Erschienen in:
30.04.2021 | Kardiopulmonale Reanimation | Notfallmedizin
Kardiopulmonale Reanimation und Penicillin als Beispiele des Wiederentdeckens
verfasst von:
PD Dr. H. Herff, Prof. Dr. V. Wenzel, Prof. Dr. B. W. Böttiger
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 12/2021
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Auszug
Translationale Forschung oder amerikanisch griffig „from bench to bedside“ ist ein aktuelles Ideal vernetzter Forschung; allerdings lehrt die Vergangenheit, dass dies nicht immer so stringent funktionierte und viele Irrungen und Wirrungen die Entwicklung moderner medizinischer Konzepte begleiteten. Vor mehr als 60 Jahren beschrieben Kouwenhoven et al. die kardiopulmonale Reanimation und legten den Grundstein für moderne Reanimationskonzepte [
9]. In ihrer Arbeit zitierten die Autoren eine zum damaligen Zeitpunkt 80 Jahre alte Studie von Rudolf Boehm von der Universität Dorpat im damaligen Russland (heute Tartu, Estland) aus dem Jahre 1878. Der Autor beschrieb neben der Herzdruckmassage präzise die Beatmung mit einem Beatmungsbeutel über ein Tracheostoma, die invasive arterielle Blutdruckmessung und die Applikation vasoaktiver Substanzen [
1]. Zudem stellte er fest: „Doch gibt es auch hier eine äusserste Grenze und es ist mir niemals eine Wiederbelebung gelungen, wenn ich die Compression des Thorax später als 8 min nach der letzten natürlichen Athmungsbewegung begann. In der Regel liess ich sie 2 bis 3 min nach Beginn der künstlichen Respiration eintreten. Sie wird in der Weise ausgeführt, dass man mit einer Hand den sehr elastischen Brustkorb der Katze von vorn umfasst und in demselben Moment schonend und mit mässiger Kraft komprimirt, wo er seine grösste Ausdehnung durch die eingeblasene Luft erhalten hat. Es ist dabei ziemlich gleichgültig, ob man den Druck mehr nach unten wirken lasst, so dass der Thorax der Fläche nach comprimirt wird oder, wie ich es vorzog, die beiden Wände des Brustkorbs durch seitlichen Druck einander nähert.“ Des Weiteren beschrieb er nach prolongierter Reanimation neurologische Folgeschäden als limitierenden Prognosefaktor: „Es sind dies Fälle, wo eben nur eine theilweise Wiederbelebung stattfindet, und vielleicht nur das Rückenmark functionirt, während das ganze Gehirn mit der Medulla oblongata gelähmt bleiben“ [
1]. …