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Erschienen in: Der Hautarzt 12/2017

Open Access 09.10.2017 | Originalien

Hyaluronan als Schlüssel zur schnelleren Wundheilung in humanen 3‑D-Vollhautmodellen

verfasst von: Dr. L. Rüther, Dr. L. Bolke, Dr. G. R. Schlippe, Dr. W. A. Voss

Erschienen in: Die Dermatologie | Ausgabe 12/2017

Zusammenfassung

Hintergrund

Die Wundheilung kann in 3 Phasen unterteilt werden. 1) Exsudationsphase, 2) Granulationsphase, 3) Regenerationsphase. Der Regenerationsphase kommt besondere Bedeutung zu mit dem Ziel, die natürliche Barrierefunktion der Haut schnellstmöglich wiederherzustellen. Ziel der Studie war die Analyse der Reepithelisierungskinetik von unbehandelten sowie mit 0,5 % Natriumhyaluronat (NHA) behandelten humanen 3‑D-Vollhautmodellen.

Methodik

Es wurden 10 µl der Testsubstanz 2‑mal täglich topisch appliziert. Die Analyse der Reepithelisierungskinetik erfolgte an den Tagen 2 bis 6. Die Beurteilung des Einflusses der Testsubstanz auf die Immunantwort erfolgte durch Quantifizierung von IL-1α und IL-10.

Ergebnisse

Die 2‑mal tägliche Applikation von 0,5 % NHA resultiert in einer erhöhten Reepithelisierungsgeschwindigkeit zu allen Zeitpunkten (p < 0,001). Diese Beobachtung geht einher mit einer geringeren Expression von IL-10 sowie einer erhöhten Expression von IL-1α an den Tagen 2 bis 4 (p < 0,001).

Diskussion

Die Behandlung der humanen Hautmodelle mit NHA zeigte eine – verglichen mit unbehandelten Modellen – signifikant erhöhte Reepithelisierungsgeschwindigkeit des verwundeten Gewebes und führte zu einem schnelleren Wundschluss. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Herunterregulation von IL-10 zu einer durch IL-1α mediierten, erhöhten Immunantwort führt und in der schnelleren Wundheilung resultiert. Folgestudien werden zeigen, ob die schnellere Wundheilung sowie die Modulation der Immunantwort durch die Applikation von NHA auch in vivo belegt werden kann.
Jedes Wesen ist im Laufe seines Lebens der Gefahr von Verletzungen ausgesetzt. Daher kommt dem Prozess der Wundheilung eine essenzielle Bedeutung zu. Dieser komplexe und dynamische biologische Vorgang beginnt direkt nach einer Verletzung des Gewebes. Für die Wundheilung sind zahlreiche Komponenten wie Aminosäuren, Nährstoffe und Wachstumsfaktoren sowie das feine Zusammenspiel einer Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen unerlässlich. Die natürliche Wundheilung kann durch die Zugabe von Hyaluronsäure (Hyaluronan [HA]), das durch seine Vielseitigkeit in den letzten Jahrzehnten immer mehr in den Fokus des Interesses gerückt ist, therapeutisch effizient unterstützt werden.
Die Wundheilung ist ein hochkomplexer biochemischer Prozess, der noch nicht bis ins letzte Detail geklärt ist. Eine grobe Einteilung kann in 3 Phasen erfolgen, die sich partiell temporär überschneiden. In der Exsudationsphase wird die Wunde durch Fibrin und koaguliertes Blut aufgefüllt. Spezifische Zellen des Immunsystems sezernieren Zytokine, wie beispielsweise Interleukin (IL)-1α, -6, und den Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) sowie Wachstumsfaktoren (WF), unter anderem den Keratinozyten- (KGF) und den epidermalen Wachstumsfaktor (EGF), wodurch Keratinozyten und Fibroblasten chemotaktisch angelockt werden. In der Granulations- bzw. Proliferationsphase regen die sezernierten Zytokine und WFs die Migration und Proliferation von Bindegewebs- und Epithelzellen an [5]. Fibroblasten produzieren Kollagenvorstufen zur Bildung eines Granulationsgewebes, um der Wunde Festigkeit zu verleihen. Das Granulationsgewebe ist reich an Hyaluronan, das durch die Fähigkeit das 3000-Fache des Eigengewichtes an Feuchtigkeit absorbieren zu können, eine intensiv hydrierte Matrix bietet [12]. Mit fortlaufender Wundheilung beginnen die Kollagenfasern zu schrumpfen, ziehen dadurch die Wundränder zueinander, sodass sich die Wundoberfläche verkleinert [14]. In der Regenerationsphase wird die Wunde durch die Teilung und Migration von Keratinozyten verschlossen (Reepithelisierung). Diesem Prozess kommt bei der Wundheilung eine entscheidende Bedeutung zu mit dem Ziel, die natürliche Barrierefunktion der Haut wiederherzustellen [16]. Hierbei spielt HA, das im Menschen ubiquitär vorkommt, sich aber zu etwa 50 % in der Haut befindet, eine entscheidende Rolle. So wurde bereits beschrieben, dass HA in die Regulation der Proliferation von Basalkeratinozyten involviert ist [2] und mittels des Oberflächenrezeptors CD44 deren Migration vermittelt [8].
In der vorliegenden Studie wurden 3‑D-Vollhautmodelle verwendet, die aus primären humanen Keratinozyten und Fibroblasten zu einem funktionellen Multilayer rekonstruiert werden. Diese Modelle weisen eine, verglichen mit nativer menschlicher Haut, ähnliche Wachstumscharakteristik, ein analoges Expressionsmuster sowie eine vergleichbare Barrierefunktion auf [6, 7], wodurch sie sich sehr gut für Wundheilungsstudien [15] eignen.
Ziel der Studie war es, die Wundheilungsgeschwindigkeit durch Messen der Reepithelisierungskinetik zu analysieren. Hierzu wurden die mittels einer 4 mm Biopsiestanze verwundeten Vollhautmodelle 2‑mal täglich mit 10 µl Viscontour® SERUM MED, das –verglichen mit anderen Produkten – ausschließlich Natriumhyaluronat (NHA) als Wirkstoff enthält, behandelt. Durch den Nachweis und die Quantifizierung der Entzündungsmarker IL-1α und IL-10 wurde zusätzlich analysiert, ob die Applikation der Testsubstanz die Immunantwort beeinflusste.

