Lernziele und Aufgabenstellungen der
praxisphasenvorbereitenden Seminarreihe berücksichtigen den Status (Kenntnisstand, Erfahrungen, Erwartungen, Aufgaben im Praktikum, rechtlicher Rahmen der Tätigkeit etc.) der Studierenden und wurden nach deren typischen Einsatzbereichen der unterschiedlichen teilnehmenden Fächer ausgerichtet. Es wurden Lernziele unterrichtet, die neben fachlichen Schwerpunkten der jeweiligen Fächer unterschiedliche übergeordnete Lernziele und Aspekte/Dimensionen zur Stärkung der eigenen Rolle auf dem Weg zur selbständigen ärztlichen Tätigkeit fokussieren (Tab.
1).
Tab. 1
Auswahl von Lernzielen für Vorbereitungsseminare zu den Praxisphasen Famulatur und PJ
Vielfalt können anhand einer Fallbearbeitung das klinische Spektrum von Basis- bis hochspezialisierter Versorgung darstellen entwerfen Versorgungsketten eines Falls mithilfe interdisziplinärer Kooperationen erfahren ambulante Betreuungsoptionen eines Fachs lernen anhand einer Fragestellung zur Versorgung neue Therapiemethoden des Fachs kennen (Roboterchirurgie, Hybridoperation etc.) | Karrierechancen lernen Einzelheiten möglicher Aus‑/Weiterbildungskurrikula durch MentorInnen kennen erfahren Aspekte der eigenen „Robustheit“ gegenüber den Anforderungen des Fachs erfahren unterschiedliche Aspekte („Höhen“ und „Tiefen“) einer Arbeit in einer chirurgischen Fachdisziplin bauen Barrieren hierarchischer Ebenen durch Kennenlernen von FachvertreterInnen im fachbezogenen Kleingruppenunterricht ab |
Praxisbezug trainieren status- und rollenangepasste praktische Fähigkeiten für das anstehende Praktikum erarbeiten individualisiertes Fallmanagement trainieren den eigenen Aufgaben angepasste Notfallszenarien | PatientInnenzentrierung begegnen klinischer Alltagsrealität des jeweils gegebenen PatientInnenaufkommens reflektieren ethische Grenzsituationen eines Falles erleben klinisches Teamwork und konkrete Handlungsoptionen zur Versorgung eines PatientInnenfalles |
Das Projekt „Fit für Famulatur“ (FfF)
In der vorlesungsfreien Zeit des Wintersemesters 2013/14 (
n = 50 Teilnehmende) wurde an der Medizinischen Fakultät Magdeburg ein Pilotprojekt zu einem extrakurrikularen Seminar zur Vorbereitung auf die erste Famulatur („Fit für Famulatur“) initiiert und seither zum selben Zeitpunkt des jeweiligen Wintersemesters mit jeweils ähnlichen Teilnehmendenzahlen fortgesetzt. In einem zweitägigen Seminar (Tab.
2) erarbeiteten Studierende vor Antritt ihrer ersten Famulatur in einem internistischen und einem chirurgischen Modul (jeweils ein Tag mit eigener fachspezifischer Modulverantwortung) thematisch grundlegende Aspekte der stationären Versorgung im Hinblick auf ihre unmittelbar anstehende stationäre Tätigkeit als Famulierende. Inhaltlich sind beide Module durch eine rahmende Fallvignette einer fiktiven PatientInnengeschichte verbunden. In begleitenden Workshops zu praktischen Inhalten unterrichteten neben den ärztlichen Dozierenden u. a. examinierte MitarbeiterInnen der Krankenpflege, technische AssistentInnen, Mitarbeitende des Sozialdienstes sowie primärärztlich tätige KollegInnen klinische Skills zur Darstellung interprofessioneller bzw. -sektoraler Aspekte des Falls für den Tätigkeitsbereich einer/s Famulantin/Famulus. Zur Stärkung der Rolle der Famulierenden wurden ergänzende „Sessions“, wie z. B. ein
-
Fachvortrag „Rechtlicher Rahmen Famulatur“,
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„Markt der (Famulatur‑)Möglichkeiten“ mit MentorInnengesprächen erfahrener Fachärztinnen/Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen
Tab. 2
Ablauf Vorbereitungsseminar zur Famulatur
Tag 1 | Klinisch-internistische Versorgungskette – Bearbeitung der Fallvignette (Schwerpunkt: internistisch), Modulverantwortung: Innere Medizin | Skills-Parcours (Schwerpunkt: internistisch) | Fachvortrag „Rechtlicher Rahmen Famulatur“ |
Tag 2 | Klinisch-chirurgische Versorgungskette – Bearbeitung der Fallvignette (Schwerpunkt: chirurgisch) Modulverantwortung: Chirurgie | Skills-Parcours (Schwerpunkt: chirurgisch) Operationssaalbesuch | Markt der Möglichkeiten (Kliniken und Lehrpraxen stellen sich vor) MentorInnengespräche fachärztlicher Vertreter unterschiedlicher Disziplinen |
angeboten.
