Eine antithrombotische Behandlung mit ASS soll eigentlich vor kardiovaskulären Ereignissen schützen. Bei bestimmten Patienten könnte sie jedoch das Gegenteil bewirken, legt eine Metaanalyse nahe.
Der Einfluss von ASS auf das Risiko für Herzinsuffizienz ist umstritten. Eine Metaanalyse von sechs Beobachtungsstudien weist jetzt darauf hin, dass die Einnahme von ASS mit einem erhöhten Herzinsuffizienzrisiko bei Personen einhergeht, die mindestens einen Risikofaktor für die Erkrankung haben. Dazu zählen Rauchen, Adipositas, Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel, Diabetes und kardiovaskuläre Vorerkrankungen.
In die Analyse wurden fast 31.000 US-amerikanische und europäische Patienten mit einem erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz einbezogen. Zu Studienbeginn hatte keiner von ihnen eine Herzinsuffizienz, es waren Personen mit und ohne andere Herzerkrankungen darunter. Das Durchschnittsalter betrug 67 Jahre und rund ein Drittel waren Frauen. Dr. Blerim Mujaj vom Universitätsklinikum Freiburg und sein Team ermittelten kardiovaskuläre Risikofaktoren der Teilnehmenden und ob ihnen ASS verschrieben worden war. Sie analysierten, welche Patienten während der gut fünfjährigen Nachbeobachtungszeit eine tödliche oder nicht tödliche Herzinsuffizienz entwickelten, die eine Hospitalisierung erforderte.
ASS-Einnahme unabhängig mit Herzinsuffizienz assoziiert
Zu Studienbeginn wurden 25% der Patienten mit ASS behandelt. Bei 1.330 trat während des Follow-ups eine Herzinsuffizienz auf. Die Forscher untersuchten mögliche Zusammenhänge dieser beiden Faktoren und adjustierten ihre Berechnungen auf Geschlecht, Alter, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Alkoholkonsum, Blutdruck, Herzfrequenz, Cholesterin, Kreatinin, Hypertonie, Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen und Behandlung mit RAAS-Hemmern, Kalziumkanalblockern, Diuretika, Betablockern und Lipidsenkern. Die Einnahme von ASS war unabhängig mit einem signifikant um 26% erhöhten Risiko für eine Herzinsuffizienzdiagnose assoziiert.
Um die Ergebnisse zu überprüfen, wiederholten die Mediziner die Analyse, mit der Anpassung, dass sie Patienten, die ASS erhielten, jeweils Personen ohne ASS und mit ähnlichen Risikofaktoren für Herzinsuffizienz gegenüberstellten. Auch in dieser gematchten Analyse ging die Therapie mit ASS mit einem signifikant um 26% gesteigerten Herzinsuffizienzrisiko einher. Zudem führte das Forscherteam die gleiche Analyse nach Ausschluss von Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen durch. Bei knapp 23.000 Personen ohne Herz-Kreislauf-Erkrankungen korrelierte die Einnahme von ASS mit einem signifikant um 27% erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz.
Randomisierte Studien erforderlich, um Kausalität zu prüfen
„Dies ist die erste Studie, die darauf hinweist, dass unter Personen mit mindestens einem Risikofaktor für Herzinsuffizienz diejenigen, die ASS einnehmen, mit größerer Wahrscheinlichkeit die Erkrankung entwickeln als diejenigen, die das nicht tun“, fassen Mujaj und Kollegen zusammen. Um die Ergebnisse zu prüfen, seien große randomisierte Studien mit Patienten mit erhöhtem Herzinsuffizienzrisiko erforderlich. „Bis dahin legen unsere Beobachtungen nahe, dass ASS bei Personen mit Herzinsuffizienz oder Risikofaktoren dafür mit Vorsicht verschrieben werden sollte“, schließen sie.
Die Studie weist mehrere Einschränkungen auf. Aufgrund des beobachtenden Designs kann keine Kausalität nachgewiesen werden. Den Forschern lagen zwar Informationen dazu vor, wem ASS verschrieben worden war, jedoch nicht zu Veränderungen dieser Variable im Laufe der Zeit, zur Dosis und darüber, ob die verschriebenen Medikamente auch wirklich eingenommen wurden. Fälle von Herzinsuffizienz, die nicht zu einem Klinikaufenthalt führten, wurden nicht erfasst.