Brauchen wir neue Biomarker bei der Sepsis?

Biologische Marker zur Sepsisdedektion sind etablierte Tools. Sie werden auch zur Therapiesteuerung (Antibiose) und zur Prognoseabschätzung eingesetzt. Doch den perfekten Sepsismarker gibt es immer noch nicht. Auch Procalcitonin (PCT) stößt schnell an seine Grenzen. Das PCT verdrängt zunehmend die klassischen Biomarker zur Sepsiserkennung (Fieberkurve, Leukozytenzahl und CRP). Eine Tendenz, die Prof. Markus Weigand (Uniklinikum Heidelberg) durchaus kritisch sieht: »PCT hat zwar eine gute Sensitivität und Spezifität, man darf diesen Parameter allerdings nicht ohne den klinischen und mikrobiologischen Kontext bewerten. Procalzitonin enttäuscht Auch die PCT-gesteuerte Antibiose bewertet er kritisch: »Sie verkürzt zwar Therapiedauer und damit Antibiotikaverbrauch, lässt aber die Mortalität praktisch unbeeinflusst«, gibt Weigand zu bedenken. Möglicherweise kommt es sogar unter der PCT-gesteuerten Antibiose zu einer Mortalitätserhöhung in der Größenordnung von 7 %. Das zeigt zumindest eine aktuelle Metaanalyse [1]. Methylglyoxal schlägt Procalcitonin Besonderes Potential hat für Weigand das Methylglyoxal, ein Stoffwechselprodukt der Glykolyse. Als Indikator der Sepsis ist dieser Parameter in puncto Sensitivität und Spezifität dem Procalcitonin deutlich überlegen. Es eignet sich auch als Verlaufsparameter [2]. Der Vorteil liegt darin, dass es die unmittelbar postoperative Sepsis besser erkennt. Hier scheitern die bisher üblichen Marker, da sie auf das OP-Trauma reagieren. Erschöpftes Immunsystem Eine völlig neue Perspektive der Sepsisdiagnostik eröffnet sich mit dem T-Zell/Monozyten Oberflächenprotein HLA-DER. »Hiermit lässt sich die Erschöpfung des Immunsystems aufzeigen«, so Weigand. Interessant scheint auch der Versuch den CD-64-Rezeptor auf neutrophilen Granulozyten als Biomarker der Sepsis auszuweisen. Erste experimentelle Studien weisen für CD 64 eine Sensitivität von 84 %, bei einer Spezifität von 85 % aus [3]. Vergessener Parameter: ROTEM Doch bereits jetzt gibt es eine Option, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. »In jeder größeren Klinik ist ein ROTEM, zur Bestimmung des Clot-Lyse-Index verfügbar. Der CLI kann in seiner diagnostischen Aussagekraft durchaus mit dem PCT mithalten«, so Weigand. In einer Studie erwies er sich sogar als überlegen [4]. Für ihn ist es deshalb unverständlich, warum man nicht häufiger auf diesen unkompliziert zu erhebenden Parameter zurückgreift. Am klinischen Bild orientieren Trotz moderner Labordiagnostik darf der profunde klinische Blick nicht zurückstehen. »Schauen sie den Patienten an, nutzen Sie den Horrorwitzquotienten, beachten sie das Fieber und schauen sie nach, ob der Katecholaminbedarf unter ihrer Behandlung sinkt. Wenn auch das Laktat fällt, dann können sie sicher sein, dass sie mit der Sepsistherapie auf dem richtigen Weg sind«, rät der Heidelberger Intensivmediziner. Literatur [1] HEYLAND, Daren K., et al. Procalcitonin for reduced antibiotic exposure in the critical care setting: A systematic review and an economic evaluation*. Critical care medicine, 2011, 39. Jg., Nr. 7, S. 1792-1799. [2] BRENNER, Thorsten, et al. Methylglyoxal as a new biomarker in patients with septic shock: an observational clinical study. Critical Care, 2014, 18. Jg., Nr. 6, S. 1-11. [3] [3] SUBERVIOLA, B., et al. Hospital mortality prognostication in sepsis using the new biomarkers suPAR and proADM in a single determination on ICU admission. Intensive care medicine, 2013, 39. Jg., Nr. 11, S. 1945-1952. [4] ADAMZIK, Michael, et al. Comparison of thromboelastometry with procalcitonin, interleukin 6, and C-reactive protein as diagnostic tests for severe sepsis in critically ill adults. Lung, 2010, 11. Jg., S. 0.

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