Fokus der jeweiligen Lehreinheiten ist die Einordnung des fiktiven medizinischen Falles einer älteren, multimorbiden Patientin in die typischen klinischen Versorgungsabläufe, an denen ein(e) Famulierende(r) im klinischen Alltag beteiligt ist. Die Studierenden lernen so unter ärztlicher und pflegerischer Anleitung Prozesse und Strukturen in der PatientInnenversorgung kennen (Integration in den Klinikalltag und interprofessionelle Teamarbeit im Fachbereich) und vernetzen diese mit ihrem theoretischen und praktischen Wissen.
Mit Blick auf die Chirurgie konnten den Studierenden weiterhin Basisfertigkeiten wie z. B. das Verhalten und die Strukturierung der Arbeitsabläufe im Operationssaal sowie Fertigkeiten wie chirurgische Händedesinfektion, Verbandslehre und Wunddokumentation sowie häufige Nahttechniken vermittelt bzw. aufgefrischt werden. In inhaltlich verbindenden Übungen sollten des Weiteren durch z. B. Formulieren von Versorgungsketten diagnostische Schritte und therapeutische Möglichkeiten interdisziplinärer Versorgungskonzepte anhand des in der Vignette vorgestellten Falles erarbeitet werden.
In Impulsreferaten wurden medizinisch-klinische Schlüsselschritte durch entsprechende FachvertreterInnen vorgestellt.
Es konnte gezeigt werden, dass Studierende die Vorbereitungsseminare als gute und praktisch relevante Vorbereitung auf die Famulatur wahrnehmen. Studierende haben nach der Veranstaltung eine bessere Vorstellung, wie sie sich in der Klinik einbringen können. Hierbei befürworten sie die vernetzte und interprofessionelle Wissensvermittlung [
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Das Projekt „Fit für PJ“
Analog zu den famulaturvorbereitenden Seminaren wurden seit Wintersemester 2014/15 zu Beginn des Wintersemesters eine fakultative PJ-Vorbereitungsseminarwoche angeboten (initial:
n = 120 TeilnehmerInnen). Als Erweiterung Skills-basierter Trainingskonzepte berücksichtigen die Konzepte der hier vorgestellten Vorbereitungsseminare die aktuelle Arbeitswirklichkeit auf Station als ärztlich Tätige in einem interprofessionellen Team, das Arbeitsabläufe im stationären Alltag strukturieren muss und anteilig organisiert. Hierzu bedarf es gesonderter administrativer Tätigkeiten, deren Kenntnisse z. B. hinsichtlich der Dokumentation der stationären Tätigkeit (PatientInnenakte, Konsilanforderungen etc.) für den Alltag wertvoll sind. An fünf Modultagen (Tab.
3) erarbeiteten Studierende vor Antritt ihres PJ thematisch grundlegende Aspekte der stationären Versorgung im Hinblick auf ihre unmittelbar anstehende Tätigkeit als PJ-Studierende. Analog zu „Fit für Famulatur“ wurden auch zur Vorbereitung auf das PJ in begleitenden Workshops praktische Inhalte der unmittelbar anstehenden Tätigkeiten interprofessionell und -disziplinär vermittelt. Zur Stärkung der Rolle der PJ-Studierenden wurden ergänzend Lehr- oder Unterrichtseinheiten, wie z. B. ein Fachvortrag „Rechtlicher Rahmen der Tätigkeit als PJ“ und „PJ-MentorInnen-Gespräche“ angeboten.
