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Erschienen in:

Open Access 28.08.2024 | Insomnie | Menopause und Frauengesundheit

Kognitive Verhaltenstherapie für Frauen mit Insomnie in den Wechseljahren

verfasst von: Simona Ott

Erschienen in: Gynäkologische Endokrinologie | Ausgabe 4/2024

Zusammenfassung

Hintergrund

Insomnie ist eines der häufigsten Symptome bei Frauen während der Wechseljahre und beeinträchtigt Betroffene sehr.

Ziel der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, den Effekt kognitiver Verhaltenstherapie bei Insomnie (KVT-I) bei Frauen in der Peri- und Postmenopause zu untersuchen.

Material und Methoden

Es werden Studien berücksichtigt, die auf Ovid Medline und Google Scholar publiziert wurden und die Wirkung der KVT‑I bei Frauen in den Wechseljahren untersucht haben. Für Behandlungsoptionen werden die S3-Leitlinien für Insomnie herangezogen.

Ergebnisse

Die KVT‑I ist eine sehr wirkungsvolle Therapie bei Frauen mit Insomnie während der Wechseljahre. In allen untersuchten Studien war sie die Therapie mit den erfolgreichsten Ergebnissen, egal ob die Therapie persönlich oder telefonisch durchgeführt wurde. Die Schlafrestriktionstherapie (SRT) konnte ähnlich überzeugende Ergebnisse liefern. Vor allem in Bezug auf depressive Symptome, maladaptives Denken und die Übererregung sind für die SRT ähnlich gute Wirkungen belegt wie für die KVT‑I. Nicht eindeutige Ergebnisse liegen für den Effekt auf die Funktionsfähigkeit am Tag, die Arbeitsleistung sowie die allgemeine Lebensqualität vor, jedoch waren die Ergebnisse der KVT‑I und SRT diesbezüglich ebenfalls vergleichbar. Die Schlafhygieneaufklärung (SHA) zeigte in allen Studien einen geringen bis keinen Effekt. Patientinnen mit remittierter Insomnie wiesen nach der Therapie eine generell bessere Gesundheit auf.
Hinweise

Redaktion

Annette Bachmann, Frankfurt
Ludwig Kiesel, Münster
Petra Stute, Bern
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Ungefähr die Hälfte aller Frauen (43–48 %) beschwert sich während der Wechseljahre über schlafassoziierte Symptome [1]. Schlafstörungen beeinträchtigen nicht nur den nächtlichen Schlaf, sondern haben auch einen negativen Effekt auf die Produktivität tagsüber und hängen mit einem allgemein schlechteren Gesundheitsempfinden zusammen. Negative gesundheitliche Folgen wie Depressionen, Diabetes, Adipositas und kardiovaskuläre Erkrankungen sind mit Schlafstörungen assoziiert [2].
Im vorliegenden Beitrag wird die aktuelle wissenschaftliche Literatur analysiert, um herauszufinden, welche Effekte die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie (KVT-I) in der Behandlung von Schlafstörungen bei Frauen in den Wechseljahren hat. Da die Insomnie die häufigste Schlafstörung in den Wechseljahren ist, wird ausschließlich auf diese eingegangen [1].

Definition der Insomnie

Die Insomnie ist durch ein Missverhältnis zwischen Schlafbedürfnis und Schlafvermögen gekennzeichnet. Die Schlafstörung ist charakterisiert durch eine verlängerte Einschlafzeit am Abend, vermehrte Wachphasen in der Nacht und frühes Erwachen am Morgen. Situativ und transient auftretende Insomnien werden meist nicht behandelt, nur die chronische Insomnie wird für die Patient*innen zur Belastung und bedarf einer Therapie. Als chronifiziert gilt nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) eine Insomnie, bei der die Symptome über 4 Wochen persistieren. Eine chronische Insomnie führt zu reduzierter Produktivität, psychosozialen Leistungseinschränkungen sowie einer generell schlechteren Gesundheit [3, 4].

