Analyse des Visus, der Keratometrie und der Aberrometrie (Koma) nach ICRS-Implantation bei Keratokonus (KK) bzw. der Visusentwicklung nach sequenziell notwendiger Excimerlaser-assistierter perforierender Keratoplastik (PKP).
Patienten und Methoden
Retrospektive Analyse einer Fallserie von 7 Patienten aus dem Homburger Keratokonus Center (HKC), die 3,2 ± 3,0 Jahre nach ICRS-Implantation bei nicht zufriedenstellendem Visus eine Excimerlaser-PKP erhielten. Neben dem unkorrigierten (UCVA) und bestkorrigierten (BCVA) Fernvisus in logMAR wurden die flache (K1), steile (K2), mittlere Keratometrie (Kmean), die Higher Order Aberrations (HOA, Koma) sowie die Regularität des Astigmatismus mittels Tomographie analysiert. Die Daten der PKP-Gruppe (PG) wurden mit einer Kontrollgruppe (KG) von 7 altersadaptierten, zufriedenen ICRS-Patienten ohne PKP-Notwendigkeit verglichen. Die Datenerhebung erfolgte vor und 7,4 ± 4,5 Monate nach PKP.
Ergebnisse
Vor PKP zeigte sich eine signifikant schlechtere UCVA von 0,94 ± 0,54 und BCVA von 0,49 ± 0,07 in der PG im Vergleich zur KG (UCVA 0,40 ± 0,35; BCVA 0,06 ± 0,05, p < 0,01). K1 war in der PG vor PKP signifikant höher (47,1 ± 3,1 vs. 43,0 ± 2,7 D) als in der KG (p = 0,02), K2 (p = 0,86) und Kmean (p = 0,12) nicht. Die Regularität des peripheren (p = 0,54) und zentralen Astigmatismus (p = 0,69) sowie die Koma (p = 0,39) unterschieden sich präoperativ zwischen den Gruppen nicht. Die Excimerlaser-PKP war bei allen 7 Augen wie gewohnt möglich. Sieben Monate nach komplikationsloser PKP trotz liegender ICRS zeigte sich schon bei liegenden Fäden ein signifikanter Visusanstieg (BCVA) von 0,49 ± 0,07 auf 0,33 ± 0,1 (p < 0,001). Auch K1 verringerte sich nach PKP signifikant (p = 0,002).
Schlussfolgerungen
Patienten nach erfolgloser ICRS-Implantation zeigten neben schlechtem Visus eine höhere K1 bei ähnlichen Werten für K2, Kmean und Koma. Diese Patienten profitieren von einer Excimerlaser-PKP, die trotz liegender ICRS problemlos möglich ist.
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Abb. 1
Präoperativer Visusvergleich von 7 Augen, die bei unzureichender Visusbesserung nach Implantation intrakornealer Ringsegmente (ICRS) im Verlauf eine Excimerlaser-assistierte perforierende Keratoplastik erhielten (gestreift) und einer Kontrollgruppe (KG) von 7 zufriedenen Patienten nach ICRS-Implantation mit bestkorrigiertem Fernvisus ≤ 0,1 (grau). UCVA unkorrigierter Fernvisus, BCVA bestkorrigierter Fernvisus, PKP perforierende Keratoplastik, KG Kontrollgruppe, logMAR „logarithm of minimum angle of resolution“
Entwicklung des bestkorrigierten Fernvisus (BCVA) von 7 Augen vor (gestreift) und durchschnittlich 7 Monate nach Excimerlaser-assistierter perforierender Keratoplastik (grau) bei liegenden intrakornealen Ringsegmenten bei Keratokonus. BCVA bestkorrigierter Fernvisus, PKP perforierende Keratoplastik, logMAR „logarithm of minimum angle of resolution“
Historische Indikation der intrastromalen kornealen Ringsegmente (ICRS) war die Behandlung der milden Myopie [13]. Heutzutage sind die Hauptindikationen der Keratokonus (KK), die pelluzide marginale Degeneration und die Post-LASIK-Keratektasie [6, 8]. Wichtige Voraussetzungen für eine ICRS-Implantation sind eine zentral narbenfreie Hornhaut, eine ausreichende periphere Hornhautdicke von > 400 µm an der Implantationsstelle sowie eine Kontaktlinsenunverträglichkeit [7]. Kontraindikationen bestehen bei zentraler Hornhautnarbe, fortgeschrittenem Keratektasiestadium mit einer maximalen Brechkraft von > 62 D oder Begleiterkrankungen wie dermaler Atopie, herpetischer Keratitis oder Autoimmunerkrankungen [28].
