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Erschienen in: Rechtsmedizin 6/2019

23.09.2019 | Intoxikationen | Originalien

Lithiumnachweis bei exhumierten Leichen

Vergleichende Untersuchungen von Knochensubstanz und Erdreich bei V. a. todesursächliche Lithiumintoxikation

verfasst von: A. Stöver, G. Roider, B. Schwarze, S. Staudt, M. Graw, J. Schöpfer

Erschienen in: Rechtsmedizin | Ausgabe 6/2019

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Zusammenfassung

Hintergrund

Lithiumsalze finden in der psychiatrischen Therapie seit Jahrzehnten Anwendung. Der endogene Lithiumgehalt der Organe und Körperflüssigkeiten ist ebenso wie der medikamentös bedingte heterogen. Entsprechend aussagekräftige Vergleichsdaten in der Literatur zur endogenen oder zur medikamentös bedingten Lithiumaufnahme und -verteilung im Leichnam bei weit fortgeschrittener Degradation bzw. der Möglichkeit einer Vertragung aus oder in umgebendes Erdreich existieren bis dato allerdings nicht.
In Anbetracht der fehlenden ausreichenden Literaturangaben zur postmortalen Lithiumkonzentration im Knochen mit oder ohne Lithiummedikation schienen Untersuchungen diesbezüglich sinnvoll.

Material und Methode

Das Untersuchungskollektiv umfasste insgesamt 5 im Erwachsenenalter Verstorbene (bezeichnet mit „I“ bis „V“) zuzüglich des ggf. vorhandenen Erdreichs der Leichenfundorte (Erdgrab; n = 3). Das zu analysierende Probenmaterial von Röhrenknochen und Knochenmark (Femur) sowie entsprechende Erdproben wurden nach exakter Wägung und geeigneter Probenvorbereitung mittels Graphitrohr-AAS (Graphitrohr-Atomabsorptionsspektrometer, Spektrometer ZEEnit650 Graphitrohr, Analytik Jena) gegen eine wässrige Kalibration gemessen und bei entsprechender Notwendigkeit im niedrigen Konzentrationsbereich mittels Standard-Additionsverfahren gemessen.

Ergebnisse

Die nachgewiesenen Lithiumkonzentrationen in den Skelettproben von Fall I sowie der Fälle II und III (kein Anhalt für Lithiumtherapie) lagen für Knochen bei ca. 70–130 µg/kg Feuchtgewicht und für Knochenmark bei ca. 10–20 µg/kg Feuchtgewicht. Sie differierten im Vergleich zur Lithiumkonzentration bei Lithiumdauermedikation für Knochen um den Faktor ca. 200 bzw. für Knochenmark um den Faktor ca. 400. Weiter zeigte sich, dass sämtliche gemessenen Knochenmarkkonzentrationen im Vergleich zu den Konzentrationen in Röhrenknochen signifikant niedriger lagen.

Schlussfolgerung

Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurden bei bis dato fehlenden Vergleichswerten in der Literatur die Lithiumkonzentrationen in Knochen‑, Knochenmark- und Erdgrabproben von exhumierten bzw. aus dem Erdboden geborgenen Leichen untersucht und mit entsprechenden Analyseergebnissen bei Lithiumdauertherapie verglichen. Die in der Knochensubstanz lithiummedizierter und -nichtmedizierter Verstorbener gefundenen Lithiumkonzentrationen differierten statistisch hochsignifikant um etwa 2 ∙ 102 bis 4 ∙ 102.
Eine Messung der Lithiumkonzentration bei fortgeschritten degradierten bzw. skelettierten Leichen in Knochenmark und/oder nur Knochen erscheint auf dem Boden der vorliegenden Ergebnisse auch ohne zusätzlich vorliegende Blutspiegelanalyse und Erdgrabproben zur Beurteilung einer zum Todeszeitpunkt bestehenden Lithiummedikation bzw. -intoxikation als nach strafrechtlichen Gesichtspunkten bereits ausreichend aussagekräftig.
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Metadaten
Titel
Lithiumnachweis bei exhumierten Leichen
Vergleichende Untersuchungen von Knochensubstanz und Erdreich bei V. a. todesursächliche Lithiumintoxikation
verfasst von
A. Stöver
G. Roider
B. Schwarze
S. Staudt
M. Graw
J. Schöpfer
Publikationsdatum
23.09.2019
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Intoxikationen
Erschienen in
Rechtsmedizin / Ausgabe 6/2019
Print ISSN: 0937-9819
Elektronische ISSN: 1434-5196
DOI
https://doi.org/10.1007/s00194-019-00349-0

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