Mögliche Therapien bei Insomnie

Im Einklang mit den S3-Leitlinien sollte als erste Behandlungsoption bei Erwachsenen immer die KVT‑I durchgeführt werden. Wenn diese Therapie nicht effektiv genug ist oder nicht durchgeführt werden kann, können pharmakologische Interventionen angeboten werden. Es können Benzodiazepine eingesetzt werden, die vorwiegend für den kurzfristigen Gebrauch (maximal 3–4 Wochen) zugelassen sind. Alternativen sind Antipsychotika, sedierende Antidepressiva oder pflanzliche Präparate [4].
Die einzige weitere Therapie für Frauen mit Insomnie während der Wechseljahre ist die Hormonersatztherapie. Für diese Therapie ergaben sich in Studien jedoch gemischte Ergebnisse. In einer Metaanalyse von Attrian et al. aus dem Jahr 2014 [5] wurden 23 Studien untersucht: 14 Studien zeigten positive Effekte der Hormonersatztherapie auf die Insomnie. Die restlichen 9 zeigten gemischte oder negative Ergebnisse.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie ist stark mit der Psychologie des Lernens verbunden. In dieser Therapie werden ungesunde Verhaltensmuster erkannt und in neue gesunde Verhaltensmuster umgewandelt. Bei der KVT‑I werden somit die für die Schlafstörungen ursächlichen Fehlkognitionen systematisch erkannt und durch neue, gesunde Verhaltensmuster korrigiert. Beispielsweise wachhaltende abendliche Tätigkeiten wie Fernsehen werden durch schlafanregende Rituale ersetzt [6].
Die Therapie besteht aus mehreren Interventionen, die miteinander kombiniert oder auch einzeln angewendet werden können. Die einzelnen Elemente der kombinierten KVT‑I sind
  • Psychoedukation,
  • Achtsamkeitsübungen,
  • Stimuluskontrolle,
  • Schlafhygieneaufklärung (SHA),
  • Schlaftagebuch,
  • Schlafrestriktionstherapie (SRT),
  • kognitive Interventionen und
  • Sport.
In der kognitiven Verhaltenstherapie werden ungesunde Verhaltensmuster in gesunde umgewandelt
Die kombinierte Variante verschiedener Interventionen führt zu einer allgemein besseren Wirksamkeit [6].

Fragestellung

In diesem Beitrag wird diskutiert, warum die KVT‑I bei Frauen in den Wechseljahren mit Insomnie angewendet wird. Zusätzlich wird untersucht, welche Effekte die KVT‑I auf andere Beschwerden während der Wechseljahre, wie depressive Symptome, und auf die allgemeine Lebensqualität hat und wie sich die kombinierte KVT‑I von einzeln angewendeten verhaltenstherapeutischen Interventionen unterscheidet. Die einzeln angewendeten Interventionen sind die SRT und die SHA.

Material und Methoden

Es wurde eine Literatursuche zur KVT‑I in den Wechseljahren durchgeführt. Dazu wurden Ovid Medline und Google Scholar verwendet. Die Schlagwörter „menopause“, „insomnia“ und „cognitive behavioral therapy“ wurden gebraucht. Da sich die KVT‑I in der zusammenfassenden Analyse der MsFLASH-Studien (Menopausal Strategies: Finding Lasting Answers to Symptoms and Health) bereits als überlegende Therapie gegenüber Escitalopram, Yoga, Sport (Aerobic), Omega-3-Fettsäuren, Östrogenersatztherapie und Venlafaxin erwiesen hat, wurden nur Studien eingeschlossen, welche die KVT‑I mit verhaltenstherapeutischen Interventionen verglichen [7]. Die verhaltenstherapeutischen Interventionen sind die SRT und eine standardisierte SHA, beide Interventionen werden auch im Rahmen der KVT‑I kombiniert angewendet. Eingeschlossen wurden auch Studien, die den Effekt der KVT‑I auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität untersucht haben.