Anzeige
Die Ringsegmente werden nach mechanischer oder Femtosekundenlaser-assistierter Präparation eines kornealen Tunnels in 80 % Stromatiefe mittels Pinzette implantiert [27]. Die ICRS können sowohl die unkorrigierte als auch die bestkorrigierte Sehschärfe verbessern. Weiterhin können sie eine mechanische Stabilisation der Hornhaut bewirken und so die Progression der Erkrankung zumindest beim Erwachsenen eindämmen. Sie sind in unterschiedlicher Segmentlänge, -form, -dicke und -durchmesser verfügbar. In fortgeschrittenem Stadium mit starker stromaler Verdünnung und/oder zentraler kornealer Narbe ist die tiefe anteriore oder perforierende Keratoplastik die Therapie der ersten Wahl.
Typische Komplikationen nach ICRS-Implantation umfassen die Keratitis, Segmentextrusion, asymmetrische Tunneltiefe (v. a. nach mechanischer Dissektion [27]), stromale Ablagerungen um das Ringsegment herum sowie die perisegmentale Fibrose [12, 19]. Bei fokaler kornealer Extrusion mit Einschmelzung ist eine notfallmäßige Explantation der ICRS erforderlich. Eine weitere mögliche „Komplikation“ nach ICRS-Implantation ist der sog. „refractive failure“ oder „non responder“ [9]. Dieser bezeichnet eine unzureichende Verbesserung der Sehschärfe trotz komplikationsloser Implantation und reizfreien postoperativen Befundes [9, 19]. Bisweilen wird er in der Literatur als zweithäufigster Grund für eine Explantation der ICRS angegeben [9]. Die Explantationsrate von ICRS nach Femtosekundenlaser-gestützter Tunnelkreation liegt zwischen 6 und 13 % [3, 19, 20].
Wir berichten über 7 Patienten mit KK und unzureichender Visusbesserung nach ICRS-Implantation, die im Verlauf komplikationslos einer Excimerlaser-assistierten PKP bei noch liegenden ICRS unterzogen wurden.
Patienten und Methoden
Es wurden 7 Augen von 7 Patienten (4 männlich, 3 weiblich), die bei unzureichender Visusbesserung nach ICRS-Implantation bei KK in der Universitäts-Augenklinik des Saarlandes eine Excimerlaser-assistierte PKP erhielten, eingeschlossen. Bei den ICRS handelte es sich um INTACS (n = 4, Addition Technology Inc, Lombard, Illinois, Vereinigte Staaten), Ferrara-Ringe (n = 2, AJL Ophthalmics, Minano, Spanien) oder MyoRing (n = 1, Mediphacos, Belo Horizonte, Brasilien). Die INTACS-Implantationen hatten in unserer Klinik, die Ferrara- bzw. MyoRing-Implantationen extern stattgefunden. Alle Patienten berichteten über eine ausbleibende Visusverbesserung nach erfolgter ICRS-Implantation am betroffenen Auge. Die präoperative und postoperative Diagnostik umfasste Spaltlampenbiomikroskopie, Bestimmung des unkorrigierten (UCVA) und bestkorrigierten Fernvisus (BCVA) in logMAR, Keratometrie (in Dioptrien [D]) des flachen (K1) und steilen (K2) Meridians sowie der mittleren Keratometrie (Kmean), des kornealen Zylinders, der Regularität des peripheren und zentralen Astigmatismus (mittels Fourier-Analyse), der zentralen Hornhautdicke (CCT), der Endothelzelldichte (ECD) und der Aberrometrie (Koma). Die Fernvisusbestimmung erfolgte dezimal nach Snellen und wurde äquivalent in logMAR („logarithm of the minimal angle of resolution“) umgerechnet. Die Messung der kornealen Tomographie, der Aberrometrie, der Pachymetrie sowie die Fourier-Analyse erfolgte mittels Scheimpflug-Kamera (Pentacam HR, Oculus Optikgeräte GmbH, Wetzlar, Deutschland), die Messung der Endothelzelldichte (in Zellen/mm2) mittels Spektralmikroskopie (EM-4000, Tomey Corp, Nagoya, Japan). Präoperativ wurden die Daten der PKP-Gruppe (PG) mit einer altersadaptierten Kontrollgruppe (KG) von 7 zufriedenen Patienten nach ICRS-Implantation mit bestkorrigiertem Fernvisus ≤ 0,1 logMAR verglichen.
