05.11.2019 | Insomnie | Originalien
Feldstudie zu verschiedenen Lichtsituationen mit steuerbarem Blauanteil bei industrieller Spätschicht
verfasst von:
Prof. Dr. A. Rodenbeck, M. Neuwirth, R. Özgüc, A. Wiater
Erschienen in:
Somnologie
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Ausgabe 4/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Helles Licht mit hohem Blauanteil kann die Wachheit erhöhen und rhythmusverschiebend wirken. Maß für diese biologischen, nicht-visuellen Funktionen ist die melanopisch wirksame Beleuchtungsstärke (mlx). Es existieren nur wenige Feldstudien bei Schichtarbeitern. Diese fokussieren vor allem auf Nachtschichten und zeigen eine heterogene Wirkung auf die sehr unterschiedlichen Zielparameter. Zwei Studien zu Spätschichten im Pflegebereich lassen Effekte in der zweiten Hälfte der Spätschicht erwarten.
Methoden
Wir untersuchten bei 37 Industriearbeitern in wöchentlicher Wechselschicht die Wirkung von Licht auf Schlaf und Schläfrigkeit nach jeweils drei bzw. vier Wochen Beleuchtung. Untersucht wurde stets während der Spätschichten. Durch ein eigens entwickeltes, steuerbares LED-System waren folgende Szenarien (L) möglich: Baseline (BL): kaltweiß (5000 K, 124 mlx), L1: warmweiß (2700 K, 123 mlx), L2: neutralweiß (4000 K, 281 mlx), L3: dynamisch (2700–6800 K, 123–272 mlx) und L4: kaltweiß (6800 K, 445 mlx). Die etablierten Messverfahren wurden mittels ANOVAs mit Messwiederholungen analysiert.
Ergebnisse
Schlafdauer und -qualität, Insomnieschweregrad und subjektive Schläfrigkeit blieben unter allen Bedingungen unverändert, während das generelle Wohlbefinden ab L2 kontinuierlich signifikant anstieg und die Stimmung unter BL am niedrigsten war. Unter L1 war die Zufriedenheit mit dem Licht signifikant am geringsten bei gleichzeitig höchster aktueller Wachheit. Die objektive Schläfrigkeit mittels Pupillografie war unter L2 und L3 tendenziell am geringsten, die Konzentrationsleistung im d2-Test unter BL.
Schlussfolgerung
In dieser ersten Feldstudie zur Wirkung von Licht mit steuerbaren Blauanteil, Lichtfarbe und -stärke bei Industriearbeitern in Spätschicht steigerte helles Licht mit hohem Blauanteil das allgemeine Wohlbefinden, ohne den Schlaf zu verschlechtern. Die objektive Schläfrigkeit verbesserte sich ebenfalls, sofern mit mindestens 250 mlx beleuchtet wurde. Die Ergebnisse bestätigen neue humanexperimentelle Studien, die auf die hohe Bedeutung einer effektiven Beleuchtungssituation morgens/vormittags hinweisen. Aufgrund produktionsbedingter Gegebenheiten kann derzeit nicht sicher eines der Szenarien L2–L4 präferiert werden.