Ergebnisse

Vier Studien wurden eingeschlossen. Alle eingeschlossenen Studien untersuchten den Effekt der KVT‑I bei Frauen mit Insomniesymptomen in der Perimenopause und nach der Menopause. Alle Studien sind randomisierte, kontrollierte klinische Studien. Eingeschlossen wurden peri- oder postmenopausale Frauen. Die Probandinnen durften bei allen Studien keine anderen primären Schlafstörungen (beispielsweise Schlafapnoesyndrom) aufweisen und keine schlafbeeinflussenden Medikamente einnehmen [1, 810].
In der Studie von McCurry et al. [8] erhielt die Interventionsgruppe während 8 Wochen 6 telefonische KVT-I-Sitzungen. Die Kontrollgruppe wurde allgemein über Menopause und Frauengesundheit informiert. Die 106 Probandinnen waren zwischen 40 und 65 Jahre alt. Gemessen wurden die Ergebnisse mit dem Insomnia Severity Index (ISI) und dem Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI), zusätzlich wurde von den Probandinnen ein Schlaftagebuch geführt (Tab. 1 und 3).
Tab. 1
Ergebnisse zu Insomnie und Schlafqualität
Autor/Jahr
Studiendesign
Kohorte
Messinstrumente
Intervention
ISI-Score vorher (VI oder SA)
ISI-Score-Abnahme (VI oder SA) nach Intervention
PSQI vorher (VI oder SA)
PSQI-Abnahme (VI oder SA) nach Intervention
McCurry et al. 2016 [8]
Randomisierte klinische Studie
106 peri- oder postmenopausale Frauen
ISI-Score
PSQI-Score
Schlaftagebuch
KVT‑I
15,6 (VI = 14,8–16,4)
−9,9 (VI = −11,2–−8,7)
8,9 (VI = 8,2–9,2)
−4,0 (VI = −5,0–−3,1)
KG
16,8 (VI = 15,8–17,9)
−4,7 (VI = −6,1–−3,3)
9,2 (VI = 8,6–10,3)
−1,4 (VI = −2,1–−0,7)
Drake et al. 2019 [9]
Randomisierte klinische Studie
150 postmenopausale Frauen
ISI-Score
Schlaftagebuch
KVT‑I
14,94 (SA = 3,97)
−7,7 (d = 1,43)
SRT
15,2 (SA = 3,67)
−6,56 (d = 1,66)
SHA
15,36 (SA = 4,36)
−1,12 (d = 0,37)
d Effektstärke, ISI Insomnia Severity Index, KG Kontrollgruppe, KVT‑I kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie, PSQI Pittsburgh Sleep Quality Index, SA Standardabweichung, SHA Schlafhygieneaufklärung, SRT Schlafrestriktionstherapie, VI Vertrauensintervall
In der Interventionsgruppe wurde eine starke Reduktion des ISI-Scores im Vergleich zum Wert vor der Intervention beobachtet. Insgesamt 70 % der Frauen in der Interventionsgruppe hatten nach der Therapie einen ISI-Score unter 7, es konnte also keine Insomnie mehr festgestellt werden. Der PSQI-Score zeigte, dass die Schlafverzögerung sowie die Wachepisoden in der Interventionsgruppe vermindert werden konnten. Auch konnte die allgemeine Schlafqualität verbessert werden [8].
Die 150 Probandinnen in der Studie von Drake et al. [9] wurden randomisiert in eine von drei Gruppen eingeteilt. Sie erhielten 6 Wochen eine KVT‑I oder für 2 Wochen eine SRT oder für 6 Wochen wöchentlich eine E‑Mail mit einer standardisierten SHA. Ebenfalls wurden in dieser Studie der ISI-Score und ein Schlaftagebuch als Messinstrumente genutzt (Tab. 1 und 3).
Im Vergleich zur Untersuchung vor der Intervention konnte in der KVT-I-Gruppe eine Reduktion der Insomnie beobachtet werden. Zusätzlich wurde von den Frauen eine signifikant bessere Schlafqualität dokumentiert. Die totale Schlafzeit verlängerte sich und die nächtlichen Wachepisoden wurden weniger. In der SRT-Gruppe reduzierte sich der ISI-Score ebenfalls, jedoch weniger stark, auch die dokumentierte Schlafqualität nahm zu. Die SHA konnte zu keiner signifikanten Verbesserung der Insomnie führen [9].