Anzeige
Ergebnisse
Die Excimerlaser-PKP wurde im Durchschnitt 3,2 ± 3,0 Jahre nach ICRS-Implantation durchgeführt. Das mittlere Alter der Patienten lag zum Zeitpunkt der Operation bei 40,1 ± 11,2 Jahren. Der durchschnittliche Follow-up-Zeitraum nach PKP betrug 7,4 ± 4,5 Monate. Die mittlere UCVA in der PG lag präoperativ bei 0,94 ± 0,54 und bei 0,40 ± 0,35 in der KG (p < 0,01, Tab. 1, Abb. 1). Die mittlere BCVA der PG lag präoperativ bei 0,49 ± 0,07 und bei 0,06 ± 0,05 in der KG (Abb. 1, p < 0,01). Keratometrisch war in der PG K1 präoperativ signifikant größer als in der KG (47,1 ± 3,1 vs. 43,0 ± 2,7, p = 0,02). K2 (48,1 ± 5,0 vs. 47,0 ± 2,7, p = 0,86) und Kmean (47,5 ± 3,3 vs. 44,9 ± 2,7, p = 0,12) waren präoperativ vergleichbar zwischen beiden Gruppen. Der mittlere anteriore korneale Zylinder (3,96 ± 2,57 vs. 4,13 ± 2,19, p = 0,67), die mittlere CCT (457,3 ± 58,1 vs. 462,3 ± 34,8, p = 0,62) sowie die mittlere Koma (−0,3 ± 1,05 vs. 0,02 ± 0,90, p = 0,08) zeigten präoperativ keine signifikanten Unterschiede zwischen PG und KG. Die Regularität des peripheren (0,34 ± 0,37 vs. 0,17 ± 0,01, p = 0,30) und zentralen (0,31 ± 0,16 vs. 0,37 ± 0,18, p = 0,23) Astigmatismus waren präoperativ zwischen beiden Gruppen vergleichbar. Die mittlere Endothelzelldichte war in der PG präoperativ nicht signifikant niedriger als in der KG (2453 ± 534 vs. 2584 ± 308, p = 0,58).
Tab. 1
Übersicht über Visus, Keratometrie, zentrale Pachymetrie, Aberrometrie und Endothelzelldichte von 7 Augen vor Excimerlaser-assistierter perforierender Keratoplastik bei unzureichender Visusbesserung nach Implantation intrastromaler kornealer Ringsegmente (ICRS) und einer Kontrollgruppe von 7 zufriedenen Patienten nach ICRS-Implantation mit bestkorrigiertem Fernvisus ≤ 0,1
Patienten der PG präoperativ
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Nr. 5
Nr. 6
Nr. 7
UCVA [logMAR]
0,8
1,9
0,8
0,7
0,7
0,6
0,8
BCVA [logMAR]
0,6
0,5
0,5
0,5
0,5
0,4
0,4
K1 [D]
50,2
44,4
46,1
43,6
50,5
43,5
41,9
K2 [D]
56,7
50
48,9
50,8
49,6
44,5
45,6
Kmean [D]
53,3
47
47,5
46,9
50
44
43,7
ACA [D]
6,5
5,7
2,8
7,2
0,9
1
3,6
ZHD [µm]
401
520
472
449
361
491
507
Koma
−0,442
0,291
−1,518
−0,947
−5,493
−1,711
−1,417
RZA
0,37
0,47
0,25
0,56
0,11
0,08
0,36
RPA
0,1
0,17
0,31
0,19
1,22
0,11
0,26
ECD [c/mm2]
2446
2566
2460
2833
1527
2545
2798
Patienten der KG
UCVA [logMAR]
0,1
0,1
0,2
0,2
0,2
1
0,4
BCVA [logMAR]
0,1
0,1
0
0,1
0,1
0
0
K1 [D]
44,6
44,3
41,2
48,2
41,7
40,2
40,4
K2 [D]
51,6
48,2
43
49,3
45,6
46,7
45,2
Kmean [D]
47,8
46,2
42,1
48,7
43,5
43,2
42,7
ACA [D]
7
3,9
1,8
1,1
3,9
6,5
4,7
ZHD [µm]
437
401
447
484
486
489
492
Koma
0,278
−1,081
−0,433
1,789
−0,275
−0,377
0,249
RZA
0,48
0,38
0,16
0,17
0,35
0,69
0,38
RPA
0,13
0,27
0,19
0,21
0,05
0,05
0,26
EZD [c/mm2]
3251
2551
2449
2367
2635
2396
2443