Tab. 3
Ablauf Vorbereitungsseminar zum PJ
Tag 1 | Notaufnahme | Skills- und Workshop-Rotation (Blutentnahme und Labormanagement, ärztliche Gesprächsführung, Ultraschall, „emergency communication, medical English“, postoperative Komplikation, dermatologische/allergologische Aspekte, Indikation und Anforderungen radiologischer Untersuchung, BLS bzw. ALS, Perfusor programmieren, Umgang mit i.v. Medikation, Verbandswechsel, Wundvisite, Nähen, Operationssaalbesuch, chirurgische Untersuchung Abdomen und Knie, medizinische Dokumentation und Arztberichterstattung, …) | Fachvortrag „Rechtlicher Rahmen PJ“, FachanwältIn für Medizinrecht/Diskussion |
Tag 2 | „Auf Station“ – Innere Medizin | PJ-MentoreInnen-Gespräche (fakultativ) |
Tag 3 | „Notfall auf Station und intensivmedizinische Versorgung“ (Anästhesie) | PJ-MentorInnen-Gespräche (fakultativ) |
Tag 4 | „Im Operationssaal – Chirurgie“ | Arbeitsbereiche und Verhalten im Operationssaalbereich (Pflege) |
Tag 5 | Entlassung und ambulante Versorgung (Allgemeinmedizin) | Ambulante Medizin/poststationäre Versorgung aus Sicht von HausärztInnen |
Der seminarbegleitende Fall führte die Teilnehmenden zur Vorbereitung auf die unterschiedlichen Tertiale und Fachbereiche im PJ in einem modularen Aufbau durch die einzelnen Etappen und Schritte der ärztlichen Versorgung eines Krankheitsfalles. Studierende lernen anhand einer Fallvignette unter einem täglichen Fachschwerpunkt zunächst Aufgaben und Anforderungen der Tätigkeit in einer Notaufnahmesituation (u. a. Anamnese, körperliche Untersuchung, Dokumentation, Anordnung, [Differenzial-]Diagnostik, Umgang/Kommunikation mit den MitarbeiterInnen der pflegerischen Ebene etc.).
Im folgenden Modul Innere Medizin betreuten Fachdozierende interprofessionell (Ärztinnen/Ärzte, Pflege, Physiotherapie, Sozialdienst) Anleitungen zur stationären Versorgung (Stationsalltag, Aufbau und Hintergrund einer Visite, Untersuchungsanmeldungen, Konsilanforderungen, Wundpflege/Verbandswechsel, Kommunikation mit den PflegemitarbeiterInnen, Dokumentation, medizintechnische Unterweisungen etc.; [
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Am dritten Tag, dem Modul Notfall/Intensivmedizin, wurde das Verhalten in einer Notfallsituation im stationären Alltag sowie Eckpfeiler der anschließenden intensivmedizinischen Versorgung statusgerecht erarbeitet.
Das vierte Modul fokussierte auf die chirurgische Betreuung inklusive Indikationsstellung, Algorithmus der spezifischen Diagnostik und schließlich die operative Versorgung des fiktiven Falles.
Abschließend und sektorenübergreifend wurde im letzten Modul die hausärztliche Weiterversorgung mit entsprechender Dokumentation („Bedeutung des Arztbriefes“, Übungen zum Arztbriefschreiben, Entlassungsmanagement etc.) von Dozierenden hausärztlicher akademischer Lehrpraxen vermittelt. Hierdurch sollen die Absolvierenden auf der Grundlage der im Studium erarbeiteten Kenntnisse und Fertigkeiten anhand exemplarischer Schwerpunkte typischer Tätigkeiten der jeweiligen Fachbereiche fokussiert unterrichtet und zum Erkennen und zur Übernahme statusangemessener Aufgaben als PJ-Studierende angeleitet werden.
Unter besonderer Beachtung des unmittelbar an das PJ anschließenden Berufsstarts werden über die Ausübung ärztlicher Rollen zudem Lernziele zur verbesserten Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen am Versorgungsauftrag trainiert (Stationsmanagement und Dokumentation, Hygiene und Infektionsmanagement, Sozialdienst; [
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