Neuer Marker für Taubheit im späteren Leben entdeckt?

Der Durchmesser der Netzhautgefäße liefert möglicherweise Hinweise auf Veränderungen der Hörschwelle und Hörverlust in der späten Kindheit und im mittleren Lebensalter. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Auch wenn die Prävalenz mit zunehmendem Alter steigt, kann Hörverlust schon früh im Leben auftreten. Um rechtzeitig intervenieren zu können, sind bevölkerungsbezogene Daten dazu erforderlich, wann im Leben Risikofaktoren für Hörverlust auftreten. Über die biologischen Mechanismen, die dahinterstecken, ist noch wenig bekannt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass mikrovaskuläre Veränderungen dazu beitragen. Die Arbeitsgruppe um Dr. Jing Wang von der Universität Melbourne wollte deshalb herausfinden, ob das Kaliber von Netzhautarteriolen und -venolen mit Veränderungen der Hörschwelle und Hörverlust in der späten Kindheit und im mittleren Lebensalter assoziiert ist. Dafür analysierten die Forscher Daten von 1281 Kindern und 1255 Eltern, sowohl zu deren Netzhautgefäßen als auch zu ihrer Hörfähigkeit in Form von audiometrischen Daten zur Funktion der Luftleitung. Je breiter die Venolen, desto schlechter das Gehör Bei den Kindern (Durchschnittsalter 11 Jahre) lag der durchschnittliche Fletcher-Index bei 7,9 dB, während er bei den Erwachsenen (Durchschnittsalter 44 Jahre) bei 13,0 dB lag. Zum Vergleich: Ein Fletcher-Index von 0 beschreibt ein unbeeinträchtigtes Gehör, Werte über 80 eine starke Hörschädigung. Es wurde der sogenannte „high Fletcher-Index“ verwendet, bei dem zusätzlich zu den drei Audiometriefrequenzen 500 Hz, 1 kHz und 2kHz auch 4khz in die Mittelung der Hörschwellen einbezogen wird. 109 Kinder (8,5%) und 328 Erwachsene (26,1%) hatten einen Hörverlust. Bei Erwachsenen war jede Verbreiterung der Netzhautvenolen um 18,6 μm (1 Standardabweichung) mit einem erhöhten Risiko für schlechteres Gehör assoziiert: Mit einer höheren Hörschwelle bei niedrigeren Einzelfrequenzen, einem höheren Fletcher-Index und einem 1,2-fach erhöhten Risiko für einen Hörverlust. Diese Assoziationen waren bei Kindern ähnlich, aber kleiner und weniger eindeutig. Engere Netzhautarteriolen waren bei Erwachsenen mit einem 1,16-fach erhöhten Risiko für Hörverlust assoziiert (pro Verschmälerung um 14,0 μm), was bei Kindern nicht der Fall war. Entzündlicher Ursprung für frühen Hörverlust? Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass unvorteilhafte mikrovaskuläre Netzhauteigenschaften mit Hörverlust im späteren Leben assoziiert sind. Die Autoren halten deshalb weitere Studien für notwendig, um mögliche kausale Zusammenhänge zu untersuchen und idealerweise die Prävention zu verbessern. Sie vermuten, dass die venuläre Zirkulation für einen früh einsetzenden Hörverlust wichtiger sein könnte als die arterioläre Zirkulation. Die Assoziationen zwischen dem venulären Kaliber und der Hörfähigkeit könnten darauf hinweisen, dass die frühesten Stadien des Hörverlusts entzündlichen Ursprungs sind, so Wang und Kollegen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Ist das Kaliber der Netzhautgefäße mit einer Veränderung der Hörschwelle und möglichem Hörverlust in später Kindheit und mittlerem Lebensalter assoziiert? Antwort: Breitere Netzhautvenolen und schmalere Netzhautarteriolen waren mit Hörverlust im mittleren Alter assoziiert, wobei die venulären Assoziationen auch schon mit rund 11 Jahren auftraten. Bedeutung: Die Beschaffenheit der Mikrogefäße kann möglicherweise zu Hörverlust im Laufe des Lebens beitragen, was Replikations- und mechanistische Studien rechtfertigt, um kausale Zusammenhänge zu beweisen und die Prävention zu verbessern. Einschränkung: Im Laufe der Zeit sprangen Studienteilnehmer ab. Die Daten wurden nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst, sodass noch keine kausalen Zusammenhänge nachgewiesen werden konnten. Empfehlung der Redaktion Hörstörungen – Themenseite Schwerhörigkeit und andere Hörstörungen können viele Ursachen haben – vom Tumor im Kleinhirnbrückenwinkel bis zum Cerumen obturans. Alles zur Diagnostik und Therapie finden Sie hier.

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