Wenn ein deutscher Herzinsuffizienz-Experte von den „Fantastischen Vier“ spricht, könnte das auf musikalische Vorlieben schließen lassen. In Wirklichkeit geht es um diejenige Wirkstoff-Kombination, die heute Fundament der medikamentösen Standardtherapie bei Herzinsuffizienz sein sollte.
Vielleicht mag Professor Johann Bauersachs ja die Musik der seit Jahrzehnten erfolgreichen und auch als „Fanta 4“ bekannten deutschen Hip-Hop-Band um Smudo & Co. Sein gerade im Online-Bereich des „European Heart Journal“ veröffentlichtes Editorial hat der deutsche Herzinsuffizienz-Experte von der Medizinischen Hochschule Hannover jedenfalls mit dem Titel „Medikamentöse Herzinsuffizienz-Therapie: die Fantastischen Vier“ überschrieben.
Das „fantastische“ Quartett, auf das Bauersachs anspielt, vereint als Mitglieder aber keine Musiker, sondern einen Betablocker, einen Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA), einen Angiotensin-Rezeptor/Neprilysin-Inhibitor (ARNI: Sacubitril/Valsartan) und einen SGLT2-Hemmer. Diese medikamentöse Vierer-Kombination sei nach derzeitiger wissenschaftlicher Evidenz der beste Garant dafür, dass bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) Todesfälle und belastende Klinikaufenthalte therapeutisch maximal verringert und Symptomatik und Lebensqualität deutlich verbessert werden.
Erheblicher Gewinn an zusätzlichen Lebensjahren
Dass das Attribut „fantastisch“ nicht zu hoch gegriffen ist, veranschaulicht der Hannoveraner Kardiologe unter anderem anhand einer jüngst im Fachblatt „Lancet“ erschienenen Analyse (Vaduganathan et al.). Ihre Autoren haben via indirektem Vergleich von drei großen randomisierten Studien den Effekt einer medikamentösen Vierer-Kombination aus ARNI, Betablocker, MRA und SGLT2-Inhibitor auf kardiovaskuläre Todesfälle und erstmalige Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz bei Patienten mit HFrEF abgeschätzt.
Nach dieser Modellanalyse würde eine optimale Pharmakotherapie mit diesen vier Wirkstoffen einem 55-jährigen HFrEF-Patienten insgesamt 8,3 zusätzliche Lebensjahre frei von kardiovaskulär verursachtem Tod oder Klinikaufenthalt wegen Herzinsuffizienz bescheren. Im Vergleich zu einer konventionellen Therapie (ACE-Hemmer/AT1-Rezeptorblocker plus Betablocker) wären es nach dieser Schätzung immer noch 6,3 zusätzliche Lebensjahre ohne entsprechende kardiovaskuläre Ereignisse.
Additive Wirkung von ARNI und SGLT2-Hemmer
Eigentlicher Anlass für den von Bauersachs verfassten Kommentar ist eine ebenfalls im Online-Bereich des „European Heart Journal“ publizierte sekundäre Analyse der EMPEROR-Reduced-Studie. Nach DAPA-HF (mit Dapagliflozin) hat auch EMPEROR-Reduced (mit Empagliflozin) bekanntlich die Evidenz dafür geliefert, dass SGLT2-Hemmer bei Patienten mit HFrEF additiv zur Standardtherapie kardiovaskuläre Mortalität und Klinikaufenthalte wegen Herzinsuffizienz signifikant reduzieren.
In der aktuell publizierten, präspezifizierten Subanalyse ist die EMPEROR-Reduced-Autorengruppe der Frage nachgegangen, ob sich Empagliflozin auch bei denjenigen Patienten, die außer Betablocker und MRA zusätzlich eine ARNI-Therapie erhalten hatten, als klinisch wirksam erweisen würde.
Ergebnis: Im Vergleich zu Placebo wurde kardiovaskuläre Todesfälle und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz durch Empagliflozin sowohl bei den 727 Studienteilnehmern mit Sacubitril/Valsartan-Therapie (Hazard Ratio: 0,64; 95% Konfidenzintervall: 0,45–0,89; p=0,009) als auch bei den 3003 Teilnehmern ohne ARNI-Therapie (HR: 0,77; 95% KI: 0,66–0,90; p=0,0008) jeweils signifikant reduziert. Zuvor hatte schon eine entsprechende Subanalyse der DAPA-HF-Studie eine additive Wirkung von Dapagliflozin bei HFrEF-Patienten mit ARNI-Therapie bestätigt.
Für Bauersachs kann aus der nach seiner Einschätzung „fundamentalen Evidenz“ nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: Ärztinnen und Ärzte sollten bei der Behandlung von HFrEF-Patienten nicht entweder eine ARNI- oder eine SGLT2-Hemmer-Verordnung, sondern die Kombination beider Optionen als bevorzugte Strategie in Betracht ziehen.
„Komfortable Situation“
Ärzte, die HFrEF-Patienten behandeln, befänden sich heute in einer „komfortablen Situation“, so Bauersachs. Sie könnten ihren Patienten nun vier Standardmedikamente anbieten, die in bemerkenswerter Weise Mortalität und Morbidität verringerten und Symptomatik und Lebensqualität verbesserten. Darüber hinaus stünden inzwischen noch weitere medikamentöse und Device-basierte Optionen für eine personalisierte Behandlung bei spezifischen Patientengruppen zur Verfügung.
Das vergrößerte Angebot an Therapieoptionen bei HFrEF werfe aber auch Fragen auf. Eine sei die nach dem Timing der diversen Therapien, so Bauersachs. Zur Frage, in welchem Zeitrahmen und in welcher Abfolge mit den prognoseverbessernden Therapien bei HFrEF künftig gestartet werden sollte, hat ein Experten-Duo erst kürzlich neue Vorschläge unterbreitet.
Eine wichtige Aufgabe, so Bauersachs abschließend, sei es nun sicherzustellen, dass alle HFrEF-Patienten künftig Zugang zu diesen evidenzbasierten Therapien erhalten.