Bei offenen Herz-Operationen haben sich weltweit über hundert Patienten mit nicht tuberkulösen Mykobakterien angesteckt. Die Keime stammten offenbar aus Hypothermiegeräten und waren bei der Herstellung in die Geräte gelangt.
Seit 2013 traten bei über hundert Patienten in Europa, den USA und Australien nach einer offenen Herzoperation Erkrankungen mit dem Erreger Mycobacterium chimaera auf. Der Keim gehört zu den nicht tuberkulösen Mykobakterien und kommt in natürlichen Wasserreservoirs vor. Die Infektion ist normalerweise harmlos. Bei Patienten mit Vorerkrankungen und bei immungeschwächten Patienten können die Bakterien allerdings Infektionen insbesondere der Lunge hervorrufen.
Die Infektionen wurden bei den Herz-Patienten zum Teil erst mehr als drei Jahre nach der Operation festgestellt. Vielfach hatten sie sich zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung mit Befall der bei der Operation eingesetzten Herzklappen entwickelt, berichtet das Universitätsklinikum Freiburg in einer Mitteilung. Herzklappenentzündungen durch diesen Erreger habe man bis dahin nicht gekannt.
Hypothermiegeräte unter Verdacht
Schon kurz nach dem Auftreten der ersten Infektionen fiel bereits der Verdacht auf Hypothermiegeräte (Heater-Cooler-Units), die bei Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen zur Regulierung der Bluttemperatur eingesetzt werden. Die Geräte wurden daher, zum Beispiel am Uniklinikum Freiburg, aus Sicherheitsgründen bereits 2014 aus Operationssälen entfernt. An dem Klinikum war nur ein Patient betroffen, der 2011 operiert worden war. Er sei inzwischen nach langwieriger Behandlung geheilt worden, heißt es in der Mitteilung.
Erbgut von Erreger-Isolaten analysiert
Um den Verdacht der Geräte als Infektionsquelle zu bestätigen, hat nun ein internationales Team das Erbgut von 250 Isolaten von M. chimaera analysiert. Die Forscher konnten nachweisen, dass fast alle untersuchten Infektionen durch eine Kontamination der Geräte bei deren Fertigung verursacht worden waren.
In der Studie hat das Forscherteam Erbgut von Erregern analysiert, die von Patienten und Geräten isoliert worden waren. Die Proben stammten von 21 Patienten aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich, sowie von zwölf Patienten aus den USA und Australien. Analysiert wurden zudem M. chimaera-Stämme von Kontroll-Patienten ohne Herzoperation aus der Schweiz, aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien.
Außerdem wurde die DNA von Keimen analysiert, die aus Wassertanks von Hypothermiegeräten unterschiedlicher Hersteller und aus deren Produktionsstätten stammten. Auch die Luft der Operationssäle bei laufenden Geräten sowie andere Medizingeräte, Leitungswasser und Trinkwasserspender wurden untersucht.
„Geräte als Infektionsquellen extrem wahrscheinlich“
„Die genetische Ähnlichkeit fast aller Patientenproben mit den Proben aus den Hypothermiegeräten und deren Produktionsstätten ist so groß, dass die Geräte als Infektionsquelle extrem wahrscheinlich sind", betont Ko-Studienleiter Prof. Dirk Wagner, Uniklinikum Freiburg, in der Mitteilung. Die Hersteller müssten jetzt die Produktion verändern, um eine Verunreinigung der Geräte ausschließen zu können.
Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung, das die Studie geleitet hat, gibt aber auch zu bedenken: Mindestens ein Patient habe sich möglicherweise durch eine lokale Verunreinigung im Krankenhaus infiziert. Operationssäle sollten daher frei von unkontrollierten Wasserquellen sein, um das generelle Infektionsrisiko zu minimieren, betont das DZIF in einer Mitteilung zu der Studie.