ACA anteriorer kornealer Astigmatismus, BCVA bestkorrigierter Fernvisus, EZD Endothelzelldichte, K1 flache Kurvatur der Hornhautvorderfläche, K2 steile Kurvatur der Hornhautvorderfläche, Kmean mittlere Kurvatur der Hornhautvorderfläche, KG Kontrollgruppe, PG Excimerlaser-PKP-Gruppe, RZA Regularität des zentralen Astigmatismus (Fourier-Analyse), RPA Regularität des peripheren Astigmatismus (Fourier-Analyse), UCVA unkorrigierter Fernvisus, ZHD zentrale Hornhautdicke
Sechs Monate nach PKP zeigte sich ein signifikanter Visusanstieg (BCVA) auf 0,33 ± 0,1 (Abb. 2, p < 0,01) bereits vor der ersten Hornhautfadenentfernung (Tab. 2). K1 verringerte sich postoperativ in der PG signifikant auf 39,9 ± 5,5 D (p = 0,002). Nicht signifikant veränderten sich 7 Monate nach PKP K2 (44,5 ± 4,5 D, p = 0,76), Kmean (42,0 ± 5,0, p = 0,08), der anteriore korneale Zylinder (4,66 ± 2,3 D, p = 0,31), die CCT (490 ± 41, p = 0,94) sowie die Koma (−0,8 ± 2,49, p = 0,59). Die Regularität des zentralen und peripheren Astigmatismus in der Fourier-Analyse war nach PKP nicht signifikant kleiner als präoperativ (0,26 ± 0,17 mm, p = 0,53 bzw. 0,22 ± 0,11 mm, p = 0,41).
Tab. 2
Übersicht über Visus, Keratometrie, zentrale Pachymetrie, Aberrometrie und Endothelzelldichte von 7 Augen im Mittel 7,4 Monate nach Excimerlaser-assistierter perforierender Keratoplastik bei unzureichender Visusbesserung nach Implantation intrastromaler kornealer Ringsegmente
Patienten der PG postoperativ
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Nr. 5
Nr. 6
Nr. 7
UCVA [logMAR]
1
1,3
0,5
0,6
1,3
1
0,8
BCVA [logMAR]
0,4
0,5
0,2
0,4
0,3
0,3
0,2
K1 [D]
34,8
37,5
40,8
43,6
32,4
48,9
41
K2 [D]
43,8
40,4
45,7
48,2
37,3
50,5
45,6
Kmean [D]
38,8
38,9
43,1
45,8
34,6
49,7
43,2
ACA [D]
9
2,9
5
4,6
4,9
1,6
4,6
ZHD [µm]
529
440
465
525
447
542
482
Koma
−5,082
3,069
−2,159
0,652
−0,952
−0,505
−0,782
RZA
0,2
0,2
0,15
0,54
0,09
0,45
0,22
RPA
0,27
0,36
0,35
0,15
0,13
0,24
0,06
ECD [c/mm2]
1449
625
1435
1341
1619
2139
1520
ACA anteriorer kornealer Astigmatismus, BCVA bestkorrigierter Fernvisus, EZD Endothelzelldichte, K1 flache Kurvatur der Hornhautvorderfläche, K2 steile Kurvatur der Hornhautvorderfläche, Kmean mittlere Kurvatur der Hornhautvorderfläche, KG Kontrollgruppe, PG Excimerlaser-PKP-Gruppe, RZA Regularität des zentralen Astigmatismus (Fourier-Analyse), RPA Regularität des peripheren Astigmatismus (Fourier-Analyse), UCVA unkorrigierter Fernvisus, ZHD zentrale Hornhautdicke
Die intraoperative Zentrierung des Excimerlasers mittels Trepanationsmaske war in allen Fällen mit einem Transplantatdurchmesser von 8,0/8,1 mm bzw. 8,5/8,6 mm (Empfänger/Spender) auch bei liegenden ICRS problemlos möglich (Abb. 3). Ein passgenaues Einfügen des Transplantats in das Wirtsgewebe war in allen 7 Fällen erfolgreich (Abb. 4). Postoperative Komplikationen wie Abstoßungsreaktion, Fadenlockerung oder Wundheilungsstörung zeigten sich bei keinem Patienten im untersuchten Follow-up-Zeitraum.
