Die ORBITA-Studie hat den symptomatischen Nutzen einer perkutanen Koronarintervention (PCI) bei stabiler KHK infrage gestellt. Nun legt eine Post-hoc-Analyse der Studie nahe, dass für diesen Nutzen ein Faktor wesentlich ist: das Ausmaß der Myokardischämie.
Für Kardiologen, die ihren Patienten mit chronischem Koronarsyndrom – früher als stabile KHK bezeichnet – mit der interventionellen Beseitigung von Koronarstenosen Gutes zu tun glaubten, gab es zuletzt wenig ermutigende Nachrichten.
Sowohl die schon rund zehn Jahre zurückliegende COURAGE-Studie als auch die aktuelle ISCHEMIA-Studie haben demonstriert, dass klinisch stabile KHK-Patienten – anders als Patienten mit akutem Koronarsyndrom - von der Revaskularisation mittels Katheter prognostisch nicht profitieren.
Primäre ORBITA-Ergebnisse waren ernüchternd
Die deutlich kleinere ORBITA-Studie, in der erstmals eine Scheinprozedur (Sham-PCI) als Kontrolle diente, hatte bei Niedrigrisiko-Patienten mit koronarer Eingefäß-Erkrankung, signifikanter Stenose (im Durchschnitt 84% Stenosegrad ) und erhaltener linksventrikulärer Funktion noch nicht einmal einen symptomatischen Nutzen der PCI gefunden: Zwar zeigte sich die Belastungszeit in beiden Gruppen sechs Wochen nach dem Eingriff in beiden Gruppen deutlich verbessert, jedoch war der Unterschied zwischen PCI und Scheinprozedur nicht signifikant.
Die Patienten dieser Studie waren allerdings in den sechs Wochen vor Randomisierung sehr intensiv betreut worden. Dabei war ihre medikamentöse Therapie dergestalt optimiert worden, dass sie anstatt wie zuvor im Schnitt nur eine nun drei antianginös wirksame Substanzen beinhaltete.
Symptomatischer Nutzen steigt mit Ischämie-Ausmaß
Doch nun haben die Autoren der ORBITA-Studie ihre Ergebnisse noch einmal genauer analysiert. Sie betrachteten die Befunde von 183 Patienten, bei denen vor der Randomisierung eine Dobutamin-Stress-Echokardiographie durchgeführt worden war. Bei der Auswertung arbeiteten sie mit einem Wandbewegungs-Score, der eine Summe von Bewegungs-Auffälligkeiten in 17 Segmenten des linken Ventrikels darstellt.
Die Patienten hatten bei Randomisierung einen durchschnittlichen „wall-motion-score“ von 1,6. Die jetzt vorgelegte Analyse ergab zum einen, dass Patienten mit einem Score über 1 sechs Wochen nach dem PCI-Eingriff signifikant seltener an Angina-Attacken litten als Patienten der Kontrollgruppe (p = 0,0007). Darüber hinaus zeigte sich, dass das Ausmaß der Ischämie mit der symptomatischen Verbesserung korrelierte: Je stärker die Ischämie, desto deutlicher die klinische Verbesserung.
„Schritt vorwärts für die Ischämie-gesteuerte Revaskularisation“
Die Autoren eines die Publikation begleitenden Editorials in der Zeitschrift „Circulation“ um Prof. Leslee Shaw aus New York sehen in diesen Ergebnissen einen „Schritt vorwärts für die Ischämie-gesteuerte Revaskularisierung“: Die koronare Ischämie sei bei chronischem Koronarsyndrom die wesentliche Determinante dafür, ob der Patient von einer PCI profitiert, und die Stress-Echokardiographie sei gut geeignet, das Ausmaß des zu erwartenden Nutzens zu quantifizieren.
Im Übrigen bestätigt die neue Analyse die Befunde aus den Studien COURAGE und FAME-2. Patienten der COURAGE-Studie hatten nach drei Jahren signifikant größere Chancen auf Beschwerdefreiheit, wenn sie mit PCI behandelt worden waren. Auch in der Studie FAME-2 hatte die PCI im Vergleich zu einer medikamentösen Therapie Symptome der Instabilität, die zu Krankenhausbehandlung und Revaskularisation führten, signifikant reduziert.