Kalmbach et al. [1] untersuchten mit derselben Kohorte wie in der oben genannten Studie von Drake et al. die Auswirkungen der KVT‑I auf depressive Symptome, maladaptives Denken und somatische Übererregung. Verglichen wurde die KVT‑I mit der SRT und der SHA. Die Ergebnisse wurden mit standardisierten Fragebögen gemessen (Tab. 2 und 3). Zur Auswertung der Ergebnisse wurde jeweils eine Varianzanalyse zwischen der Baseline-Messung und der Messung direkt nach der Behandlung oder nach dem 6‑monatigen Follow-up durchgeführt.
Tab. 2
Ergebnisse der Studien für Lebensqualität und depressive Symptome
Autor/Jahr
Studiendesign
Kohorte
Messinstrumente
Intervention
Ergebnisse (vor, nach Intervention; Effektstärke d)
Ergebnis (nach 6‑monatigem Follow-up; Effektstärke d)
Kalmbach et al. 2019 [1]
Randomisierte klinische Studie
117 postmenopausale Frauen
BDI-ll (depressive Symptome)
KVT‑I
8,93 (SA = 4,85), 6,38 (SA = 4,76); d = 0,55
5,24 (SA = 4,88); d = 0,79
SRT
6,77 (SA = 4,15), 5,65 (SA = 4,84); d = 0,31
5,24 (SA = 3,81); d = 0,50
SHA
8,80 (SA = 5,62), 7,95 (SA = 5,93); kein Effekt
7,56 (SA = 5,42); kein Effekt
DBAS (maladaptives Denken)
KVT‑I
4,28 (SA = 1,32), 2,90 (SA = 1,48); d = 1,05
2,87 (SA = 1,48); d = 0,97
SRT
4,32 (SA = 1,33), 3,68 (SA = 1,21); d = 0,70
3,51 (SA = 1,24); d = 0,84
SHA
4,52 (SA = 1,67), 4,39 (SA = 1,78); kein Effekt
4,33 (SA = 1,35); kein Effekt
PSAS Somatic (Übererregung)
KVT‑I
19,15 (SA = 6,87), 14,19 (SA = 5,21); d = 0,89
14,00 (SA = 4,83); d = 1,06
SRT
18,91 (SA = 6,62), 16,65 (SA = 5,60); d = 0,61
18,80 (SA = 6,34); kein Effekt
SHA
21,46 (SA = 7,87), 17,50 (SA = 7,34); kein Effekt
18,36 (SA = 7,26); kein Effekt
Kalmbach et al. 2019 [10]
Randomisierte klinische Studie
150 postmenopausale Frauen
FSS (Schläfrigkeit)
KVT‑I
31,78 (SA = 10,89), 28,20 (SA = 10,32); d = 0,43
25,35 (SA = 10,41); d = 0,81
SRT
33,28 (SA = 11,99), 29,90 (SA = 12,08); d = 0,44
28,49 (SA = 10,74); d = 0,48
SHA
32,50 (SA = 11,68), 32,32 (SA = 11,95); kein Effekt
32,31 (SA = 10,95); kein Effekt
WPAI (prozentualer Wert der Arbeitsbeeinträchtigung)
KVT‑I
32,56 (SA = 29,62), 17,44 (SA = 21,24); d = 0,56
13,03 (SA = 25,55); d = 0,70
SRT
27,74 (SA = 24,59), 18,53 (SA = 19,56); d = 0,50
12,67 (SA = 15,74); d = 0,84
SHA
28,06 (SA = 27,74), 30,79 (SA = 26,75); kein Effekt
25,16 (SA = 27,79); kein Effekt
SF-36 Role Limitations, Physical (Widerstandsfähigkeit gegenüber körperlichen Problemen)
KVT‑I
74,50 (SA = 32,53), 79,00 (SA = 32,48); kein Effekt
89,53 (SA = 22,65); d = 0,48
SRT
73,47 (SA = 36,59), 86,73 (SA = 28,46); d = 0,35
87,79 (SA = 27,48); d = 0,52
SHA
64,00 (SA = 34,32), 67,00 (SA = 35,87); kein Effekt
73,86 (SA = 33,22); d = 0,33
BDl-ll Beck Depression Inventory, 2nd Edition, DBAS Dysfunctional Beliefs and Attitudes about Sleep Scale, FSS Fatigue Severity Scale, KVT‑I kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie, PSAS Somatic Pre-Sleep Arousal Scale, Somatic Factor, SA Standardabweichung, SF-36 36-item Medical Outcomes Study Short Form Health Survey, SHA Schlafhygieneaufklärung, SRT Schlafrestriktionstherapie, WPAI Work Productivity and Activity Impairment
Tab. 3
Bewertungssystem der Fragebögen [1, 8, 10]
Fragebogen
Bewertung
ISI-Score
(Insomnia Severity Index Score)
0–28 Punkte, je höher die Punktzahl, desto schwerer die Insomnie
