Einführung
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlagen
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Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz, TPG; [4]),
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Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V; [5]),
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Landesrecht: Gesetze der Bundesländer zur Ausführung des TPG (AGTPG), regelt u. a. Qualifikation, organisationsrechtliche Stellung etc.,
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Richtlinien (RL) der Bundesärztekammer, z. B. RL BÄK Spendererkennung [6],
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Vorgaben von Gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA), DSO, ET etc.
Rechtliche Vorgaben für den Transplantationsbeauftragten
TPG § 1a Begriffsbestimmungen | 2. sind vermittlungspflichtige Organe die Organe Herz, Lunge, Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse und Darm … 5. sind nächste Angehörige in der Rangfolge ihrer Aufzählung a) der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner b) die volljährigen Kinder c) die Eltern oder, sofern der mögliche Organ- oder Gewebespender zur Todeszeit minderjährig war und die Sorge für seine Person zu dieser Zeit nur einem Elternteil, einem Vormund oder einem Pfleger zustand, dieser Sorgeinhaber d) die volljährigen Geschwister e) die Großeltern |
TPG § 3 Entnahme mit Einwilligung des Spenders | (1) Die Entnahme von Organen oder Geweben ist, soweit in § 4 oder § 4a nichts Abweichendes bestimmt ist, nur zulässig, wenn 1. der Organ- oder Gewebespender in die Entnahme eingewilligt hatte 2. der Tod des Organ- oder Gewebespenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist und 3. der Eingriff durch einen Arzt vorgenommen wird … |
(2) Die Entnahme von Organen oder Geweben ist unzulässig, wenn 1. die Person, deren Tod festgestellt ist, der Organ- oder Gewebeentnahme widersprochen hatte 2. nicht vor der Entnahme bei dem Organ- oder Gewebespender der endgültige, nichtbehebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist | |
TPG § 4 Entnahme mit Zustimmung anderer Personen | (1) Liegt dem Arzt, der die Organ- oder Gewebeentnahme vornehmen oder unter dessen Verantwortung die Gewebeentnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 2 vorgenommen werden soll, weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch des möglichen Organ- oder Gewebespenders vor, ist dessen nächster Angehöriger zu befragen, ob ihm von diesem eine Erklärung zur Organ- oder Gewebespende bekannt ist. Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist die Entnahme unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Satz 2 und Abs. 2 Nr. 2 nur zulässig, wenn ein Arzt den nächsten Angehörigen über eine infrage kommende Organ- oder Gewebeentnahme unterrichtet und dieser ihr zugestimmt hat |
(2) Der nächste Angehörige ist nur dann zu einer Entscheidung nach Abs. 1 befugt, wenn er in den letzten 2 Jahren vor dem Tod des möglichen Organ- oder Gewebespenders zu diesem persönlichen Kontakt hatte | |
TPG § 5 Nachweisverfahren | (1) Feststellungen des IHA nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 sind jeweils durch 2 dafür qualifizierte Ärzte zu treffen, die den Organ- oder Gewebespender unabhängig voneinander untersucht haben … |
(2) Die an den Untersuchungen nach Abs. 1 beteiligten Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe oder Gewebe des Spenders beteiligt sein. Sie dürfen auch nicht Weisungen eines Arztes unterstehen, der an diesen Maßnahmen beteiligt ist. Die Feststellung der Untersuchungsergebnisse und ihr Zeitpunkt sind von den Ärzten unter Angabe der zugrunde liegenden Untersuchungsbefunde unverzüglich jeweils in einer Niederschrift aufzuzeichnen und zu unterschreiben … | |
TPG § 7 Datenverarbeitung, Auskunftspflicht | (2) Zur unverzüglichen Auskunft über die nach Abs. 1 erforderlichen Daten sind verpflichtet: [...] |
6. der Transplantationsbeauftragte des Entnahmekrankenhauses | |
