Patienten mit Vorhofflimmern erhalten im Alltag nicht selten eine reduzierte NOAK-Dosis. Im Falle von Edoxaban könnte eine niedrigere Dosis in bestimmten Fällen tatsächlich Vorteile mit sich bringen.
Aus Sorge vor Blutungskomplikationen wird im Praxisalltag nicht selten eine reduzierte NOAK-Dosis eingesetzt, selbst wenn keine Kriterien für eine Dosisreduktion vorliegen.
Wie wirksam und sicher ist eine reduzierte Dosis?
Doch wie sicher ist ein solches Vorgehen? Das haben Kardiologen um Prof. Jan Steffel vom Universitätsspital Zürich nun im Falle von Edoxaban untersucht. In der randomisierten Zulassungsstudie ENGAGE AF-TIMI 48 wurde nämlich nicht nur die Wirkung der heutigen 60 mg-Standarddosis mit der von Warfarin verglichen. Damals erhielten auch über 7.000 Patienten 30 mg Edoxaban. Die niedrigere Dosis war zwar in Bezug auf Schlaganfälle und systemische Embolien einer Warfarin-Gabe nicht unterlegen, in der Intention-to-Treat-Analyse zeigte sich jedoch ein Trend zuungunsten der 30 mg-Dosis.
Wie sich beide Edoxaban-Dosen hinsichtlich Nettobenefit im Vergleich geschlagen haben, haben nun Steffel und sein Team in einer weiteren Analyse der Studie überprüft, anhand der Daten von jeweils gut 7.000 Patienten unter damals Edoxaban 30 mg oder 60 mg einmal täglich. Bei bestimmten Patienten, etwa bei Niereninsuffizienz oder Körpergewicht ˂ 60 kg, sind in beiden Gruppen die Dosen auf die Hälfte reduziert worden, also von 60 auf 30 mg, und von 30 auf 15 mg.
Drei Endpunkte für klinischen Nettobenefit
Drei Endpunkte für den klinischen Nettobenefit wurden vordefiniert:
- Der primäre, aus Schlaganfall, systemischen Embolien, schweren Blutungen oder Tod, kam mit 7,26% vs. 8,01% unter der 30 mg-Dosis seltener vor als unter der höheren. Damit war das Risiko mit der niedrigeren Dosis um relativ 10% geringer als mit der höheren (Hazard Ratio, HR: 0,90; p = 0,014).
- Der sekundäre Endpunkt, definiert als Schlaganfall mit Behinderung, lebensbedrohliche Blutungen oder Gesamtmortalität,
- und der tertiäre, bestehend aus Schlaganfall, systemischen Embolien, lebensbedrohlichen Blutungen oder Gesamtmortalität, traten unter beiden Dosen ähnlich oft auf.
Einerseits hatten die Patienten mit der niedrigeren Dosis ein signifikant um 31% relativ höheres Risiko für Schlaganfall und systemische Embolien gegenüber denen mit der hohen Dosis (2,04% vs. 1,56%; HR: 1,31; p ˂ 0,001). Andererseits traten bei ihnen signifikant seltener schwere, intrakranielle, schwere gastrointestinale und lebensbedrohliche Blutungen auf (HR: 0,64, p ˂ 0,0001).
Beide Dosisregime stellten eine angemessene Wahl dar
Mit Blick auf den Nettobenefit repräsentierten beide Dosisregime eine angemessene Wahl der Antikoagulation, schlussfolgern die Autoren. Bei berechtigten Sorgen für Blutungskomplikationen, wäre ihrer Ansicht nach deshalb eine niedrigere Dosis ein vernünftiger Ansatz.
Dass es bei gebrechlichen Hochrisikopatienten immer noch besser ist, eine niedrigere NOAK-Dosis zu verschreiben als gar keine Antikoagulation, deuten die Ergebnisse der 2020 publizierten ELDERCARE-AF-Studie an. Bei hochbetagten Vorhofflimmern-Patienten hatte eine 15 mg Edoxaban-Dosis einen tendenziell größeren Nettobenefit gebracht als Placebo. Das Schlaganfallrisiko war signifikant um relativ 66% geringer. „Zusammen mit den Befunden der ELDERCARE-AF-Studie können die aktuellen Ergebnisse Ärzten bei der evidenzbasierten Anpassung von Edoxaban-Dosen helfen“, so Steffel und Kollegen.
Weitere randomisierte Studien seien notwendig, um festzustellen, ob sich die Ergebnisse auf andere NOAK übertragen lassen, und um klarere Angaben zu ihrer individuellen Dosierung machen zu können, ergänzen sie.
Nutzen und Risiko individuell abwägen
„Obwohl die niedrige Dosis Edoxaban in der Studie mit signifikant weniger Blutungen einherging als die hohe, war Letztere mit einem geringeren Risiko für Gesamtmortalität und ischämische Ereignisse assoziiert, und das sind am Ende die Folgen, die Antikoagulanzien verhindern sollen“, geben Dr. Jonathan Halperin und Prof. Eman Rashed aus New York in einem Editorial zu bedenken. Ihnen zufolge sollten in der Praxis Risiken und Nutzen einer niedrigen Dosis individuell sorgfältig abgewogen werden