Hochdosis-Insulin rettet Frau nach Betablocker-Intoxikation

Eine 54-jährige Frau mit einer Intoxikation durch Betablocker und Kalziumantagonisten, die nicht auf eine konventionelle Antidottherapie ansprach, konnte durch eine hochdosierte Insulintherapie gerettet werden. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Internisten um Dr. Karan Seegobin von der University of Florida, College of Medicine in Jacksonville berichten über eine 54-jährige Hypertonikerin mit Schmerzen in der Bauchregion, die in suizidaler Absicht eine Überdosis an Hydrochlorothiazid, Doxazosin, Atenolol und Amlodipin geschluckt hatte. Der Blutdruck lag bei Aufnahme in die Notfallambulanz bei 75/53 mmHg, der Puls bei 50 und die Atemfrequenz bei 18 pro Minute. Die pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung betrug 100%. Die Pupillenweite lag bei 4 mm bei fehlender Lichtreaktion. Im EKG wurde eine Bradykardie mit einer Frequenz von 48/Min. sichtbar. Die Auswurffraktion betrug 60%. Noch in der Notaufnahme wurde die Frau intubiert. Start der Insulintherapie mit 1 U/kg/h Auf der Intensivstation erhielt die Patientin eine intravenöse Volumensubstitution, Aktivkohle, 5 mg Glukagon und danach eine Glukagoninfusion mit 5 mg/Stunde sowie 10%iges Kalziumglukonat und Atropin, allerdings ohne Auswirkung auf Blutdruck und Herzfrequenz. Die Insulinapplikation startete mit 1 U/kg/h und wurde auf 4 U/kg/h hochtitriert. Um die Euglykämie zu halten, wurde 10% Dextrose verabreicht. Die Nierenfunktion wurde überwacht und ein Kaliumersatz vorgenommen. Um den Blutdruck zu stabilisieren, war eine Behandlung mit den Vasopressoren Noradrenalin, Vasopressin, Phenylephrin, Adrenalin und Dopamin erforderlich, und zwar bis zur maximal applizierbaren Dosis. In der Hoffnung, das Atenolol eliminieren zu können, begannen die Ärzte eine Dialyse und verabreichten eine Lipidemulsion. Trotzdem normalisierten sich weder Blutdruck noch Puls. Auch weiterhin waren die maximale Glukagondosis sowie die fünf Vasopressoren erforderlich. So wurde am Tag 2 nach der Notaufnahme die Insulindosis auf 10 U/kg/h erhöht und die Dextrose auf 20%. Zwei Stunden nach Erreichen der maximalen Insulindosis verbesserten sich die Blutdruck- und Pulswerte, der mittlere arterielle Blutdruck hielt sich über 65 mmHg. Innerhalb der folgenden acht Stunden konnten Adrenalin, Dopamin und Phenylephrin abgesetzt werden, die Noradrenalindosis wurde auf zwei Mikrogramm/Min. gesenkt. Innerhalb der folgenden sechs Stunden wurden Noradrenalin und Vasopressin abgesetzt. Bei stabiler Hämodynamik war dies auch für Insulin und Glukagon möglich. Blutdruck und Puls blieben stabil. Komplikationen durch Lungenödem und Hypoglykämie Allerdings kam es während des stationären Aufenthaltes zu Komplikationen durch ein Lungenödem und eine Hypoglykämie während des Absetzens des Insulins. Die Unterzuckerung hielt noch 48 Stunden nach Beendigung der Insulintherapie an. Beidem konnte durch eine Dialyse und Applikation von 20%iger Dextrose wirksam begegnet werden. Nach 24 Stunden hatte die Notfallpatientin kein Lungenödem mehr, weshalb die Dialyse beendet wurde. Die Dextroseapplikation wurde bis 48 Stunden später ausgeschlichen. Am Tag 6 konnte die Frau schließlich extubiert und gesund entlassen werden. Im Antidotarium der Roten Liste sind bei Vergiftungen mit Betablockern Glukagon sowie Insulin/Glukose aufgeführt, bei Intoxikationen mit Kalziumantagonisten Kalziumglukonat und Insulin/Glukose. Die US-Ärzte erinnern daran, dass Insulin positiv inotrope Eigenschaften hat, da es die Aufnahme von Kohlenhydraten durch die Herzmuskelzellen erleichtert. Zudem ließen sich durch exogenes Insulin Insulinresistenz und -mangel als toxische Nebenwirkung von Kalziumblockern gegensteuern. Außerdem wirke es in dieser Dosis gefäßerweiternd. Vorteil der hochdosierten Insulintherapie sei schließlich, dass sie nicht transient sei wie das normal dosierte Hormon. Das Wichtigste in Kürze Frage: Ist hochdosiertes Insulin bei Hypertonikaintoxikation nach erfolgloser konventioneller Therapie als Antidot noch wirksam? Antwort: Mit 10 U/kg/h Insulin gelingt es nach Intoxikation durch Betablocker und Kalziumantagonisten, die Hämodynamik wieder zu stabilisieren. Bedeutung: Patienten nach einer Hypertonikaintoxikation profitieren von einer frühzeitigen Behandlung mit hochdosiertem Insulin nicht erst nach Versagen der konventionellen Therapie. Einschränkung: Es handelt sich um eine Kasuistik.

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