = 0,39), mit Sehschwierigkeiten (OR = 0,37) oder Übergewicht (OR = 0,57). Generell scheinen also chronisch Kranke bei vergleichbaren Messwerten ein subjektiv schlechteres Hörvermögen zu besitzen. Dagegen attestierten sich Frauen und jüngere Schwerhörige überproportional häufig ein gutes Gehör. Ein Hörgerät benutzten lediglich 34 Teilnehmer (2,5%). Davon hatten 33 eine RTA4-Schwerhörigkeit von mindestens 25 dB und 25 ein RTA4-Defizit über mindestens 40 dB. Von einem solchen Gerät machten unabhängig vom Hörvermögen vor allem Teilnehmer Gebrauch, die in einer lauten Umgebung arbeiteten, an einer Arthrose oder chronischem Tinnitus litten oder aber verschreibungspflichtige Medikamente benötigten. Insgesamt scheinen Menschen mit leichten Hörproblemen diese häufig nicht zu bemerken – zum einen wohl, weil sie sich oft auf bestimmte Frequenzbänder erstrecken und andere noch ganz gut wahrgenommen werden, zum anderen, weil es vielen Menschen mit leichter Hörminderung noch gut gelingt zu kommunizieren und sich die Defizite im Alltag nicht groß bemerkbar machen, vermuten die Forscher um Curti. Sie befürchten daher, dass eine Hörminderung oft erst sehr spät erkannt wird und Maßnahmen zur Verbesserung wie Hörgeräte erst bei sehr ausgeprägten Defiziten erwogen werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wovon hängt das subjektive Hörvermögen von Schwerhörigen ab? Antwort: Neben messbaren Defiziten vor allem vom übrigen Gesundheitszustand: Wer sich gesund fühlt, nimmt Hörprobleme seltener wahr. Bedeutung: Hörprobleme werden zu spät erkannt. Einschränkung: Sehr alte Daten, die alle auf subjektiven Angaben basieren.

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