28.06.2016 | Intoxikationen | Originalien | Ausgabe 1/2017
Open Access
Charakteristika von intoxikierten Patienten der Christophorus Flugrettung
Eine retrospektive Kohortenbeobachtungsstudie der Jahre 2006–2012
- Zeitschrift:
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Notfall + Rettungsmedizin
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Ausgabe 1/2017
- Autoren:
- Dr. J. Kramer, J. Eisinger, R. Kraxner, Univ. Prof. Dr. W. Schreiber, Dr. R. van Tulder
Zusammenfassung
Hintergrund
Die Abklärung eines Patienten mit einer akuten Vergiftung stellt gerade für den Rettungsdienst aufgrund mangelnder diagnostischer Möglichkeiten eine große Herausforderung dar. Ziel dieser Studie war es, das Kollektiv der Patienten, welche mit der Hauptdiagnose „Intoxikation“ von einem Notarzthubschrauber des Christophorus Flugrettungsvereins (CFV) versorgt wurden, zu analysieren und zu beschreiben.
Material und Methoden
In diese retrospektive Kohortenbeobachtungsstudie wurden alle Einsätze des CFV mit der Hauptdiagnose „Intoxikation“ zwischen 01.01.2006 und 31.12.2012 eingeschlossen. Die deskriptive statistische Analyse der Daten sowie die Auswertung des Subgruppenvergleichs erfolgten mit der Statistik- und Analysesoftware IBM SPSS®.
Ergebnisse
Es wurden 599 Einsätze in die Analyse eingeschlossen. Davon waren 564 (94,2 %) Primäreinsätze und 35 (5,8 %) Sekundäreinsätze. Der Anteil der Männer lag bei 50,9 % (n = 305). 77 % (n = 461) des Gesamtkollektivs waren Erwachsene (≥20 Jahre). Die häufigste Alarmierungsdiagnose lautete „Intoxikation“ (48,7 %, n = 292), gefolgt von „Bewusstseinsstörung“ (20,7 %, n = 124). Die mediane Einsatzdauer lag bei 50 (38–64) Minuten. In 78,1 % (n = 468) der Einsätze wurde der Patient mit dem Notarzthubschrauber hospitalisiert. Mit 211 (35,2 %) Fällen waren die Medikamentenintoxikationen führend, gefolgt von 104 (17,4 %) Alkoholvergiftungen und 99 (16,5 %) Mischintoxikationen. Der mediane National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) Score lag bei 4 (3–4). Auf der Glasgow Coma Scale (GCS) waren 2 Gipfel festzustellen, einer lag mit 28,7 % (n = 172) bei 15 Punkten, der andere bei 3 Punkten (16,2 %, n = 97). Medikamentenintoxikationen traten bei Frauen signifikant häufiger auf (n = 144 vs. n = 67, p < 0,001), Männer waren hingegen signifikant häufiger von Alkohol- (n = 70 vs. n = 34, p = 0,001) und/oder Drogenintoxikationen (n = 41 vs. n = 13, p < 0,001) betroffen. Patienten mit Alkoholintoxikation haben einen signifikant niedrigeren NACA-Score als jene mit Medikamenten- oder Mischintoxikation (p < 0,001). Der GCS-Score ist bei Patienten mit Mischintoxikation signifikant niedriger als bei jenen mit einer Alkohol- (p <0,05) oder Medikamentenvergiftung (p = 0,03).
Zusammenfassung
Reine Medikamenten- und Alkoholintoxikationen machten mehr als die Hälfte aller Einsätze im Kollektiv derer mit der Hauptdiagnose Intoxikation aus. Es gibt speziell innerhalb dieser Substanzklassen signifikante Unterschiede im Geschlecht; im Gesamtkollektiv ist das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Patienten ausgeglichen.