Material und Methoden

Hautmodelle.
Die verwendeten Hautmodelle (4 mm epidermale Verwundung) wurden bei der MatTek Corporation (200 Homer Ave, Ashland, USA) erworben. Die Wundheilung wurde über einen Zeitraum von 5 Tagen (Tag 2 bis 6) untersucht. Es wurden je Zeitpunkt 5 unbehandelte und behandelte Modelle verwendet.
Testsubstanz.
Als Testsubstanz kam Viscontour® SERUM MED, Typ: Hydrogel, Applikation 2‑mal täglich 10 µl, zum Einsatz.
Wirkstoff.
Der Wirkstoff ist 0,5 % NHA fermentativen Ursprungs, frei von tierischen Eiweißen.
Trägerstoffe.
Bei den Trägerstoffen handelt es sich um Wasser, Natriumchlorid, Natriumdihydrogenphosphat, Dinatriumphosphat.
NHA ist das Natriumsalz der Hyaluronsäure, das medizinische Anwendung findet.
In Vorversuchen konnte zwischen 10 µl- und 20 µl-Applikation der Testsubstanz kein Unterschied bezüglich der Wundheilungsgeschwindigkeit festgestellt werden (Daten nicht gezeigt). Daher wurden 10 µl verwendet.
Histologie.
Die Modelle wurden für 24 h in 4 % gepuffertem Formalin fixiert, im Tissue-Tek VIP entwässert (Sacura, Staufen, Deutschland) in Paraffin eingebettet, in 4 µm starke Sektionen geschnitten (SM 200R Schlittenmikrotom, Leica, Wetzlar, Deutschland) und abschließend Hämatoxylin-Eosin (H&E) (Autostainer Link48, Dako, Santa Clara, USA) gefärbt.
Reepithelisierungskinetik.
Die Vermessung der Reepithelisierung wurde mit dem Axio Scope A1HAL 100 (ZEISS, Jena, Deutschland), dem DMIL LED (Leica, Wetzlar, Deutschland) und der Software AxioVisionLE 4.7 (ZEISS, Jena, Deutschland) durchgeführt. Zur Bestimmung der Reepithelisierungskinetik der unbehandelten Kontrollen und der mit 0,5 % NHA behandelten Modelle wurde die Reepithelisierung von beiden Wundrändern her gemessen, addiert (LREF) und anschließend in Relation zur Gesamtwunde (LGW) gesetzt. Der relative prozentuale Wundschluss pro Zeitpunkt ergibt sich nach:
$$\mathrm{R}=(\mathrm{L}_{\text{REF}}/\mathrm{L}_{\text{GW}}) \cdot 100$$
R =
Wundschluss (%)
LREF =
Länge der Gesamtreepithelisierung (Summe der Reepithelisierung von rechts und links des jeweiligen Wundrandes)
LGW =
Länge der Wunde
Quantifizierung der Entzündungsmarker.
Der Nachweis von IL-1α sowie IL-10 erfolgte anhand des Kulturüberstandes (Nährmedium). Die Quantifizierung erfolgte mit den DuoSet ELISA kit DY200 (IL1α) und DY217B (IL-10, R&D SYSTEMS, Minneapolis, USA) nach Herstellerangaben.
Statistik.
Alle Daten wurden mittels zweiseitigen T‑Tests analysiert. Das Signifikanzlevel war 5 %.

