Volatile Anästhetika mit unterschiedlichem Delirrisiko?

Ob ältere Patienten ein postoperatives Delir entwickeln, könnte auch von der Wahl des Inhalationsanästhetikums abhängen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Zwar gibt es einige Faktoren, von denen man weiß, dass sie das Auftreten eines postoperativen Delirs (POD) begünstigen, etwa höheres Alter, weibliches Geschlecht oder eine Demenz. Gesucht wird aber weiterhin nach Risikofaktoren, die modifizierbar sind und zur Prävention genutzt werden könnten. Inzwischen gibt es erste Hinweise, dass ein Fast-track-Ansatz die Delirrate senken kann. Außerdem wird vermutet, dass die Anästhesietiefe das Risiko beeinflusst. Ob volatile Anästhetika (VA) an sich Auswirkungen auf den postoperativen kognitiven Zustand haben, ist bislang unklar; die wenigen Studien dazu haben keine schlüssigen Resultate erbracht. Eine jetzt veröffentlichte Analyse prospektiver Beobachtungsstudien legt jedoch nahe, dass es bei den VA substanzspezifische Unterschiede geben könnte. Danach ist Desfluran möglicherweise mit einem höheren Delirrisiko behaftet als Isofluran. POD bei vier von zehn Patienten Die 532 Studienteilnehmer hatten sich im Alter zwischen 65 und 96 Jahren einer großen elektiven nichtkardialen Operation unterzogen, vorrangig orthopädischen oder Wirbelsäulen-Eingriffen, gefolgt von urologischen oder gynäkologischen Operationen. Alle Patienten hatten als primäres Narkotikum ein Fluran – Desfluran (n = 404), Isofluran (n = 53) oder Sevofluran (n = 75) – erhalten. Bei 92% war außerdem Propofol verwendet worden. Ein POD an Tag eins oder zwei wurde bei 41% der Patienten diagnostiziert. Die mit 45% höchste Inzidenz hatten Desfluranpatienten, mit Isofluran waren nur 25%, mit Sevofluran 32% betroffen. Diese Differenzen bestanden trotz vergleichbarem Ausmaß in der VA-Exposition. Desfluran ungünstiger als Isofluran? Signifikante Prädiktoren für ein POD waren einer multivariaten Analyse zufolge weibliches Geschlecht, ZNS-Erkrankungen in der Anamnese, eine präoperative kognitive Beeinträchtigung (TICS-Score < 30) und ein höheres Op.-Risiko. Außerdem war das Risiko, an einem POD zu leiden, mit Desfluran etwa dreimal so hoch wie mit Isofluran. Zwischen Desfluran und Sevofluran sowie zwischen Sevofluran und Isofluran gab es dagegen keine signifikanten Unterschiede in der POD-Rate. Dasselbe Resultat ergab sich, wenn beim Vergleich der drei VA-Gruppen die Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes VA zu erhalten, gewichtet wurde. Die Studienautoren um Sakura Kinjo von der University of California betonen, dass ihre Untersuchung lediglich eine Hypothese generieren kann – die in einer randomisierten kontrollierten Studie überprüft werden müsse. Auf welche Weise VA die Kognition (differenziell) beeinflusse können, sei unklar. Aus experimentellen Untersuchungen gebe es zwar Hinweise auf neurotoxische, aber auch auf neuroprotektive Effekte der Flurane. Empfehlung der Redaktion 2016 | OriginalPaper | Buchkapitel Besondere Patientengruppen Dieses Kapitel befasst sich mit besonderen Patientengruppen, die spezielle Anforderungen im ambulanten Setting benötigen, die auf der anderen Seite aber besonders von ambulanten Eingriffen profitieren können. Es sind dies insbesondere Kinder, geriatrische Patienten oder Patienten mit bestimmten Behinderungen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie ist Inzidenz des postoperativen Delirs (POD) mit verschiedenen volatilen Anästhetika (VA)? Antwort: In einer retrospektiven Analyse war Desfluran mit einem höheren POD-Risiko assoziiert als Isofluran. Bedeutung: Der Einfluss verschiedener VA auf das POD-Risiko sollte in einer RCT überprüft werden. Einschränkung: Retrospektive Analyse mit kleinen Fallzahlen.

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