HPV-Mädchenimpfung nutzt Männergesundheit

Seit 2007 wird die HPV-Impfung von der STIKO für alle Mädchen als Standardimpfung empfohlen. Ob dies in absehbarer Zeit auch für Jungen der Fall ist, diese Frage bleibt einstweilen offen. So viel jedoch ist sicher: Gewissermaßen als Trittbrettfahrer profitieren schon heute (junge) Männer in erheblichem Maße von der Mädchenimpfung. Primäres Ziel der generellen HPV-Impfung für Mädchen ist nach den Worten von Dr. Miriam Wiese-Posselt, RKI/Berlin, die Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen. Ob und in welchem Ausmaß dies gelingt, bleibt abzuwarten. Belege für die Wirksamkeit einer Impfung, von der im Jahre 2014 immerhin 45,1% aller Mädchen im Alter von 18 Jahren Gebrauch gemacht hatten, liefern heute u.a. Register-basierte Daten aus Australien. Diese zeigen eine relevante Reduktion der genitalen HPV-Inzidenz, von Genitalwarzen und höhergradigen zervikalen Dysplasien. In Deutschland erfasste Zahlen in den Jahren 2010–2012 fanden bei Frauen im Alter von 20–25 Jahren eine HPV 16/18-Prävalenz von 23% bei Nicht-Geimpften und von 14% bei Geimpften. Einen nicht unerheblichen Nutzen der feminilen HPV-Impfung tragen offenbar auch (Jung)-Männer davon – ihrerseits selbst ungeimpft. Innerhalb weniger Jahre nach Beginn der generellen HPV-Mädchenimpfung beschrieben ist etwa eine Reduktion von Genitalwarzen bei jungen Männern um 40% [1]. Im Sinkflug begriffen ist auch die penile Prävalenz diverser HPV-Varianten (HPV 6/11/16/18) [2]. Grund genug also für die Frage: Warum nicht direkt eine HPV-Impfung für Jungen, wie sie in etlichen europäischen Staaten – neuerdings auch Schweden – bereits eingeführt ist? Eben dieser Frage geht man im RKI derzeit nach. Erste Antworten – aber es bleibt spannend Um sie kompetent beantworten zu können, bedarf es nach den Worten Wiese-Posselts der Abarbeitung folgender Fragen: Wie verhält es sich mit der HPV-attributablen Kranheitslast bei Jungen und Männern? Wie sieht es bei ihnen mit der Wirksamkeit und Sicherheit verfügbarer HPV-Impfstoffe aus? Welche Effekte der Jungenimpfung auf die HPV-attributable Krankheitslast sind für Menschen jeglichen Geschlechts zu erwarten? Was lässt sich aus gesundheitsökonomischem Blickwinkel über eine generelle HPV-Jungenimpfung ausmachen? Hier die ersten Antworten: Nach den vom Zentrum für Krebsregisterdaten am RKI erfassten Daten lag die geschätzte Zahl HPV-attributabler Krebsfälle (Anal-, Penis- und Oropharyngeal-Karzinome) in Deutschland im Jahre 2013 in der Größenordnung von knapp 1400 – mithin deutlich unter den annähernd 7000 korrespondierenden Karzinomen bei Frauen (Zervix-, Vaginal-, Vulva-, Anal- und Oropharyngelakarzinome). In Sachen Effektivität berichtete Wiese-Posselt nach Auswertung von vier randomisierten klinischen Studien und drei Beobachtungsstudien – zusammen jeweils um die 3000 geimpfte bzw. nicht geimpfte Jungen – folgende Ergebnisse: Demnach lag die Vakzineeffektivität bei HPV-negativen Impflingen bezüglich inzidenter und persistierender anogenitalen HPV16-Infektionen in einem Beobachtungsraum von maximal vier Jahren bei 41 (inzident) bzw. 79% (persistierend). In Sachen anogenitale Warzen hatte die Impfung eine nahezu 100%ige Durchschlagskraft, in Sachen AIN (Anale intraepitehliale Neoplasien) vom Grad 2 von 76%. Um einen HPV-assoziierten Krebsfall zu verhindern, müssten einer niederländischen Modell-Rechnung zufolge 795 beziehungsweise 1735 Jungen geimpft werden, wenn eine Mädchenimpfquote von 60 bzw. 90% unterstellt würde. Insgesamt dürfte die Effektivität der HPV-Impfung beim männlichen Geschlecht damit deutlich unter der des weiblichen Geschlechts liegen. Im kostenbewussten Vereinigten Königreich (UK) hat die derzeitige Datenlage bislang noch nicht zu einer generellen Empfehlung für die HPV-Jungenimpfung geführt, jedoch gibt es Angaben Wiese-Posselts zufolge im Sinne der Gleichbehandlung beider Geschlechter sehr wohl entsprechende Empfehlungen. Auch in Deutschland bleibt es in Sachen HPV-Jungenimpfung spannend. basierend auf: Vortrag "HPV-Impfung von Jungen", Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2017, 22.09.2017, Köln Weiterführende Literatur [1] Smith et al. Fall in genital warts diagnoses in the general and indigenous Australian population following implementation of a national human papillomavirus vaccination program: analysis of routinely collected national hospital data. J Infect Dis 2015;211:91-9; doi: 10.1093/infdis/jiu370 [2] Machalek et al. Human Papillomavirus Prevalence in Unvaccinated Heterosexual Men After a National Female Vaccination Program. J Infect Dis 2017;215:202-8; doi: 10.1093/infdis/jiw530

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