TPG § 9a Entnahmekrankenhäuser | 1) Entnahmekrankenhäuser sind die nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zugelassenen Krankenhäuser, die nach ihrer räumlichen und personellen Ausstattung in der Lage sind, Organentnahmen von möglichen Spendern nach § 3 oder § 4 nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 Satz 5 zu ermöglichen … |
2) Die Entnahmekrankenhäuser sind verpflichtet 1. den endgültigen, nichtbehebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms von Patienten, die nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen, nach § 5 festzustellen und der Koordinierungsstelle nach § 11 unverzüglich mitzuteilen; kommen diese Patienten zugleich als Gewebespender in Betracht, ist dies gleichzeitig mitzuteilen 2. sicherzustellen, dass die Zuständigkeiten und Handlungsabläufe zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Gesetz in einer Verfahrensanweisung festgelegt und eingehalten werden … 4. sicherzustellen, dass das von ihnen eingesetzte medizinische Personal für seine Aufgaben qualifiziert ist … 6. sicherzustellen, dass alle Todesfälle mit primärer oder sekundärer Hirnschädigung sowie die Gründe für eine nichterfolgte Feststellung oder für eine nichterfolgte Meldung nach Nr. 1 oder andere der Organentnahme entgegenstehende Gründe erfasst und die Daten der Koordinierungsstelle nach § 11 mindestens einmal jährlich anonymisiert übermittelt werden | |
TPG § 9b Transplantationsbeauftragte | (1) Die Entnahmekrankenhäuser bestellen mindestens einen ärztlichen Transplantationsbeauftragten, der für die Erfüllung seiner Aufgaben fachlich qualifiziert ist. Hat ein Entnahmekrankenhaus mehr als eine Intensivstation, soll für jede dieser Stationen mindestens ein Transplantationsbeauftragter bestellt werden. Der Transplantationsbeauftragte ist in Erfüllung seiner Aufgaben unmittelbar der ärztlichen Leitung des Entnahmekrankenhauses unterstellt. Er ist bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unabhängig und unterliegt keinen Weisungen. Die Entnahmekrankenhäuser stellen sicher, dass der Transplantationsbeauftragte seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann, und unterstützen ihn dabei. Die Entnahmekrankenhäuser stellen insbesondere sicher, dass 1. der Transplantationsbeauftragte hinzugezogen wird, wenn Patienten nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen 2. der Transplantationsbeauftragte zur Wahrnehmung seiner Aufgaben ein Zugangsrecht zu den Intensivstationen des Entnahmekrankenhauses erhält 3. dem Transplantationsbeauftragten zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Abs. 2 Nr. 5 alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden und 4. durch Vertretungsregelungen die Verfügbarkeit eines Transplantationsbeauftragten gewährleistet ist Die Kosten für fachspezifische Fort- und Weiterbildungen der Transplantationsbeauftragten sind von den Entnahmekrankenhäusern zu tragen |
(2) Transplantationsbeauftragte sind insbesondere dafür verantwortlich 1. dass die Entnahmekrankenhäuser ihrer Verpflichtung nach § 9a Ab. 2 Nr. 1 nachkommen 2. dass die Angehörigen von Spendern nach § 3 oder § 4 in angemessener Weise begleitet werden 3. die Verfahrensanweisungen nach § 9a Ab. 2 Nr. 2 zu erstellen 4. dass das ärztliche und pflegerische Personal im Entnahmekrankenhaus über die Bedeutung und den Prozess der Organspende regelmäßig informiert wird 5. alle Todesfälle mit primärer oder sekundärer Hirnschädigung in jedem Einzelfall, insbesondere die Gründe für eine nichterfolgte Feststellung oder eine nichterfolgte Meldung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 oder andere der Organentnahme entgegenstehende Gründe, auszuwerten und 6. dass der Leitung des Entnahmekrankenhauses mindestens einmal jährlich über die Ergebnisse der Auswertung nach Nr. 5 über ihre Tätigkeit und über den Stand der Organspende im Entnahmekrankenhaus berichtet wird | |
