Auch zu viel HDL ist offenbar ungesund

Niedrige HDL-Spiegel gehen bekanntlich mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität einher. Besonders hohe Werte sind jedoch mit einer erhöhten Gesamtmortalität verbunden. Einiges spricht dafür, dass dies am Alkoholkonsum liegen könnte. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wer zwar hohe LDL-Spiegel, aber auch hohe HDL-Spiegel hat, darf sich über einen gewissen kardiovaskulären Schutz durch sein HDL freuen: Je höher der HDL-Wert, umso besser. Dies gilt aber nur bis zu einer gewissen Grenze und nicht unbedingt für andere Sterberisiken. So gibt es mittlerweile einige Untersuchungen, die auf einen U-förmigen Zusammenhang zwischen Sterberisiko und HDL-Werten deuten – am geringsten ist das Risiko danach bei Werten zwischen 50 und 60 mg/dl. Allerdings sind die Daten zu den Folgen hoher HDL-Werte noch recht widersprüchlich. Hohe HDL-Spiegel bei besonders langlebigen Individuen deuten auf einen gewissen Schutz auch vor anderen Leiden als Herzkreislauferkrankungen – diskutiert wird die Beteiligung an einer Reihe antientzündlicher Prozesse. Auf der anderen Seiten führten Medikamente zur HDL-Erhöhung kaum zu einem besseren Herzschutz, auch scheinen Personen mit genetisch bedingt erhöhten HDL-Werten keinen großen Nutzen daraus zu ziehen, berichten Ärztinnen und Ärzte um Jørg Mørland vom Institut für Klinische Medizin an der Universität in Oslo in Norwegen. Daten aus drei Kohortenstudien Das Team um Mørland hat daher in einer eigenen Analyse nach Hinweisen auf einen Nutzen oder Schaden von unterschiedlichen HDL-Werten geschaut. Basis dafür waren drei norwegische Kohortenstudien, die zwischen 1977 und 1994 begannen und Angaben zu knapp 179.000 Frauen sowie 166.000 Männern liefern. Neben Blutproben wurden zu Beginn auch Angaben zum Lebensstil (Rauchen, körperliche Aktivität, Bildung), zum BMI und zu Begleiterkrankungen gesammelt. Im Schnitt lag das Alter anfangs bei rund 45 Jahren, etwas mehr als die Hälfte hatte HDL-Werte zwischen 40 und 60 mg/dl. Rund 80% der Personen mit niedrigeren Werten waren Männer, umgekehrt waren rund drei Viertel mit höheren Werten Frauen. Menschen mit niedrigen HDL-Werten bewegten sich zudem weniger, rauchten häufiger, waren dicker, weniger gebildet, hatten mehr Begleiterkrankungen und höhere Triglyzeridwerte, aber niedrigere LDL-Werte als solche mit hohen HDL-Spiegeln. Menschen mit hohen HDL-Werten lebten in der Regel also recht gesund und waren überwiegend Frauen. Nichtsdestotrotz gingen besonders hohe HDL-Spiegel zu Beginn der Studie während einer mittleren Nachbeobachtungsdauer von 22 Jahren ebenso mit einer höheren Mortalität einher wie niedrige Werte. Wurden nur Geschlecht, Alter und Kalenderjahr berücksichtigt, lag das HDL-Optimum bei 50–70 mg/dl, hier starben jährlich rund 860 von 100.000 Personen, bei HDL-Werten unter 30 mg/dl waren es hingegen 1323, bei Werten jenseits von 100 mg/dl waren es 1326. Adjustiert für sämtliche bekannten Begleitfaktoren wie Rauchen, Bewegung, Bildung, Blutdruck, BMI, Gesamtcholesterin und Komorbiditäten übersetze sich dies in eine um 29% erhöhte Sterberate bei HDL-Werten unter 30 mg/dl sowie in eine um 31% erhöhte Rate bei Werten über 100 mg/dl – verglichen mit Werten von 50–59 mg/dl (Referenzgruppe). Die HDL-Zwischenwerte befanden sich auf einer U-Kurve um das Optimum, die Kurve stieg bei niedrigen Werten jedoch steiler als bei höheren. Mehr alkoholbedingte Todesfälle bei hohen HDL-Werten Schaute das Team um Mørland nur auf die kardiovaskuläre Mortalität, so stieg das Risiko mit sinkenden Werten deutlich und blieb mit höheren Werten auf dem Niveau der Referenzgruppe: Jenseits von 50 mg/dl scheinen steigende HDL-Werte keinen Nutzen mehr zu ergeben. Für die Krebsmortalität ergab sich ebenfalls eine U-Kurve, die allerdings flacher verlief als die für die Gesamtmortalität. Eine U-Kurve war auch für Todesursachen jenseits von Krebs und Herzkreislauferkrankungen zu sehen, diese stieg mit höheren HDL-Werten besonders steil. Bezogen auf einzelne Krankheitsgruppen ergab sich ein deutlicher Zusammenhang mit hohen HDL-Werten und Todesfällen durch alkoholbedingte Lebererkrankungen, Atemwegskrankheiten und Magen-Darm-Leiden. Niedrige HDL-Werte gingen dagegen besonders mit einem erhöhten Risiko für den Tod durch Lungenkrebs, Magenkrebs und Nierenversagen sowie erwartungsgemäß mit Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall einher. Bemerkenswert fanden Mørland und Mitarbeitende, dass bei hohen HDL-Werten vermehrt Todesursachen beobachtet werden, die häufig bei Alkoholikern zu finden sind. Auch werde über erhöhte HDL-Werte bei hohem Alkoholkonsum berichtet. Das erhöhte Sterberisiko bei hohen HDL-Werten lasse sich daher möglicherweise mit einem hohen Alkoholkonsum erklären – dieser war in den drei Kohortenstudien nicht erfasst worden. Letztlich muss bedacht werden, dass es sich hier vor allem um Assoziationen handelt. Menschen mit niedrigen HDL-Werten leben meist sehr ungesund, was trotz aller Adjustierungen einen Teil des erhöhten Sterberisikos erklären könnte. HDL-Werte könnten zum Teil auch nur ein Marker für den Lebensstil sein, wobei hohe Werte oft mit einem hohen Alkoholkonsum einhergehen könnten. Ein anderes Manko der Untersuchung ist, dass die HDL-Bestimmung nur zu Beginn der Studien erfolgte. Cholesterinspiegel können sich im Laufe von über 20 Jahren aber deutlich verändern. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie hängen HDL-Werte und Sterberisiko zusammen? Antwort: Am geringsten ist die Mortalität bei HDL-Serumwerten von 50–70 mg/dl, darunter oder darüber steigt sie an. Dafür sprechen Ergebnisse einer norwegischen Analyse von drei Kohortenstudien. Bedeutung: Kardiovaskuläre Todesursachen werden gehäuft bei niedrigen HDL-Werten, Alkohol-assoziierte bei hohen HDL-Werten beobachtet. Einschränkung: Die HDL-Bestimmung erfolgte nur zu Studienbeginn, Alkoholkonsum nicht erfasst.

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