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27.01.2020 | Kardiologie | Nachrichten

Was Dapagliflozin an Gewinn für die Herzinsuffizienz-Therapie verspricht

verfasst von: Peter Overbeck

Mit Dapagliflozin ist die Therapie bei Herzinsuffizienz um eine das Leben von Patienten verlängernde Option reicher geworden. Wie ist der klinische Nutzen dieser neuen Behandlungsmöglichkeit im Kontext der bisherigen Standardtherapie zu bewerten?

Bei der Indikation Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF. Heart Failure with reduced Ejection Fraction) steht heute ein ganzes Arsenal an Therapien zur Reduktion des Sterberisikos zu Verfügung. Nach Blockern des Renin-Angiotensin-Systems (ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorantagonisten) sowie Betablockern und Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (Spironolacton. Eplerenon) ist durch die 2014 veröffentlichte PARADIGM-HF-Studie der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril/Valsartan als viertes Therapieprinzip mit prognoseverbessernder Wirkung etabliert worden.

Mit der DAPA-HF-Studie ist der Kreis der mortalitätssenkenden Therapien bei  Herzinsuffizienz nun zu einem Quintett erweitert worden. In dieser Phase-III-Studie hat der ursprünglich als Blutzuckersenker bei Typ-2-Diabetes entwickelte SGLT2-Hemmer Dapagliflozin seinen therapeutischen Nutzen bei Herzinsuffizienz vom  HFrEF-Phänotyp eindrucksvoll unter Beweis gestellt – gleichermaßen bei Patienten mit als auch ohne Typ-2-Diabetes.

Kardiovaskuläre Mortalität signifikant gesenkt

Die Inzidenzrate für den primären Studienendpunkt (klinische Verschlechterung der Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Mortalität) war mit 16,3% versus 21,2% in der Dapagliflozin-Gruppe signifikant niedriger als in der Placebo-Gruppe (Hazard Ratio [HR] 0,74; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,65 – 0,85; p<0,00001). Der Unterschied entspricht einer relativen Risikoreduktion um 26%  durch Dapagliflozin im Vergleich zu Placebo reduziert.

Auch Rate für die kardiovaskuläre Mortalität wurde von 11,5% (Placebo) auf 9,6% gesenkt, was einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 18%  entspricht (HR 0,82; 95% CI 0,69 – 0,98; p=0,029) und sich zudem in einer Abnahme der Gesamtmortalität um 17% niederschlug.

Vier DAPA-HF-Studienautoren, darunter auch die Studienleiter Dr. John McMurray aus Glasgow und Dr. Scott Solomon aus Boston, haben nun in einem als „Standpunkt“ (Viewpoint) gekennzeichneten Beitrag im „European Heart Journal“ dargelegt, welchen Stellenwert Dapagliflozin im Kontext  anderer Pharmakotherapien bei Herzinsuffizienz aus ihrer Sicht hat.

Nutzen ist additiv zu dem herkömmlicher Therapien

Dabei kommt es ihnen zunächst darauf an zu zeigen, dass der Nutzen von Dapagliflozin in DAPA-HF additiv zu dem herkömmlicher Herzinsuffizienz-Therapien war. Verwiesen wird darauf, dass nicht nur ACE-Hemmer/AT1-Rezeptorantagonist (zu 94%) und Betablocker (zu 88%), sondern auch Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA) bei den meisten Studienteilnehmern Bestandteil der Basistherapie war: Der MRA-Anteil war mit 71% höher als in der PARADIGM-HF-Studie (56%). Trotz sehr guter Basistherapie habe sich ein substanzieller Zusatznutzen von Dapagliflozin nachweisen lassen.

Die absolute und relative Risikoreduktion durch Dapagliflozin ist nach Einschätzung der vier „Viewpoint“-Autoren mindestens so groß wie die durch Sacubitril/Valsartan in der PARADIGM-HF-Studie. Während durch Sacubitril/Valsartan in dieser Studie 26,7 kardiovaskuläre Todesfälle und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz pro 1000 Patientenjahre verhindert wurden, seien es im Fall von Dapagliflozin 38,7 entsprechende Ereignisse pro 1000 Patientenjahre gewesen. Der Unterschied beruht auf einer stärkeren Reduktion von wegen Herzschwäche erforderlichen Klinikeinweisungen durch Dapagliflozin (29,2 versus 15,2 weniger Hospitalisierungen pro 1000 Patientenjahre).

Zusatznutzen auch im Fall einer ARNI-Therapie?

Aber ist der klinische Nutzen von Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz auch additiv zu dem von Sacubitril/Valsartan? Dazu kann die DAPA-HF-Studie nur sehr limitierte Informationen liefern. Denn nur eine kleine Minderheit (rund 11%) unter den Studienteilnehmern war mit Sacubitril/Valsartan behandelt worden.

In dieser kleinen Subgruppe sei die Risikoreduktion für den primären Studienendpunkt durch Dapagliflozin mit rund 25%  praktisch identisch mit der Risikoreduktion bei Patienten ohne ARNI-Therapie gewesen (HR 0,75 vs. 0,74), berichten die „Viewpoint“-Autoren. Anzumerken ist aber, dass dieses Ergebnis einer retrospektiven und nicht präspezifizierten Subgruppenanalyse mit großer Vorsicht zu bewerten ist und dass zur definitiven Klärung weitere Daten zum Nutzen von Dapagliflozin bei mit  Sacubitril/Valsartan behandelten Patienten erforderlich sind.

Komplexität der Kombi-Therapie als mögliches Problem

Die „wichtige Botschaft“ für Patienten sei, dass in den letzten fünf Jahren mit Sacubitril/Valsartan  und Dapagliflozin zwei bei HFrEF komplementär wirksame, lebensverlängernde Therapien identifiziert worden seien, die zusammen mit den schon existierenden drei prognoseverbessernden Therapien zum Einsatz kommen sollten, betonen die Autoren um McMurray und Solomon.

Sie verhehlen allerdings nicht, dass die damit einhergehende Komplexität der Herzinsuffizienz-Behandlung auch Probleme bezüglich Polypharmazie, Therapieadhärenz und nicht zuletzt Kosten mit sich bringen könnte. Verbesserungen könnten diesbezüglich in der Zukunft etwa durch neue Formen der Kombinationstherapie – Stichwort „Polypille" – erreichbar sein.

Klar sei aber auch, dass eine komplexe Pharmakotherapie bei HFrEF heute schon machbar sei – schließlich habe DAPA-HF das ja bewiesen. Die „beste Chance, dass sich ein Patienten mit HFrEF  gut fühlt, Klinikeinweisungen vermeidet und am Leben bleibt“, bestehe dann, wenn er einen Blocker des RAA-Systems, einen Neprilysin-Inhibitor, einen Betablocker, einen MRA und einen SGLT2-Hemmer erhalte, so die Autoren abschließend.

Literatur

Mc Murray J., Solomon S, et al.: The Dapagliflozin And Prevention of Adverse outcomes in Heart Failure trial (DAPA-HF) in context. European Heart Journal, ehz916, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz916

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