Theoretisch wäre es möglich, dass ASS das Einsetzen einer Demenz verhindert oder verzögert. Im Rahmen der randomisierten ASCEND-Studie wurde das jetzt untersucht – mit einem ernüchternden Resultat.
Die Einnahme von ASS im Rahmen der Primärprävention hat offensichtlich keine signifikanten Auswirkungen auf das Auftreten von Demenzerkrankungen, wie die jetzt beim AHA-Kongress präsentierten Sekundärergebnisse der randomisierten ASCEND-Studie deutlich machen.
ASS in der Primärprävention
ASCEND wird einigen noch ein Begriff sein. Die Primärergebnisse der Studie wurden 2018 beim ESC-Kongress in München präsentiert. Hauptziel der Studie war es, den Nutzen einer ASS-Gabe in der kardiovaskulären Primärprävention zu untersuchen. 15.480 Patienten mit einem Diabetes, aber ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen sind hierfür randomisiert worden: entweder zu ASS 100 mg/Tag oder zu Placebo. Die ASS-Therapie hatte zwar das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse geringfügig um 12% reduziert, allerdings ging dies auf Kosten eines um 29% erhöhten Risikos für schwere Blutungen.
In der jetzt beim AHA präsentierten Analyse sind die Patienten nach den ursprünglichen 7,4-jährigen Follow-up für weitere durchschnittlich 1,8 Jahre nachverfolgt worden. Während dieser Zeit kam es zu 1.146 Ereignissen, die weit gefasst als Demenzerkrankung definiert wurden (Demenz, kognitive Einschränkungen, Delirium/Verwirrtheit, medikamentöse Behandlung einer Demenz, Einweisungen in Demenzkliniken und geriatrische Psychiatrien).
Keine signifikanten Effekte
Die ASS-Gabe hatte keinen signifikanten Einfluss auf das Risiko für das Auftreten solcher Demenz-Ereignisse gehabt. So waren 7,1% der mit ASS behandelten und 7,8% der mit Placebo behandelten Studienpatienten von einem solchen Ereignis betroffen (relatives Risiko, RR: 0,91). Auch wenn man die Definition enger fasst allein auf tatsächliche Demenz-Diagnosen, zeigten sich keine signifikanten Auswirkungen der ASS-Behandlung.
Die nach der Beobachtungszeit getesteten kognitiven Fähigkeiten schienen bei den mit ASS behandelten Teilnehmern zwar tendenziell etwas besser zu sein. Aber auch dieser Einfluss sei nicht signifikant gewesen, berichtete Studienautorin Prof. Jane Armitage, Universität Oxford, beim AHA.
Womöglich profitieren spezifische Subgruppen
Die anschließende Diskutantin der Studie, Prof. Amytis Towfighi, könnte sich trotz allem vorstellen, dass spezifische Subgruppen von Patienten von einer ASS-Behandlung mit Blick auf ihre kognitiven Fähigkeiten profitieren könnten. Sie erinnerte an eine zurückliegende Studie aus Japan, die nahelegt, dass niedrigdosiertes ASS nur bei Frauen das Demenz-Risiko verringern kann, nicht aber bei Männern. Dies müsste in künftigen Studien untersucht werden, so die in Los Angeles tätige Neurologin.
Zur weiteren Einordnung verweist sie auf epidemiologische Studien, die eine geringere Alzheimer-Prävalenz bei Menschen unter regelmäßiger NSAID-Gabe gezeigt haben. Zudem hat ASS ihrer Ansicht nach zumindest aus mechanistischer Sicht das Potenzial, das Einsetzen einer Demenz zu verhindern. Einmal aufgrund der antiinflammatorischen Wirkung des Medikamentes, wie sie erörterte. Zum anderen gebe es Hinweise, dass ASS die pathologische Amyloid-Bildung sowie das Auftreten von mikrovaskulären Erkrankungen verhindere, erläuterte die Neurologin die Hintergründe.