Ergebnisse

Verwundung

Um eine Gewebeverletzung nachzustellen und die Reepithelisierungskinetik während der Wundheilung messen zu können, wurden die 3‑D-Hautmodelle mit einer 4 mm Biopsiestanze epidermal verwundet (Abb. 1b). Die Abb. 1a zeigt exemplarisch ein H&E-gefärbtes unverwundetes 3‑D-Vollhautmodell. Dieses weist alle physiologischen Schichten nativen humanen Gewebes auf. Die Abb. 1b zeigt ein Modell nach Entfernung der Epidermis. Zu erkennen ist die bereits beginnende Reepithelisierung des Gewebes durch die Migration der Keratinozyten von den Wundrändern hin zur Wundmitte (Abb. 1 schwarze Pfeile).

Wundheilung

Je 5 Hautmodelle pro Zeitpunkt wurden mit der Testsubstanz 10 µl 0,5 % NHA 2‑mal täglich im Abstand von 8 h topisch behandelt. Die Wundheilungskinetik wurde täglich evaluiert, indem die Reepithelisierung anhand von H&E-gefärbten Paraffinschnitten mikroskopisch vermessen wurde (Abb. 2, LREF). Die Werte aller pro Zeitpunkt verwendeten Modelle wurden addiert, und der durchschnittliche Gesamtwundschluss in Mikrometer (Abb. 3) sowie prozentual (Tab. 1) wurde über den Beobachtungszeitraum von 5 Tagen (Tag 2 bis 6) analysiert. Der Wundschluss der unbehandelten Modelle (Abb. 2a nach 2 Tagen, Abb. 2c nach 5 Tagen) sowie im Vergleich die mit der Testsubstanz behandelten Modelle (Abb. 2b nach 2 Tagen, Abb. 2d nach 5 Tagen) werden exemplarisch in Abb. 2 dargestellt. Die mit 0,5 % NHA behandelten Modelle zeigten eine sowohl nach 2 als auch 5 Tagen deutlich schnellere Reepithelisierung als die unbehandelten Modelle. Nach 5 Tagen wiesen die unbehandelten Modelle einen durchschnittlichen Wundschluss von 66,89 %, bezogen auf die Gesamtwunde, auf. Die behandelten Modelle zeigten nach 5 Tagen bereits eine vollständige Reepithelisierung der Wunde sowie die beginnende Ausbildung einer Multilayer-Neoepidermis. Über den gesamten Beobachtungszeitraum (Tag 2 bis 6) konnte eine signifikant schnellere Reepithelisierungskinetik der behandelten Modelle objektiviert werden (p < 0,001, Abb. 3).
Tab. 1
Prozentualer Wundschluss (R)
R
Tag 2 (%)
Tag 3 (%)
Tag 4 (%)
Tag 5 (%)
Tag 6 (%)
Unbehandelt
11,01
25,13
47,09
66,89
82,47
0,5 % NHAa
17,59
39,76
83,58
100
100
Gemessen wurde der prozentuale Wundschluss in Relation zur Gesamtwunde
NHA Natriumhyaluronat
aViscontour® SERUM MED

