Was Social Media den Arztpraxen und Kliniken bringt

Facebook, Instagram, Bewertungsportale, "Dr. Google": Arztpraxen und Krankenhäuser kommen nicht mehr am Internet vorbei. Bestimmte Entwicklungen können dabei für Ärzte und Patienten von Nutzen sein – oder auch nicht. Mal ganz ehrlich: Lohnt sich ein Facebook-, Instagram- oder Youtube-Auftritt für Praxen oder Krankenhäuser im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung? Schließlich ist der Aufwand – wenn es denn etwas bringen soll – immens, und eigentlich kann sich keiner über zu wenige Patienten beschweren. Ganz davon abgesehen, sind es eher die Ärzte, die derzeit zur Mangelware werden. Ja, ein Krankenhaus sollte in den sozialen Medien präsent sein, meint Dr. Uwe Kage, Klinikdirektor des Krankenhauses Sachsenhausen in Frankfurt am Main. Die Erfahrungen etwa mit Facebook empfindet Kage jedenfalls positiv, auch wenn nicht alle Mitarbeiter oder Patienten immer den Daumen hochhalten. Ob sich die sechsstellige Investition in die Pflege von Homepage, Veranstaltungen, Publikationen oder Facebook rechnet, lässt sich nicht leicht beantworten. Das gibt Kage zu. Aber ein positives Image zu erzeugen, ist auch für die mittlerweile schwierig gewordene Personalakquise ein eindeutiges Pro-Argument für die Aktivitäten in Social Media, sagte Kage auf der hauseigenen Veranstaltung: "Internet trifft Medizin – Fluch oder Segen?" Auch seien die Reaktionen von Social-Media-Nutzern eine gute Rückmeldung, um eigene Fehler zu erkennen. Die Mitarbeiter zum Beispiel hätten auf einen Post "Wir sind immer für Sie da" nicht erfreut reagiert. Viele Patienten oder Interessierte seien nämlich nach Anrufen in Warteschleifen gelandet und hätten boshafte Kommentare hinterlassen. Insgesamt habe sich anhand der Reaktionen gezeigt, dass Medizin und Pflege der Klinik top bewertet würden, bei den Organisationsabläufen gebe es jedoch eindeutig noch Verbesserungsbedarf. Das Krankenhaus Sachsenhausen ist seit gut zwei Jahren in den sozialen Medien aktiv. Für das eher kleine Stadtkrankenhaus sieht es Kage als wichtig an, Marketing zu betreiben. Ganz wichtig: Fingerspitzengefühl Nebenbei lassen sich Pflege von Homepage und aktuelle Posts auf Facebook nicht erledigen, weiß der Klinikdirektor. Man müsse jemanden haben, der Social-Media-affin ist und die Kanäle zu bedienen weiß. Auch sei es gerade in der Medizin nicht immer einfach, zu entscheiden: Geht das oder eher doch nicht? Lange hätten die Verantwortlichen der Klinik zum Beispiel überlegt, ob das Echtfoto eines Kaiserschnitts veröffentlicht werden kann, um Transparenz für werdende Eltern zu erzeugen und Ängste zu nehmen. Auf das dann veröffentlichte Foto in Facebook, das selbstverständlich im Einvernehmen mit den Eltern des Babys gepostet wurde, folgten jedenfalls nicht nur positive Reaktionen. Das "arme Kind", wurde etwa kommentiert. Andere wiederum fanden das Foto sehr schön, begrüßten den neuen Erdenbürger oder likten das Foto ganz einfach. Das Beispiel zeigt: Wer Medizin und Social Media verbinden möchte, muss Fingerspitzengefühl mitbringen. Sehr schnell kann der Schuss nach hinten losgehen und die zeitliche und finanzielle Investition ist dann nicht nur verlorene Liebesmüh‘, sondern die Quittung kann sogar ein negatives Image sein. Patienten könnten eine Einrichtung dann möglicherweise sogar meiden. Immer müssen die Social Media Verantwortlichen abwägen, was eingestellt werden kann bzw. was nicht allzu trocken ist, freundlich und menschlich rüberkommt und keine zarten Seelen verletzt. Nüchterne Botschaften oder harte Fakten sind in der Regel nicht das, was die Besucher von einem sozialen Netzwerk erwarten und vor allen Dingen auch wertzuschätzen wissen. 24.000 Fans auf Facebook Im Krankenhaus Sachsenhausen scheinen die Social Media Aktivitäten jedenfalls gut anzukommen. Erreicht wurde auch das Ziel des Krankenhauses, einen Schwerpunktbereich – das Adipositas Zentrum – für suchende Interessenten im Internet besser auffindbar zu machen. Damit das Zentrum in Google weit oben erscheint, wurde nämlich Geld in die Hand genommen. Und das hat sich gelohnt, meint Dr. Plamen Staikov, ärztlicher Direktor und Chefarzt des Sachsenhäuser Krankenhauses. Während 2010 noch sechs Prozent über das Web auf das Zentrum aufmerksam wurden, waren es 2016 bereits 45 Prozent, berichtet Staikov. Auch die enge Bindung zur Adipositas Selbsthilfegruppe konnte der Klinik Facebook-Fans sichern und im Netz Präsenz bescheren. 2014 zählte das Zentrum noch 5000 Fans, 2017 umfasste die geschlossene Gruppe: "Adipositas Chirurgie - Fragen und Antworten" auf Facebook (auch dank den Aktivitäten der Selbsthilfegruppe Adipositas Sachsenhausen) bereits eine Fangemeinde von rund 24.000 Personen. Allerdings sollte hier nicht unerwähnt bleiben: Staikov, der vor seiner Arbeit im Klinikum Sachsenhausen in der Schweiz tätig war, ist schon seit langem internetaffin und hält sehr viel von Marketingaktivitäten. Für Kliniken bzw. Ärzte ist die Situation eine besondere, wie er meint: Es werden nämlich Produkte angeboten, für die derjenige, der sie erhält, nichts bezahlt – zumindest nicht direkt, da hier die Krankenkasse einspringt. Dennoch findet er, dass es wichtig ist, auf Spezialitäten einer Klinik hinzuweisen. Ob die hohen Investitionen des Krankenhauses mit dem möglichen Neugewinn an Patienten oder guten Mitarbeitern im Einklang stehen, können sicher nur die Betroffenen selbst beantworten. Letztendlich muss jede Praxis und jede Klinik für sich entscheiden, ob Social Media eine Option ist. Empfehlung der Redaktion Social Media Icons auf Smartphone 28.02.2018 | IT für Ärzte | Nachrichten | Online-Artikel Tipps zum Auftritt von Ärzten auf Facebook & Co Seriöse Medizin und Social Media – passt das zusammen? Und was können Ärzte bei schlechten Bewertungen im Web tun? Dazu Tipps von Experten.

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