Abb. 3
Intraoperative Positionierung der Trepanationsmaske (8,5 mm Durchmesser). Die Enden der intrastromalen kornealen Ringsegmente sind markiert (rote Peile)
Spaltlampenfotografie (a1–a7) und axiale/sagittale Krümmung der Vorderfläche (Scheimpflug-Tomographie; c1–c7) aller Patienten der Excimer-PKP-Gruppe präoperativ sowie zum letzten Follow-up-Zeitpunkt (b1–b7; d1–d7). In einem Fall hat man sich bei ausgeprägter Verdünnung der peripheren Wirtshornhaut für Einzelknüpfnähte entschieden (s. b3). Bei einem Patienten (a7–d7) wurde der MyoRing (Mediphacos, Belo Horizonte, Brasilien) wenige Wochen vor der Excimerlaser-PKP extern explantiert. Die Ablagerungen im Bereich des Segmenttunnels sind noch deutlich erkennbar (s. a7, rote Pfeile)
Ein 29-jähriger Ingenieur mit Keratokonuserstdiagnose im Jahr 2010 stellte sich im Jahr 2022 in unserer Hornhautsprechstunde vor. Er hatte im Jahr 2020 in Brasilien am rechten Auge eine ICRS-Implantation (Ferrara-Ring als Monosegment über 320°) erhalten. Subjektiv berichtete der Patient über keinerlei Visusverbesserung sowie stark gesteigerte Photophobie nach dem Eingriff. Die UCVA lag bei logMAR 1,0, die BCVA bei 0,6. Spaltlampenbiomikroskopisch und in der optischen Kohärenztomographie des vorderen Augenabschnittes (VAA-OCT) zeigte sich die Hornhaut ohne perisegmentale Fibrose und mit ausreichender stromaler Tunneltiefe des ICRS (Abb. 5). Es wurde in unserer Klinik 2 Jahre nach ICRS-Implantation eine Excimerlaser-assistierte PKP mit Transplantatdurchmesser 8,5/8,6 mm bei liegendem ICRS durchgeführt. Sechs Monate postoperativ zeigten sich ein reizfreier Befund mit klarem Transplantat (Abb. 5) und eine Visusverbesserung auf 0,5 (UCVA) bzw. 0,3 (BCVA).
Abb. 5
Spaltlampenfotografie (a, b) und optische Kohärenztomographie des vorderen Augenabschnittes (VAA-OCT; c) des rechten Auges eines 29-jährigen Ingenieurs aus Brasilien mit liegendem intrakornealem Ringsegment (Ferrara-Ring über 320°). Der Patient zeigte trotz ausreichender stromaler Tunneltiefe in der VAA-OCT keine Visusbesserung und berichtete subjektiv über unerträgliche Photophobie seit der Ringsegmentimplantation. Spaltlampenfotografie (d, e) und VAA-OCT (f) desselben Auges 7 Monate nach Excimerlaser-assistierter perforierender Keratoplastik. Es zeigt sich ein klares, kompensiertes Transplantat (Durchmesser 8,5/8,6 mm) mit 2 festen fortlaufenden Hornhautfäden nach Hoffmann
Die ICRS-Implantation ist im Gegensatz zur klassischen refraktiven Chirurgie ein Verfahren mit schwer vorhersagbarem refraktivem Ergebnis. Dabei werden bei kornealer Ektasie 1 oder 2 semizirkuläre Ringsegmente stromal implantiert, um eine zentrale Abflachung der kornealen Kurvatur und eine Regularisierung der Krümmung zu bewirken [7, 8, 28]. Neben typischen Komplikationen wie der Ringsegmentextrusion, Neovaskularisation oder asymmetrischer Tunneltiefe nach mechanischer Tunnelkreation kann eine Verbesserung der Sehschärfe auch bei reizfreiem Spaltlampenbefund und korrekter Positionierung der ICRS ausbleiben, es kommt zum „refractive failure“ oder „non responder“ [9, 14, 19]. In diesen Fällen sind oftmals eine Explantation der ICRS und ein zweiter sekundärer chirurgischer Eingriff zur Visusverbesserung notwendig. Die diffuse perisegmentale Fibrose oder lamelläre Tunnelablagerungen nach ICRS-Implantation scheinen demgegenüber keine negativen refraktiven oder topografischen Effekte mit sich zu bringen [12].