PSQI-Score
(Pittsburgh Sleep Quality Index)
0–21 Punkte, je höher die Punktzahl, desto schlechter die Schlafqualität
BDI–ll
(Beck Depression Inventory, 2nd Edition; depressive Symptome)
0–63 Punkte, je höher die Punktzahl, desto schlimmer die depressiven Symptome
DBAS
(Dysfunctional Beliefs and Attitudes about Sleep Scale; maladaptives Denken)
> 40 %, irrationale oder dysfunktionale Gedanken gegenüber Schlaf
PSAS Somatic
(Pre-Sleep Arousal Scale, Somatic Factor; Übererregung)
8–40 Punkte, je höher die Punktzahl, desto größer die Übererregung vor dem Schlaf
FSS
(Fatigue Severity Scale; Schläfrigkeit)
9–63 Punkte, je höher die Punktzahl, desto größer die Schläfrigkeit, > 36 schwere Schläfrigkeit
WPAI
(prozentualer Wert der Arbeitsbeeinträchtigung)
0–100 %, je höher die Prozentzahl, desto größer die Arbeitsbeeinträchtigung
SF-36 Role Limitations, Physical
(36-item Medical Outcomes Study Short Form Health Survey; Widerstandsfähigkeit gegenüber körperlichen Problemen)
0–100 Punkte, je höher die Punktzahl, desto besser die Lebensqualität
In der SRT-Gruppe wurde eine kleine Reduktion und in der KVT-I-Gruppe eine mittlere Reduktion der depressiven Symptome dokumentiert, obwohl keine signifikante Interaktion zwischen Behandlung und Zeit gezeigt werden konnte (p = 0,12). Bei der Nachkontrolle nach 6 Monaten konnte in beiden Gruppen eine weitere Reduktion der Symptome festgestellt werden. Maladaptives Denken konnte in der KVT-I-Gruppe und der SRT-Gruppe verbessert werden, wobei die KVT-I-Gruppe die stärkeren Verbesserungen zeigte. Eine langfristige Verbesserung der somatischen Übererregung konnte nur in der KVT-I-Gruppe beobachtet werden. In der SHA-Gruppe konnte keine Verbesserung in allen Symptomen beobachtet werden [1].
Ebenfalls mit der Kohorte von Drake et al. wurden von Kalmbach et al. [10] die Auswirkungen der KVT‑I auf die Funktionsfähigkeit am Tag, die Arbeitsleistung und die Lebensqualität bei Frauen nach der Menopause mit Insomnie untersucht. Auch in dieser Studie wurde die KVT‑I mit der SRT und der SHA verglichen. Als Messinstrumente wurden standardisierte Fragebögen genutzt (Tab. 2 und 3). Zur Auswertung der Ergebnisse wurde jeweils eine Varianzanalyse zwischen der Baseline-Messung und der Messung nach der Behandlung oder nach dem 6‑monatigen Follow-up durchgeführt.
Die Funktionsfähigkeit am Tag wurde in Erschöpfungssymptome, Energie und Tagesschläfrigkeit unterteilt. Eine moderate Verringerung der Erschöpfung wurde in der KVT-I- und SRT-Gruppe beobachtet. Die Probandinnen dokumentierten in der KVT-I- und in der SRT-Gruppe, nach der Interventionszeit mehr Energie zu verspüren. Die Tagesschläfrigkeit nahm in der KVT-I- und SRT-Gruppe mäßig ab, jedoch war die Interaktion von Behandlung und Zeit nicht signifikant (p = 0,32). Eine mäßige Reduktion der Arbeitsbeeinträchtigung wurde in diesen beiden Gruppen ebenfalls verzeichnet. In den 6 Monaten nach der Behandlung nahm die Arbeitsbeeinträchtigung in beiden Gruppen weiter ab. Die Ergebnisse zur allgemeinen Lebensqualität waren gemischt. Gezeigt werden konnte, dass sich die allgemeine Einschränkung durch körperliche Probleme in allen Gruppen nach 6 Monaten reduzierte. Die SRT- und KVT-I-Gruppe zeigten stärkere Verbesserungen als die SHA-Gruppe. Ansonsten konnte die SHA keine Effekte aufzeigen [10].