Immunantwort

Zusätzlich zur Analyse der Reepithelisierungskinetik wurde täglich (Tag 2 bis 6) die Konzentration des antiinflammatorischen Markers IL-10 sowie des proinflammatorischen Zytokins IL-1α mittels ELISA quantifiziert. Bereits an Tag 2 konnte eine erhöhte Expression von IL-1α in den mit 0,5 % NHA behandelten Modellen nachgewiesen werden, die sich bis Tag 4 der Wundheilung signifikant (p < 0,001) von den unbehandelten Modellen unterschied (Abb. 4). Parallel konnte eine signifikant (p < 0,001) geringere IL-10-Konzentration in den behandelten Modellen, verglichen mit den unbehandelten, bis einschließlich Tag 4 der Wundheilung nachgewiesen werden (Abb. 5).

Diskussion

Die Daten der Wundheilungsexperimente zeigen, dass NHA die Reepithelisierung in einem epidermal verwundeten humanen 3‑D-Vollhautmodell beschleunigt. Die zeitgleichen Veränderungen der IL-1α- und IL-10-Spiegel legen den Schluss nahe, dass NHA seine Wirkung darüber vermittelt. So wurden in den behandelten Modellen signifikant niedrigere IL-10-Werte zwischen Tag 2 und 4 gemessen. Für das Zytokin IL-10 wurde bereits beschrieben, dass es während der Wundheilung eine entscheidende Rolle spielt [9]. Einerseits beeinflusst es die Funktion und Differenzierung von Fibroblasten und unterdrückt eine zu starke Immunantwort durch Herunterregulation von wichtigen proinflammatorischen Mediatoren wie IL-1 und TNF-α [13], andererseits reguliert es die hyaluronreiche extrazelluläre Matrix, wodurch ein entzündungsarmes Milieu geschaffen wird, damit die Wunde regenerativ heilen kann [10]. Eming et al. [4] konnten sowohl einen schnelleren Wundschluss als auch eine stärkere Wundkontraktion in IL-10-defizienten Mäusen nachweisen, was die Vermutung nahelegt, dass IL-10 die Wundheilung „behindert“ oder zumindest bedeutend verlangsamt.
Gepaart mit der verringerten Expression von IL-10 wurde in den mit NHA behandelten Modellen eine erhöhte Konzentration des Zytokins IL-1α, einem Schlüsselfaktor für die Immunreaktion, beobachtet. Das proinflammatorische Zytokin IL-1α wird während der Wundheilung von Fibroblasten und Keratinozyten sezerniert und stimuliert seinerseits nachgeschaltete Mediatorensysteme wie IL-6 und IL-8. Zusammen mit weiteren proinflammatorischen Zytokinen, wie beispielsweise TNF-α, reguliert es zahlreiche Funktionen während der Wundheilung. So stimuliert IL-1α die Proliferation von Fibroblasten und Keratinozyten, orchestriert die Synthese und Degradation von extrazellulären Matrixproteinen und ist in die Fibroblastenchemotaxis involviert [21]. Durch die ausgeprägtere Inflammation wird offenbar die Wundheilung beschleunigt. Diese Hypothese wird durch die Ergebnisse von Singh et al. [17] untermauert, die eine schnellere Wundheilung durch eine erhöhte Expression von IL-1α in einem Nagetiermodell beschrieben. Auch in der vorliegenden Studie scheint das applizierte NHA die Immunreaktion zu stimulieren, was letztlich in dem schnelleren Wundschluss resultiert.
NHA beschleunigt die Reepithelisierung in einem epidermal verwundeten humanen 3‑D-Vollhautmodell
HA wird bereits in der operativen Medizin eingesetzt, um eine bessere Abheilung und Regeneration von chirurgischen Wunden zu gewährleisten [19]. Bei schlecht heilenden, chronischen Wunden zeigte eine klinische Studie an 125 Patienten mit Ulcus cruris eine tendenziell effektivere Wundheilung in der Patientengruppe, die mit einer Kombination aus HA und einem Hydrokolloidverband behandelt wurden, verglichen mit der Gruppe, bei der lediglich der Hydrokolloidverband Anwendung fand [11]. Weitere Belege hierfür stammen aus einer kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie mit 101 Patienten. Hier zeigten sich eine signifikante Reduktion des Wundareals der Ulzera sowie eine geringere Schmerzintensität der Wunde in der mit HA behandelten Gruppe [3].