Bei mildem bis moderatem KK kann alternativ zur isolierten ICRS-Implantation ein „Crosslinking (CXL) Plus“ zur Stabilisierung der Erkrankungsprogression, Reduktion der kornealen Irregularität und Visusoptimierung erfolgen [15]. Dabei wird in diversen möglichen Varianten das korneale CXL mit einem (simultanen oder sequenziellen) refraktiven Eingriff wie der photorefraktiven Keratektomie (PRK), der Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK), oder der „small incision lenticule extraction“ (SMILE) kombiniert [11, 14, 15, 17, 18, 22]. Die Kombination des CXL mit einer ICRS-Implantation ist ebenfalls möglich und scheint mit gleichwertigen oder gar besseren Ergebnissen (vgl. größere BCVA, kleineres sphärisches Äquivalent, kleinere mittlere Keratometrie) vergesellschaftet zu sein [2, 26]. Auch ein isoliertes CXL scheint beim KK eine langfristige korneale Abflachung bzw. Reduktion der Aberrometrie bewirken zu können [16, 29].
Im Falle einer „non response“ nach ICRS-Implantation ohne eintretende Visusverbesserung ist die PKP eine effektive einzeitige Therapieoption. Die Excimerlaser-gestützte Trepanation ermöglicht dabei im Vergleich zur mechanischen Trepanation eine bessere Spender-Empfänger-Kongruenz des Hornhautgewebes und erleichtert dem Mikrochirurgen die Positionierung des Transplantats durch Orientierungszähnchen zur Verringerung der horizontalen Torsion [23, 25]. Auch in Bezug auf Höhe und Regularität des postoperativen Astigmatismus nach Fadenentfernung zeigte sich die Excimerlaser-gestützte der konventionell mechanischen Trepanation überlegen [24]. Die intraoperative Zentrierung der Trepanation mittels Maske ist dabei mit einem Transplantatdurchmesser von 8,0/8,1 mm bzw. 8,5/8,6 mm auch außerhalb der liegenden ICRS komplikationslos möglich [1]. Ob sich histologische korneale Veränderungen nach ICRS-Implantation auf das Transplantatüberleben und die Komplikationsrate bei anschließender PKP auswirken, ist unklar [21]. Unsere eigenen mittelfristigen Beobachtungen sprechen derzeit dagegen.
Auch die tiefe anteriore lamelläre Keratoplastik (DALK) ist bei liegenden ICRS bei KK als Alternative zur PKP möglich [4, 5, 10]. Das Risiko einer endothelial getriggerten Abstoßungsreaktion bleibt somit aus. Ob und inwieweit sich das klinische Outcome nach DALK bei liegenden ICRS von dem bei primärer PKP/DALK unterscheidet, ist bei sehr wenigen in der Literatur beschriebenen Fällen noch unklar [10].
Anzeige
Schlussfolgerungen
Unsere Ergebnisse deuten an, dass die ICRS-Implantation bei KK eine sequenzielle, erfolgreiche Excimerlaser-assistierte PKP bei Patienten mit unzureichender Visusbesserung nach ICRS-Implantation nicht erschwert oder gar ausschließt. Eine gesteigerte technische Herausforderung für den Operateur entsteht durch die liegenden Ringsegmente nicht. Größere Patientenzahlen und ein längerer Nachbeobachtungszeitraum mit funktionellen Ergebnissen nach kompletter Fadenentfernung sind notwendig, um die Ergebnisse dieser kleinen Fallserie zu verifizieren.