(3) Transplantationsbeauftragte sind so weit freizustellen, wie es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben und zu ihrer Teilnahme an fachspezifischer Fort- und Weiterbildung erforderlich ist. Die Freistellung erfolgt mit einem Anteil von mindestens 0,1 Stellen bei bis zu je 10 Intensivbehandlungsbetten. In Entnahmekrankenhäusern, die Transplantationszentren nach § 10 Abs. 1 sind, muss die Freistellung insgesamt eine ganze Stelle betragen. Die Entnahmekrankenhäuser erhalten Ersatz für die Aufwendungen für die Freistellung der Transplantationsbeauftragten. Die zweckentsprechende Mittelverwendung ist gegenüber der Koordinierungsstelle nachzuweisen | |
(4) Das Nähere, insbesondere zu der erforderlichen Qualifikation und organisationsrechtlichen Stellung der Transplantationsbeauftragten, wird durch Landesrecht bestimmt | |
TPG § 14 Datenschutz | … Anwendung der Vorschriften über den Datenschutz gemäß § 40 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes … Die … an der Organ- oder Gewebeentnahme, der Organvermittlung oder -übertragung … beteiligten Personen … dürfen personenbezogene Daten der Spender und der Empfänger nicht offenbaren |
Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung) | I.1 Auftrag Gegenstand dieser Richtlinie … ist die Erkennung von Patienten, die nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen (potenzielle Organspender) |
II.1 Voraussetzung des Erkennens eines potenziellen Spenders … Ob und welche Organe eines potenziellen Spenders sich tatsächlich zur Transplantation eignen, ist im Zweifelsfall durch das Entnahmekrankenhaus unter Hinzuziehung des Transplantationsbeauftragten und gemeinsam mit der Koordinierungsstelle zu klären | |
II.2 Verlaufsbeobachtung – klinische Symptome Ärztliches und pflegerisches Personal sowie Transplantationsbeauftragte sollen bei beatmeten Patienten mit akuter primärer oder sekundärer Hirnschädigung auf klinische Zeichen achten, die auf einen irreversiblen Hirnfunktionsausfall hindeuten können. … Zur ärztlichen Beurteilung potenzieller Organspender ist der Transplantationsbeauftragte hinzuzuziehen (nach § 9b Abs. 1 S. 6 Nr. 1 TPG) | |
III Therapiezielfindung bei potenziellen Organspendern … Ärztliches Personal in der Intensivmedizin sowie Transplantationsbeauftragte sollten spätestens bei unmittelbar bevorstehendem oder vermutetem irreversiblen Hirnfunktionsausfall bereits erste orientierende Gespräche („Therapie‑, Therapieziel- und Prognosegespräche“) mit den Patientenvertretern hinsichtlich einer Therapiezielfindung suchen | |
III.1 Therapie‑, Therapieziel- und Prognosegespräche … Förderlich für das Vertrauensverhältnis ist es, wenn diese Gespräche möglichst durch einen der behandelnden Ärzte oder den Transplantationsbeauftragten geführt werden. Die Koordinierungsstelle kann unterstützend hinzugezogen werden | |
AGTPG | Landesrecht regelt die |
– Bestellung eines TxB durch die Krankenhäuser | |
– Qualifikation des TxB | |
– rechtliche Stellung des TxB innerhalb der Entnahmekrankenhäuser | |
– schriftliche Vorgaben für alle in den Abauf der Spendererkennung und Organspende involvierten Personen | |
– Begleitung von Angehörigen | |
– Übermittlung und Qualitätssicherung aller Todesfälle durch primäre oder sekundäre Hirnschädigung an die DSO durch den TxB | |
– Sicherstellung von Fortbildungen aller in den Prozess involvierten Mitarbeitenden der Entnahmekrankenhäuser |
Stellung, Rechte und Pflichten
Aufgaben
Qualifikatorische Anforderungen an den Transplantationsbeauftragten
Angehörigenbegleitung
Umsetzung der Rechtsvorschriften am Universitätsklinikum Regensburg
Implementierung des Transplantationsbeauftragten
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Da das UKR mehrere Intensivstationen unterhält, wurde auf den relevanten Intensivstationen je ein TxB benannt, der sich in Teilzeit (Stellenanteil 0,25) u. a. um die Spenderevaluation vor Ort kümmert. Unterstützt wird das TxB-Team (eine Oberärztin und 3 Oberärzte, in der Summe eine Vollkraftstelle) durch eine Ärztin der Stabsabteilung Qualitätsmanagement.
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Es wurde ein 24/7-Rufdienst mit Konsiliarfunktion für den TxB eingerichtet, sodass rund um die Uhr ein kompetenter Ansprechpartner in Fragen der Organspende für die Intensivstationen und die interdisziplinäre Notaufnahme zur Verfügung steht.