Darüber hinaus sind bereits Ansätze publiziert worden, in denen HA als Kombinationspräparat in der Therapie von problematischen, chronischen Wunden erfolgreich eingesetzt wurde. So konnten Sobotka et al. [18] in einer klinischen Studie mit Patienten mit Ulcus cruris zeigen, dass eine Kombination aus HA und Iod (Hyiodine) zu einer klinischen Verbesserung führte. Die Effektivität der Kombination von HA und Iod wurde von Brenes et al. [1] in einer Pilotstudie mit 14 Probanden in der Behandlung von venösen Ulcera crurum, postoperativen, infizierten Wunden, sowie traumatischen Wunden bestätigt. HA und Iod scheinen einen synergistischen Effekt aufzuweisen und für ein breites Spektrum von Wundtypen die Heilung zu beschleunigen.
Eine Metaanalyse von placebokontrollierten Studien beschreibt zudem, dass HA bzw. dessen Derivate den Heilungsverlauf in Brandwunden, chirurgischen Wunden sowie chronischen Wunden gegenüber traditionellen Therapien oder Placeboapplikationen signifikant verbessern. Besonders bei Ulcera crurum konnte gezeigt werden, dass HA diesen Wundtypus signifikant schneller heilen kann als herkömmliche Standardtherapien [20].
Auch für das in der vorliegenden Studie verwendete Produkt gibt es bereits erste klinische Daten aus einer unkontrollierten, monozentrischen Anwendungsbeobachtung. Untersucht wurden 3 Kollektive mit insgesamt 41 Patienten: 15 Patienten mit Ulcus cruris mit schlechter Heilungstendenz, 16 Patienten mit Spalthautentnahme sowie 10 Patienten mit akuten Wunden (operativer Eingriff). Dabei zeigte sich, dass die Behandlung mit Viscontour® SERUM MED sehr gut vertragen wurde, zu Schmerzfreiheit oder deutlicher Schmerzlinderung führte und in einer guten Granulations- sowie raschen Epithelisierungstendenz der Wunden resultierte (unveröffentlichte Daten). Kontrollierte und randomisierte Studien, die die Wirksamkeit der Viscontour® SERUM MED-Therapie im Vergleich zu anderen Wundtherapeutika (oder einem Placebohydrogel) untersuchen, stehen aber noch aus.
Hyaluronan kann eine effektive Unterstützung der Wundheilung bieten
Aus den bisher veröffentlichten, klinisch relevanten Daten wird ersichtlich, dass HA eine effektive Unterstützung der Wundheilung bieten kann. Vor allem als Kombinationspräparat angewandt besteht Hoffnung auf ein effizientes Wundtherapeutikum, das in der Behandlung schlecht heilender sowie chronischer Wunden Einsatz finden könnte.

Limitationen

Die in der vorliegenden Studie erhobenen Daten spiegeln trotz der Verwendung von Vollhautmodellen, die aus primären humanen Zellen kultiviert werden und eine gutes Modell für viele biologische Vorgänge darstellen, In-vitro-Ergebnisse wider. Obwohl In-vitro-Modelle das Verständnis molekularer Mechanismen und physiologischer Prozesse in den letzten Jahren weit vorangetrieben haben, spielt im Falle der Wundheilung das Fehlen eines nativen Gefäßsystems sowie einer dynamischen Umgebung im Organismus selbst (alternativer Metabolismus) eine nicht zu unterschätzende Rolle. Weiterführende Analysen mit geeigneten In-vivo-Modellsystemen sowie klinische Studien sollten folgen, um die in dieser Studie beschriebenen Ergebnisse zu überprüfen.

