Schwere Hypoglykämien: Wer ist gefährdet?

Typ-2-Diabetiker, die eine schwere Unterzuckerung erleiden, weisen einige Risikofaktoren auf, die zur Prävention genutzt werden könnten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die wegen einer Hypoglykämie ärztlicher Versorgung bedürfen, sind häufiger als bei den übrigen Typ-2-Patienten bereits leichte Hypoglykämien in der Krankenakte dokumentiert. Dort lassen sich auch weitere Faktoren finden, die einer Unterzuckerung Vorschub leisten können, wie eine Studie der Cleveland-Kliniken ergeben hat. Für die Untersuchung wurden die elektronischen Patientenakten von mehr als 50.000 Typ-2-Diabetikern ausgewertet, die zwischen 2006 und 2015 im Cleveland Clinic Health System versorgt worden waren. Die Patienten waren median 61 Jahre alt mit einem HbA1c von 6,9% und einem BMI von 32 kg/m2. 366 erlitten während der dreieinhalbjährigen Beobachtungszeit eine schwere Hypoglykämie; eine solche lag laut Studiendefinition vor, wenn die Patienten in einer Notfallambulanz oder einem Krankenhaus behandelt wurden. Der Anteil der Patienten mit schwerer Unterzuckerung nahm über die Jahre stetig zu, von 0,12% im ersten auf 0,31% im letzten Jahr. Leichte Hypoglykämien in der Anamnese Von den übrigen Patienten unterschieden sich die Patienten mit schwerer Hypoglykämie durch ein höheres Alter, einen geringeren BMI, häufigere Behandlungen mit Sulfonylharnstoffen, Insulin oder mindestens drei Antidiabetika und mehr Begleiterkrankungen. Außerdem waren in ihren Krankenakten häufiger nicht als schwer eingestufte Hypoglykämien vermerkt (9% vs. 2%). Beim medianen HbA1c gab es dagegen keinen Unterschied zwischen Patienten mit und ohne schwere Hypoglykämien. Ein HbA1c < 6% wurde allerdings gehäuft bei den Hypoglykämiepatienten gemessen (16% vs. 12%). Begleiterkrankungen erhöhen das Risiko Die multivariate Regressionsanalyse bestätigte die Risikoerhöhung durch die meisten der genannten Faktoren: Am engsten war der Zusammenhang mit leichteren Hypoglykämien in der Anamnese, mit einer Verdreifachung des Risikos für schwere Unterzuckerungen (Odds Ratio, OR 3,0), gefolgt von einer Behandlung mit Insulin (OR 2,8) oder einem Sulfonylharnstoff (OR 2,5). Eine Verdopplung des Risikos schwerer Hypoglykämien bestand auch bei HbA1c-Werten < 6% (OR 2,0). Als weitere Risikofaktoren erwiesen sich eine steigende Zahl von Antidiabetika, kardiovaskuläre Erkrankungen, kognitive Defizite und ein höherer Charlson-Komorbiditätsindex. Umgekehrt war die Wahrscheinlichkeit für eine schwere Unterzuckerung vermindert, wenn die Patienten einen höheren BMI hatten oder mit Metformin, DPP-4-Inhibitoren oder GLP1-Agonisten behandelt wurden. Zu aggresiv behandelt? Die Studienautoren um Anita Misra-Hebert vermuten, dass die schweren Hypoglykämien in dem untersuchten Patientenkollektiv mit einem relativ hohen Grad an Komorbiditäten – jeder Dritte hatte z. B. eine kardiovaskuläre Erkrankung – teilweise auf zu stark blutzuckersenkende Therapien zurückzuführen waren. Hinweise auf eine solche Übertherapie vor allem bei älteren Patienten gibt es auch aus anderen Studien. Misra-Hebert und Kollegen raten, das Auftreten leichterer Unterzuckerungen als Warnsignal wahrzunehmen. Bei diesen Patienten könne eventuell eine weniger aggressive Blutzuckersenkung oder die Verwendung anderer Medikamente dazu beitragen, das Risiko für schwere Hypoglykämien zu reduzieren. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Typ-2-Diabetiker sind besonders anfällig für schwere Hypoglykämien? Antwort: Betroffene Patienten haben häufiger nicht leichte Unterzuckerungen in der Anamnese, erhalten Sulfonylharnstoffe und/oder Insulin und haben einen HbA1c < 6% und mehrere Begleiterkrankungen. Bedeutung: Leichtere Unterzuckerungen könnten en Warnzeichen sein und zu einer Anpassung der Diabetestherapie Anlass geben. Einschränkung: Die Studie stützt sich nur auf Angaben aus Patientenakten, andere Einflüsse wurden nicht erfasst.

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