Welche Patienten mit auffälliger Koronar-CT haben ein hohes Infarktrisiko? Eine Nachauswertung der SCOT-HEART-Studie spricht dafür, sich die Plaques genau anzusehen.
Die Primärergebnisse der SCOT-HEART-Studie waren bei der ESC-Tagung 2018 in München vorgestellt worden. Untersucht worden war, ob ein primär auf einer frühen CT-Koronarangiografie basierendes Management von Patienten mit stabiler Angina pectoris Vorteile gegenüber dem an Ischämietests ausgerichteten Standardvorgehen hat. Letztlich war der Anteil der Patienten mit Myokardinfarkt nach fünf Jahren bei früher Koronar-CT um 40% geringer, doch die Interpretation dieser Ergebnisse ist nach wie vor Gegenstand vieler Diskussionen.
Studie wäre beim ACC vorgestellt worden
Unabhängig davon liefert die SCOT-HEART-Studie mit ihren über 4.000 Teilnehmern einen wertvollen Langzeitdatensatz für Wissenschaftler, die die Aussagekraft der CT-Koronarangiografie weiter untersuchen wollen.
In diesem Kontext ist eine Post-hoc-Analyse angesiedelt, die eigentlich in einer Sitzung beim ACC-Kongress vorgestellt worden wäre (Kongress findet nun virtuell statt) und jetzt in „Circulation“ publiziert wurde. Dabei ging es um die Frage, in wie weit bestimmte Charakteristika von Koronarplaques einerseits mit der Infarktwahrscheinlichkeit, andererseits mit kardiovaskulären Risiko-Scores, Kalk-Score und Stenosecharakteristika korrelieren.
Herzinfarkt-Risiko fast fünffach erhöht
Der Fokus lag dabei auf den sog. „Low-Attenuation-Plaques“. Das sind Plaques, die in der CT-Angiografie Dichtewerte von unter 30 Hounsfield Units aufweisen. Typischerweise sind das lipidreiche Plaques, deren Kern nekrotische Anteile aufweist. Die britische Untersuchung zeigt, dass der Anteil an Low-Attenuation-Plaques sehr deutlich mit dem Risiko tödlicher oder nicht-tödlicher Myokardinfarkte korreliert.
Konkret hatten Patienten mit einer Low-Attenuation-Plaque-Last von über 4% ein annähernd fünffach erhöhtes Risiko, innerhalb von im Mittel 4,7 Jahren einen Myokardinfarkt zu erleiden. (HR, 4.65 [95% CI, 2.06–10.5]; P<0,001) Mit jeder Verdopplung der Low-Attenuation-Plaque-Last stieg das Infarktrisiko um 60% an.
Der Parameter war damit ein stärkerer Prädiktor für Myokardinfarkte als ein erhöhter koronarer Calcium-Score und auch als das Vorliegen einer obstruktiven Koronarerkrankung.
Klinische Scores haben Grenzen
Was den Vergleich unterschiedlicher Risikoprädiktoren anging, zeigte sich, dass ein erhöhter Low-Attenuation-Plaque-Burden nur schwach mit dem klinischen kardiovaskulären Risiko korrelierte. Es gab dagegen eine starke Korrelation mit dem koronaren Kalk-Score und eine sehr starke Korrelation mit dem Schweregrad der Koronarstenosen.
Die Autoren betrachten ihre Analyse daher als einen weiteren Beleg dafür, dass die Abschätzung des Infarktrisikos über klinische kardiovaskuläre Risiko-Scores Grenzen hat und dass komplexere Multiparameter-Modelle besser für eine Prädiktion geeignet wären.
Plaques sprechen für hohes Risiko – selbst bei Abwesenheit von Stenosen
Klinisch haben die Ergebnisse eine gewisse Relevanz, vor allem weil die Low-Attenuation-Plaque-Last ein problemlos zu erhebender, teilautomatisch quantifizierbarer Parameter ist. Die SCOT-HEART-Daten sprechen stark dafür, Patienten mit erhöhter Low-Attenuation-Plaque-Last auch dann als Hochrisikopatienten anzusehen, wenn sie keine höhergradigen Stenosen aufweisen und/oder ein nur normales oder leicht erhöhtes kardiovaskuläres Risiko haben. Allerdings hatten in der SCOT-HEART-Studie nur 7,5% der insgesamt 41 Patienten mit Myokardinfarkt eine erhöhte Non-Attenuation-Plaque-Last. Die Sensitivität dieses Parameters ist damit eher begrenzt.