Ausblick

Noch immer wird nach optimalen wundheilungsfördernden Substanzen gesucht. Viele Studien machen deutlich, dass heutzutage kommerziell erhältliche, humane 3‑D-Vollhautmodelle sehr gut geeignet sind, komplexe biologische Prozesse, wie beispielsweise die Wundheilung, relativ naturgetreu abzubilden. Die Weiterentwicklung im Bereich des „tissue engineering“ könnte langfristig Tierversuche im Bereich der Dermatologie obsolet werden lassen.
Zahlreiche Veröffentlichungen haben bereits die Wirkungsweise und hohe Effizienz von HA bei der Wundheilung beschrieben. Im Falle von postoperativen Wunden wird HA genutzt, um beispielsweise nach ophthalmologischen Eingriffen die Wundheilung und Regeneration voranzutreiben. Hierbei wird HA vornehmlich als viskoelastisches Gel eingesetzt, welches das Endothel der Hornhaut vor Beschädigung schützt. Bei problematischen, schlecht heilenden und chronischen Wunden haben sich Kombinationspräparate aus HA und Iod oder HA und Gelatine bewährt [22] und zeigen sehr gute Ergebnisse in der vollständigen Abheilung der Wunden, respektive der deutlichen Verkleinerung des Wundareals.
Kombinationspräparate aus Hyaluronan und Iod oder Hyaluronan und Gelatine haben sich bewährt
Generell kann die Aktivität der HA während des gesamten Wundheilungsprozesses, beginnend bei der Blutgerinnung bis hin zur Remodellierung des neuen Gewebes, nachgewiesen werden. Dennoch werden HA-basierende Produkte zur therapeutischen Unterstützung der Wundheilung in Deutschland im Vergleich zu den USA noch immer relativ wenig eingesetzt. Besonders im Bereich der Behandlung chronischer Wunden scheinen jedoch Patienten von den vielfältigen Funktionen von HA zu profitieren. Mehrere Studien belegen, dass bei Patienten mit Ulcus cruris durch Anwendung einer Kombinationstherapie beispielsweise mit HA und Iod die Wundheilung deutlich vorangetrieben werden kann.

Fazit für die Praxis

  • Die Anwendung von NHA bietet nachweislich eine intensiv hydrierte Matrix und schafft eine wundheilungsfördernde Umgebung. Daher sollte HA als therapeutisches Mittel zur Unterstützung der schnelleren Wundheilung bei diversen Wundtypen vermehrt in Betracht gezogen werden.
  • Die bereits in der Literatur beschriebenen als auch in der vorliegenden Studie erhobenen Daten nähren die Hoffnung auf ein effektives Wundtherapeutikum, jedoch müssen die hier vorgestellten Daten zunächst durch kontrollierte klinische Studien überprüft und belegt werden.

Förderung

Diese Veröffentlichung entstand im Rahmen einer bei der Dermatest® GmbH mit der Testsubstanz durchgeführten In-vitro-Studie. Sponsor der Studie ist die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Berlin.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

L. Rüther, L. Bolke, G.R. Schlippe und W.A. Voss geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die vorliegende In-vitro-Studie wurde an einem Hautmodell durchgeführt. Ein Ethik-Votum war nicht erforderlich.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.

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Literatur
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Metadaten
Titel
Hyaluronan als Schlüssel zur schnelleren Wundheilung in humanen 3‑D-Vollhautmodellen
verfasst von
Dr. L. Rüther
Dr. L. Bolke
Dr. G. R. Schlippe
Dr. W. A. Voss
Publikationsdatum
09.10.2017
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Dermatologie / Ausgabe 12/2017
Print ISSN: 2731-7005
Elektronische ISSN: 2731-7013
DOI
https://doi.org/10.1007/s00105-017-4054-9

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