Erschienen in:
01.06.2018 | Arzneimittel
Hormonwirkungen chinesischer Arzneidrogen
verfasst von:
Dr. med. Axel Wiebrecht
Erschienen in:
Chinesische Medizin / Chinese Medicine
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Ausgabe 2/2018
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Zusammenfassung
Chinesische Arzneidrogen wurden in der Chinesischen Medizin von früh an für Funktionsstörungen und Krankheiten des reproduktiven Systems eingesetzt. Daher verwundert es nicht, dass sich unter diesen viele mit hormonartigen Effekten finden lassen. Diese wurden von der westlichen TCM-Welt bisher so gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen. Am meisten untersucht und nachgewiesen sind die Phytoöstrogeneffekte, dazu kommen progesteronartige, androgenartige, ihre jeweiligen antagonistischen Wirkungen sowie weitere. Bei den östrogenartig wirkenden Drogen stellt sich die Frage eines potenziellen Proliferationseffektes bei Mammakarzinomen, zumal viele von ihnen in vitro das Wachstum humaner Mammakarzinomzellen stimulieren. Soja und Sojaisoflavone können in dieser Hinsicht als sicher gelten, jedoch kann man diese Aussage nicht einfach auf andere Drogen mit Phytoöstrogencharakter extrapolieren. Vielmehr bedarf jede Arzneidroge einer gesonderten Betrachtung. Epidemiologische Studien zur Auswirkung einer chinesischen Arzneitherapie auf die Inzidenz oder — bei Einnahme nach Diagnosestellung — auf den Verlauf östrogenabhängiger Tumore liegen nur ganz vereinzelt vor. Diese sprechen nicht für eine erhöhte Inzidenz eines Mammakarzinoms, eines Endometriumkarzinoms oder den ungünstigen Verlauf eines Mammakarzinoms, sondern eher für das Gegenteil. Angesichts der In-vitro- und In-vivo-Ergebnisse und des nicht beweisenden Charakters epidemiologischer Studien ist der Einsatz der in Frage stehenden Arzneidrogen sehr sorgsam gegenüber den Risiken abzuwägen und im Zweifelsfall Zurückhaltung zu üben.
Für eine Reihe von Arzneidrogen sind androgenartige Wirkungen demonstriert worden, ohne dass Untersuchungen zum Einfluss dieser Drogen auf das Wachstum von Prostatakarzinomzellen gefunden wurden. Sie sollten bei manifestem Prostatakarzinom gemieden werden, während Arzneidrogen mit antiandrogenen Eigenschaften und/oder Nachweis von proliferationshemmenden Einflüssen auf Prostatakarzinomzellen verstärkt für eine Therapie in Erwägung gezogen werden können. Für eine genauere Risikobestimmung von Arzneidrogen mit phytohormonartigen Wirkungen bei hormonabhängigen Tumoren bedarf es weiterer Forschungen. Arzneidrogen und Rezepturen mit antiprolactinartiger Wirkung können bei Hyperprolactinämie mit verschiedenartigen klinischen Bildern erfolgreich eingesetzt werden, einige klinische Studien liegen dazu vor.