Beatmung: Was die reduzierte Sauerstoffgabe wirklich bringt

Patienten, für die auf der Intensivstation eine künstliche Beatmung vorgesehen ist, profitieren offenbar nicht von einer eher restriktiv gehandhabten Sauerstofftherapie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Den Ergebnissen einer Metaanalyse aus demvergangenen Jahr zufolge ist bei Patienten, die mechanisch beatmet werden müssen, eine eher freizügige Sauerstoffapplikation mit einer höheren Sterberate assoziiert als eine konservativer gehaltene Strategie mit restringierter Sauerstoffzufuhr (Lancet 2018;391/10131:1693–1705). Nach Ansicht australischer und neuseeländischer Intensivmediziner fehlen bisher gute klinische Daten dazu, welche Strategie bei Patienten, die beatmet werden müssen, tatsächlich besser ist. Akustisches Signal als Trigger Deshalb haben die Ärzte um Dr. Paul Young vom Wellington Regional Hospital in Wellington South in Neuseeland in der Studie ICU-ROX (Intensive Care Unit Randomized Trial Comparing Two Approaches to Oxygen Therapy) den Nutzen der beiden Vorgehensweisen bei fast 1000 Patienten überprüft. Teilnehmen konnten Patienten, die nicht länger als zwei Stunden eine invasive mechanische oder aber eine nicht invasive Beatmung auf der Intensivstation erhalten hatten. Primärer Endpunkt der Studie war die Zahl der Tage ohne Beatmung bis zum Tag 28 nach der Randomisierung. Sekundäre Endpunkte waren Tod jedweder Ursache 90 und 180 Tage nach der Randomisierung, Überlebenszeit, Kognition und gesundheitsbezogene Lebensqualität an Tag 180 sowie Mortalität. In beiden Studiengruppen durfte die per Pulsoxymetrie gemessene Sauerstoffsättigung (SpO2) standardmäßig nicht unter 90% sinken. Das Unterschreiten wurde durch ein akustisches Signal angezeigt. Allerdings konnten behandelnde Ärzte diesen Wert anpassen. Bei einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck (pO2) unter 60 mmHg oder bei einer arteriellen Sauerstoffsättigung, die niedriger als der per Pulsoxymetrie gemessene noch zu akzeptierende Wert war, konnte nach dem Ermessen des behandelnden Arztes die inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FiO2) erhöht werden. In der Gruppe der Studienteilnehmer mit üblicher Sauerstofftherapie (n = 481) war per Protokoll keine Obergrenze für SpO2 festgelegt worden. Jeder Wert über dem Mindestwert wurde akzeptiert. Der FiO2-Wert durfte jedoch nicht unter 0,3 liegen. Kein signifikante Unterschied bei der Zahl der Tage ohne Beatmung In der Gruppe mit eher restriktiver Strategie war festgelegt worden, die niedrigste erforderliche Sauerstoffmenge zu verabreichen, um noch eine akzeptable SpO2 zu erzielen. Lag der FiO2-Wert über 0,21, sollte er in mindestens 0,05er-Schritten maximal alle 30 Minuten gesenkt werden, bis 0,21 erreicht wurden oder bis die Sauerstoffsättigung unter den Zielwert gesunken war. Wenn die Sauerstoffsättigung über 97% lag, galt dies als Notfallsituation, solange der FiO2-Wert nicht bei 0,21 lag. Wie die Ärzte berichten, gab es am Tag 28 zwischen beiden Gruppen keinen signifikanten Unterschied bei der Zahl der Tage ohne Beatmung: Sie betrug mit zurückhaltender Sauerstoffapplikation median 21,3 Tage, mit üblicher Strategie median 22,1 Tage. Auch beim sekundären Endpunkt Sterberate nach median 186 Tagen gab es keinen Unterschied (36% versus 35%). Einzig in einer Subgruppenanalyse stellte sich heraus, dass am Tag 28 unter den Patienten mit Verdacht auf eine hypoxisch-ischämische Enzephalopathie als Folge einer Asphyxie die Zahl der Tage ohne Beatmung in der Gruppe mit konservativer Sauerstoffapplikation höher war (median 21 Tage versus 0 Tage mit üblicher Sauerstoffversorgung). Nach 180 Tagen waren 37 von 86 Patienten (43%) bzw. 46 von 78 Patienten (59%) gestorben. Möglicher Nutzen bei bestimmten Patienten? Dieses Subgruppenergebnis sei zumindest ein Hinweis auf einen möglichen Nutzen der eher restriktiven Handhabung der Sauerstoffapplikation, so die Ärzte. Eine plausible Erklärung sei, dass durch die eingeschränkte Zufuhr von Sauerstoff die Inzidenz sekundärer Hirnschäden nach Wiederbelebung bei Herzstillstand vermindert werde. Bisherigen Beobachtungen zufolge ist eine induzierte Hyperoxämie für die Patienten schädlich. Dies sei allerdings eher als hypothesengenerierend zu bewerten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Lässt sich durch eine restriktivere Sauerstofftherapie und damit eine eher konservative Strategie die beatmungsfreie Zeit bei intensivmedizinisch versorgten Patienten verlängern? Antwort: Im Vergleich zur Beatmung ohne Begrenzung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration ist die konservative Strategie nicht mit einer Verlängerung der beatmungsfreien Zeit verbunden. Bedeutung: Möglicherweise beeinflusst die konservative Strategie die Mortalität in Subgruppen positiv. Einschränkung: Keine Informationen zu Lebensqualität und Kognition, keine Aussage zu leichter erkrankten Patienten möglich.

Springer Medizin

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