Erschienen in:
25.08.2021 | Intelligenzminderung | Außer der Reihe
Versorgungssituation von Patient*innen mit geistiger Behinderung und Krebs in Deutschland
Bestandsaufnahme und Empfehlungen
verfasst von:
J. Mensah, M. Rohlf, J. Stockmann, S. Schwalen, D. Satgé, S. Schneider, N. T. Sibert, C. Breidenbach, J. Nicklas-Faust, T. Seufferlein, PD Dr. C. Kowalski
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 10/2021
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Zusammenfassung
Die Versorgungssituation für Menschen mit geistiger Behinderung und Krebserkrankung in Deutschland ist bisher weitgehend unbekannt. Daten aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland legen nahe, dass – bei im Vergleich zu Menschen ohne geistige Behinderung gleicher Erkrankungshäufigkeit – teils erhebliche onkologische Versorgungsdefizite für diese vulnerable Gruppe bestehen. Es ist davon auszugehen, dass das deutsche Gesundheitssystem auf die speziellen Bedarfslagen von an Krebs erkrankten Patient*innen mit geistiger Behinderung ähnlich unzureichend ausgelegt ist, wie dies für das europäische und außereuropäische Ausland bereits beschrieben wurde. Eine systematische Aufbereitung des Sachstands wird angesichts der Datenlage auch in Zukunft nicht möglich sein, sofern Gesundheitspolitik und Forschungsförderung nicht zeitnah gegensteuern. Dies ist angesichts der absehbar steigenden Krankheitslast aufgrund der insgesamt steigenden Zahl von Menschen mit geistigen Behinderungen, die ein höheres Lebensalter erreichen, allerdings dringend erforderlich. Für die Quantifizierung der vermuteten Versorgungslücke ist die fehlende Verfügbarkeit von Basisdaten zur Zielpopulation eine relevante Hürde. Beispielsweise liegen keine Informationen zur Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Menschen mit geistiger Behinderung im Sinne der WHO-Definition (ICD F70–F79) vor. Zugleich handelt es sich bei Menschen mit geistiger Behinderung um eine sehr heterogene Population mit unabhängig von einer Krebserkrankung unterschiedlichen und häufig unbekannten Bedarfen und Bedürfnissen. Wir umreißen hier kurz das Problem, stellen den internationalen Forschungsstand und die (limitierte) Datenlage in Deutschland dar und skizzieren aus Sicht der Autor*innen erforderliche Forschungsschritte und Empfehlungen für die Praxis. Hierzu gehören u. a. die bessere Erfassung von Menschen mit geistiger Behinderung zur Abbildung epidemiologischer Kennzahlen, bessere Früherkennungsroutinen zur Vermeidung verspäteter Diagnosen, Kommunikationsschulungen für Behandelnde und die Integration spezialisierter Krebsversorgung mit bestehenden Angeboten spezialisierter Versorgung für Menschen mit geistiger Behinderung.