Fazit für die Praxis
Die Implantation intrakornealer Ringsegmente schließt eine erfolgreiche sequenzielle Excimerlaser-assistierte perforierende Keratoplastik beim Keratokonus nicht aus.
Die Excimerlaser-gestützte Trepanation ist trotz liegender intrakornealer Ringsegmente mit einem Transplantatdurchmesser (Empfänger/Spender) von 8,0/8,1 mm oder 8,5/8,6 mm problemlos möglich.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
P. Teping, L. Hamon, B. Seitz und L. Daas geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Unsere Produktempfehlungen
Die Ophthalmologie
Print-Titel
Umfassende Themenschwerpunkte mit klaren Handlungsempfehlungen
Praxisrelevante CME-Fortbildung in jedem Heft
Organ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft
Alfaro Rangel R, Szentmary N, Lepper S et al (2020) 8.5/8.6-mm Excimer Laser-Assisted Penetrating Keratoplasties in a Tertiary Corneal Subspecialty Referral Center: Indications and Outcomes in 107 Eyes. Cornea 39:806–811CrossRefPubMed
2.
Coskunseven E, Jankov MR 2nd, Hafezi F et al (2009) Effect of treatment sequence in combined intrastromal corneal rings and corneal collagen crosslinking for keratoconus. J Cataract Refract Surg 35:2084–2091CrossRefPubMed
3.
Coskunseven E, Kymionis GD, Tsiklis NS et al (2011) Complications of intrastromal corneal ring segment implantation using a femtosecond laser for channel creation: a survey of 850 eyes with keratoconus. Acta Ophthalmol 89:54–57CrossRefPubMed
4.
Daas L, Aljundi W, Abdin AD et al (2025) Excimer Laser-Assisted Deep Anterior Lamellar Keratoplasty Versus Penetrating Keratoplasty for Patients With Keratoconus: A Retrospective Analysis From the Homburg Keratoconus Center. Cornea 44:291–299CrossRefPubMed
5.
Daas L, Hamon L, Ardjomand N et al (2021) Excimerlaser-gestützte DALK: Ein Fallbericht aus dem Homburger Keratokonus Center (HKC). Ophthalmologe 118:1245–1248CrossRefPubMedPubMedCentral
6.
El-Husseiny M, Daas L, Langenbucher A et al (2016) Intrakorneale Ringsegmente bei Keratektasien – Zwischenergebnisse und potenzielle Komplikationen. Klin Monbl Augenheilkd 233:722–726CrossRefPubMed
7.
El-Husseiny M, Tsintarakis T, Eppig T et al (2013) Intrakorneale Ringsegmente beim Keratokonus. Ophthalmologe 110:823–826 (828–829)CrossRefPubMed
8.
Ertan A, Colin J (2007) Intracorneal rings for keratoconus and keratectasia. J Cataract Refract Surg 33:1303–1314CrossRefPubMed
9.
Ferrer C, Alio JL, Montanes AU et al (2010) Causes of intrastromal corneal ring segment explantation: clinicopathologic correlation analysis. J Cataract Refract Surg 36:970–977CrossRefPubMed
10.
Fontana L, Parente G, Sincich A et al (2009) Deep anterior lamellar keratoplasty after Intacs implantation in patients with keratoconus. Cornea 28:32–35CrossRefPubMed
11.
Graue-Hernandez EO, Pagano GL, Garcia-De La Rosa G et al (2015) Combined small-incision lenticule extraction and intrastromal corneal collagen crosslinking to treat mild keratoconus: Long-term follow-up. J Cataract Refract Surg 41:2524–2532CrossRefPubMed
12.
Hamon L, Schlötzer-Schrehardt U, Flockerzi FA et al (2022) Morphological characterization and clinical effects of stromal alterations after intracorneal ring segment implantation in keratoconus. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 260:2299–2308CrossRefPubMedPubMedCentral
13.