Diskussion

Ziel dieses Beitrags ist es, die Effekte der KVT‑I bei Frauen während der Wechseljahre zu untersuchen. Es hat sich herausgestellt, dass die KVT‑I für Frauen, die während der Wechseljahre an einer Insomnie leiden, eine effektive Therapie ist. Dabei sind die Ergebnisse der beiden Formen (Face to Face oder telefonbasiert) vergleichbar gut [1, 810].
Die KVT‑I sowie die SRT verbesserten depressive Symptome, maladaptives Denken und die somatische Übererregung. Die depressiven Symptome und maladaptiven Gedanken in Bezug auf Schlaf konnten in beiden Gruppen – KVT‑I und SRT – reduziert werden. Bei der Übererregung konnte die KVT‑I die dauerhaft größten Verbesserungen hervorrufen [1].
Der Effekt auf den Tag war bei der SRT und KVT‑I in vielen Aspekten vergleichbar. Beide Interventionen beeinflussten die Erschöpfungssymptome, die Energie tagsüber und die Arbeitsbeeinträchtigung positiv [10]. Die Effekte auf die allgemeine Lebensqualität waren gemischt. Das eindeutigste Ergebnis in der KVT-I- und SRT-Gruppe war die erhöhte Resilienz gegenüber körperlichen Problemen [10]. Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass Frauen, bei denen im ISI-Score keine Insomnie mehr zu erkennen war (ISI-Score < 7), eine bessere Resilienz gegenüber körperlichen und emotionalen Problemen und eine bessere Funktionsfähigkeit am Tag aufzeigten [10]. Generell konnte eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitsempfindens mit der Verbesserung der Insomniesymptome beobachtet werden [1, 810].

Fazit für die Praxis

  • Die kombinierte kognitive Verhaltenstherapie erwies sich in allen genannten Studien als erfolgswirksame Therapie bei Insomnie.
  • Für die alleinige Reduktion der Arbeitsbeeinträchtigung und bei Frauen, die weniger Interventionen wünschen, ist die Schlafrestriktionstherapie die Therapie der Wahl.
  • Verhaltenstherapeutische Interventionen zeigten sich in allen genannten Studien als wirkungsvoll und sollten bei Frauen während der Wechseljahre als Erstlinientherapie angewendet werden.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

S. Ott gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

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Literatur
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Zurück zum Zitat Kalmbach DA et al (2019) Treating insomnia improves depression, maladaptive thinking, and hyperarousal in postmenopausal women: Comparing cognitive- behavioral therapy for insomnia (CBTI), sleep restriction therapy, and sleep hygiene education. Sleep Med Kalmbach DA et al (2019) Treating insomnia improves depression, maladaptive thinking, and hyperarousal in postmenopausal women: Comparing cognitive- behavioral therapy for insomnia (CBTI), sleep restriction therapy, and sleep hygiene education. Sleep Med
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Metadaten
Titel
Kognitive Verhaltenstherapie für Frauen mit Insomnie in den Wechseljahren
verfasst von
Simona Ott
Publikationsdatum
28.08.2024

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