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Um für den Bereich Organspende und Organentnahme Schnittstellen bzw. Zuständigkeiten zu klären und Handlungsabläufe zu optimieren, wurden eine hausinterne „standard operating procedure“ (SOP) „IHA und Organspende“ sowie ein Ablaufschema „Meldung bei schwersten Schädigungen der Hirnfunktion“ zur Evaluation einer potenziellen Organspende erarbeitet und in den relevanten Arbeitsbereichen bekanntgegeben sowie im Qualitätsmanagementdokumentationssystem „roXtra“ hinterlegt.
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Es werden regelmäßige Fort- bzw. Weiterbildungen für die Mitarbeitenden (ärztliches und pflegerisches Personal) der Intensivstationen und der interdisziplinären Notaufnahme durch die TxB veranstaltet.
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Zur Qualitätssicherung der Identifikation potenzieller Organspender werden zusammen mit den relevanten Abteilungen und einer regionalen Vertreterin der DSO 4‑ bis 6‑mal/Jahr sog. „Qualitätszirkel Organspende“ abgehalten. Hierbei erfolgen retrospektive Einzelfallanalysen, die im Vorfeld durch den leitenden TxB zusammen mit der Ärztin des Qualitätsmanagements mithilfe eines Programms zur Selektion von Daten Verstorbener mit einer relevanten Hirnschädigung (DSO-TransplantCheck) vorbereitet wurden [15]. Im Nachgang erfolgt die klinikinterne Dokumentation der Inzidenz von Todesfällen nach primärer und sekundärer Hirnschädigung mit möglicher Indikation zur Organspende, ebenfalls im Programm TransplantCheck.
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Nach der statistischen Auswertung aller potenziellen und realisierten Organspenden erfolgt durch den leitenden TxB ein jährlicher Bericht an die Krankenhausleitung und an den „Lenkungsausschuss Transplantationsmedizin“.
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Beratung und Unterstützung des behandelnden Intensivteams während des gesamten Organspendeprozesses, auch über den Einsatz ggf. supportiver organprotektiver Maßnahmen zur Spenderkonditionierung.
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Kontaktpflege zur DSO im Allgemeinen und insbesondere im Vorfeld einer potenziellen Organspende sowie Unterstützung der DSO-Koordinatoren vor Ort bei der Organisation der Organentnahme durch die TxB.
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Bei Wunsch des Behandlungsteams Aufklärung, Begleitung und Betreuung der An- bzw. Zugehörigen von Organspendern durch den TxB.
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Einzelne Intensivpflegekräfte wurden nach entsprechender Fortbildung für die Aufgabenerfüllung der TxB miteingebunden.
Komplexer Fall einer Organspendeevaluation
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Weiterführung der Therapieanstrengungen bei äußerst schlechter Prognose aufgrund des Willens des Patienten,
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Zulassen des Sterbens mit Symptomlinderung („best supportive care“) und Sterbebegleitung aufgrund des Willens des Patienten nach negativer Klärung der Organspendeoption,
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Fortführung der bisherigen intensivmedizinischen Maßnahmen bis zur endgültigen Feststellung des IHA nach positiver Klärung der Organspendeoption sowie anschließende überbrückende Organprotektion bis zur Organspende [6].
Resümee
Fazit für die Praxis
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Der Transplantationsbeauftragte (TxB) unterliegt gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen.
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Er ist vom Entnahmekrankenhaus zu stellen. Seine Qualifikation muss sichergestellt werden.
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Er koordiniert sämtliche im Organspendeprozess notwenigen Schritte von der Spendererkennung über die Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) bis zur Spenderevaluation.
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Er ist für die Fort-und Weiterbildung bezüglich der Organspende innerhalb des Krankenhauses verantwortlich.
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Er legt Verfahrensanweisungen für die Spendererkennung und den gesamten Organspendeprozess fest und ist für die Qualitätssicherung des gesamten Spendeprozesses, u.a. mittels retrospektiver Todesfallanalysen verantwortlich.
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Er ist für die Mitbetreuung der An- bzw. Zugehörigen in Zusammenarbeit mit dem Intensivteam und der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zuständig.