Die Entwicklung eines uvealen Effusionssyndroms ist bei Sulfonamid-haltigen Arzneimitteln, zu denen auch der Carboanhydrasehemmer Acetazolamid gehört, grundsätzlich bekannt [
9]. Der vorliegende Fall verdeutlicht allerdings, dass die hierbei eintretende Aderhautschwellung nicht nur Aderhautfalten hervorruft, sondern foudroyant verlaufen und dabei durch eine massive intraokulare Volumenverschiebung zu einem iridokornealen Winkelblock führen kann. Neben Acetazolamid sind aus der Literatur ähnliche Fälle auch durch andere Sulfonamid-haltige Medikamente wie dem als Antiepileptikum verwendeten Carboanhydrasehemmer Topiramat und dem Thiaziddiuretikum Hydrochlorothiazid bekannt [
4,
7,
8]. In der Allgemeinbevölkerung wird die Inzidenz von Sulfonamid-Allergien mit 3–8 % angenommen [
2]. Die meisten Reaktionen auf Sulfonamide resultieren aus multifaktoriellen immunologischen und toxischen Stoffwechselmechanismen, während über die genauen Reaktionsmechanismen weniger bekannt ist [
1]. Immunglobulin E(IgE)-vermittelte Typ-1-Immunreaktionen auf Sulfonamide können Anaphylaxie, Angioödeme und Urtikaria hervorrufen und nehmen darüber auch Einfluss auf die Konstitution der Aderhaut [
10]. Über diesen Weg kann u. a. Acetazolamid, wie in dieser Kasuistik geschildert, paradoxe Nebenwirkungen mit ausgeprägtem uvealem Effusionssyndrom hervorrufen. Interessanterweise wurde festgestellt, dass gerade bei IgE-vermittelten Typ-1-Immunreaktionen nicht die Sulfonamid-definierende NH
2-SO
2-Struktur, sondern der im Molekül enthaltene heterozyklische N‑Ring an IgE bindet [
3]. Somit ist auch zu erklären, dass verschiedene Sulfonamid-haltige Arzneimittel mit unterschiedlichen heterozyklischen N‑Ringen sehr variable Immunreaktionen hervorrufen können. In dem vorliegenden Fall war bei der Patientin keine Sulfonamid-Allergie bekannt. Dennoch sollte gerade vor der Verabreichung von Acetazolamid und anderen Sulfonamiden eine allergologische Anamnese erfolgen. Gleichzeitig sollte auch bei Vorliegen einer klaren klinischen Situation wie der eines Winkelblocks durch eine spezifische Anamnese differenzialdiagnostisch an die Unterscheidung zwischen einem primären und sekundären Engwinkelglaukom gedacht werden, da dies für die Therapieentscheidung – wie in diesem Fall – von wesentlicher klinischer Relevanz sein kann. In diesem Kontext wurde in der Literatur das Vorliegen einer Plateau-Iris-Konfiguration als wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Winkelblockglaukoms diskutiert [
5]. Während lokale und/oder systemische Carboanhydrasehemmer im Rahmen von Augeninnendruckentgleisungen als First-line-Therapeutika angesehen und verwendet werden können [
6], wären diese in dem vorliegenden Fall kontraindiziert. Nicht zuletzt sollte neben der adäquaten Therapie auch daran gedacht werden, den Patienten über das Vorliegen und die Bedeutung einer Sulfonamid-Allergie aufzuklären.