Diastolischer Druck zwischen 70 und 80 ist optimal

Der Patient nimmt seine Tabletten, der systolische Druck ist im Zielbereich. Also alles gut? Das kommt auf den diastolischen Druck an. Der kann zu hoch sein – aber auch zu niedrig. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Debatten um die richtige Einstellung von Hypertonikern dürften mitunter auch die Blutdruckwerte mancher Experten in die Höhe treiben. Zwischen US-Amerikanern und Europäern geht es noch immer hin und her, ob nun 130/80 mmHg die Grenze darstellen sollten oder ob nicht doch 140/90 mmHg genügen. Vieles hängt dabei von der Messmethode ab – und selbstverständlich wird auch darüber gestritten. Die Älteren werden sich noch erinnern, dass einstmals vor allem der diastolische Druck als treibende Kraft hinter dem hypertoniebedingten kardiovaskulären Risiko verdächtigt wurde – ein Parameter, der unter den Bedingungen der klassischen manometrisch-auskultatorischen Messung nicht immer zweifelsfrei zu bestimmen war. Inzwischen hat sich das Gewicht auf den systolischen Blutdruck verlagert, der als hauptverantwortlich für gefäßbedingte Erzeugnisse wie Herzinfarkt und Zerebralinsult gilt. Daten aus ONTARGET und TRANSCEND Aus dem Spiel ist die Diastole damit aber nicht, wie die Ergebnisse einer Analyse von Daten der ONTARGET- und der TRANSCEND-Studie zeigen. Eine von Michael Böhm (Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg) angeführte Arbeitsgruppe hat sich die Angaben zu mehr als 16.000 Studienteilnehmern angesehen, die unter Medikation die systolischen Werte mit den geringsten Ereignisraten erreicht hatten. In den genannten Untersuchungen lag der systolische Optimalbereich zwischen 120 und 140 mmHg. Die Forscher wollten wissen, wie sich in dieser Situation die kardiovaskulären Risiken abhängig von der Höhe des diastolischen Blutdruck darstellen. Dabei erwiesen sich diastolisch 70–80 mmHg als der Bereich mit der geringsten Gefährdung für Herz- und Hirninfarkte, stationäre Einweisung aufgrund einer Herzinsuffizienz, kardiovaskuläre und Gesamtmortalität sowie den kombinierten Endpunkt aus allen genannten Komplikationen. Höhere Drücke in der Diastole erhöhten das Risiko für Schlaganfälle und Herzinsuffizienz (≥ 80 mmHg) sowie für Herzinfarkte (≥ 90 mmHg). Über den medianen Follow-up von knapp fünf Jahren lagen die Risiken bis zu dreimal so hoch wie bei einem diastolischen Druck von 80 mmHg. Druck in der Diastole kann zu niedrig sein Insgesamt zeichneten sich aber für die meisten Zusammenhänge J-, wo nicht gar U-förmige Kurven ab: Der diastolische Druck konnte im Vergleich mit dem Risiko bei diastolisch 80 mmHg nicht nur zu hoch, sondern auch zu niedrig sein. So war etwa die Gefahr für den Eintritt des kombinierten Endpunktes bei Werten < 70 mmHg im Mittel um knapp 30% und die Mortalität um 20% erhöht, für Herzinfarkte betrug die Steigerung mehr als 50% und für Herzschwäche war das Risiko nahezu verdoppelt. Für Zerebralinsulte und kardiovaskulär bedingten Tod war keine Assoziation mit niedrigem diastolischem Druck festzustellen. Die Effekte hingen aber auch vom Ausgangsdruck ab. Hatte die Diastole vor der Therapie über 80 mmHg gelegen, war jede Form der Senkung gegenüber einer unveränderten Höhe des Drucks von Vorteil. Eine Unterteilung der Patienten in Gruppen mit systolischem Druck zwischen 120 und 130 mmHg und 130 bis 140 mmHg förderte ähnliche Assoziationen zutage wie die ursprüngliche Analyse. Gleiches galt für den Einbezug des Pulsdrucks. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt sich der diastolische Druck bei Hypertonikern aus, deren systolische Druckwerte unter Medikation im Zielbereich liegen? Antwort: Die geringsten Risiken für kardiovaskuläre Ereignisse treten bei diastolischen Werten zwischen 70 und 80 mmHg auf. Darüber, aber auch darunter gibt es Probleme. Bedeutung: Neben dem systolischen ist auch auf den diastolischen Blutdruck zu achten, besonders auf den Umstand, dass es eine Untergrenze gibt, unter der es ungesund wird. Einschränkung: Als retrospektive Studie kann die vorliegende Untersuchung nur Hypothesen erzeugen. Es lässt sich zudem nicht ausschließen, dass Patienten mit niedrigem diastolischem Druck steifere und kränkere Gefäße hatten, zumal die Betreffenden im Schnitt älter waren.

Springer Medizin

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