Hamon L, Seitz B, Daas L (2022) Intrastromal fibrosis and lipid deposits twenty years after intracorneal ring segments implantation for treatment of mild myopia. J Fr Ophtalmol 45:147–150CrossRefPubMed
14.
Kanellopoulos AJ, Pe LH, Perry HD et al (2006) Modified intracorneal ring segment implantations (INTACS) for the management of moderate to advanced keratoconus: efficacy and complications. Cornea 25:29–33CrossRefPubMed
15.
Kankariya VP, Dube AB, Grentzelos MA et al (2020) Corneal cross-linking (CXL) combined with refractive surgery for the comprehensive management of keratoconus: CXL plus. Indian J Ophthalmol 68:2757–2772CrossRefPubMedPubMedCentral
16.
Koller T, Pajic B, Vinciguerra P et al (2011) Flattening of the cornea after collagen crosslinking for keratoconus. J Cataract Refract Surg 37:1488–1492CrossRefPubMed
17.
Kontadakis GA, Kankariya VP, Tsoulnaras K et al (2016) Long-Term Comparison of Simultaneous Topography-Guided Photorefractive Keratectomy Followed by Corneal Cross-linking versus Corneal Cross-linking Alone. Ophthalmology 123:974–983CrossRefPubMed
18.
Kymionis GD, Kontadakis GA, Kounis GA et al (2009) Simultaneous topography-guided PRK followed by corneal collagen cross-linking for keratoconus. J Refract Surg 25:S807–811CrossRefPubMed
19.
Nguyen N, Gelles JD, Greenstein SA et al (2019) Incidence and associations of intracorneal ring segment explantation. J Cataract Refract Surg 45:153–158CrossRefPubMed
20.
Pinero DP, Alio JL, El Kady B et al (2009) Refractive and aberrometric outcomes of intracorneal ring segments for keratoconus: mechanical versus femtosecond-assisted procedures. Ophthalmology 116:1675–1687CrossRefPubMed
21.
Samimi S, Leger F, Touboul D et al (2007) Histopathological findings after intracorneal ring segment implantation in keratoconic human corneas. J Cataract Refract Surg 33:247–253CrossRefPubMed
22.
Seiler TG, Fischinger I, Koller T et al (2015) Superficial corneal crosslinking during laser in situ keratomileusis. J Cataract Refract Surg 41:2165–2170CrossRefPubMed
23.
Seitz B, Daas L, Milioti G et al (2019) Excimerlaser-assistierte perforierende Keratoplastik: Am 01.07.2019 feierte die perforierende Excimerlaserkeratoplastik ihren 30. Geburtstag. Videobeitrag. Ophthalmologe 116:1221–1230CrossRefPubMed
24.
Seitz B, Hager T, Langenbucher A et al (2018) Reconsidering Sequential Double Running Suture Removal After Penetrating Keratoplasty: A Prospective Randomized Study Comparing Excimer Laser and Motor Trephination. Cornea 37:301–306CrossRefPubMed
25.
Seitz B, Langenbucher A, Kus MM et al (1999) Nonmechanical corneal trephination with the excimer laser improves outcome after penetrating keratoplasty. Ophthalmology 106:1156–1164CrossRefPubMed
26.
Sharma IP, Bakshi R, Chaudhry M (2021) Corneal collagen cross-linking with and without simultaneous intrastromal corneal ring segment implantation: One-year pilot study. Eur J Ophthalmol 31:61–68CrossRefPubMed
27.
Struckmeier AK, Hamon L, Flockerzi E et al (2022) Femtosecond Laser and Mechanical Dissection for ICRS and MyoRing Implantation: A Meta-Analysis. Cornea 41:518–537CrossRefPubMed
28.
Vega-Estrada A, Alio JL (2016) The use of intracorneal ring segments in keratoconus. Eye Vis (lond) 3:8CrossRefPubMed
29.
Vinciguerra P, Albe E, Trazza S et al (2009) Refractive, topographic, tomographic, and aberrometric analysis of keratoconic eyes undergoing corneal cross-linking. Ophthalmology 116:369–378CrossRefPubMed
Bis 2050 wird etwa jedes dritte Kind in Europa kurzsichtig sein [1]. Zur Vermeidung sehkraftgefährdender Folgekomplikationen ist die Progressionsverlangsamung der pädiatrischen Myopie* – z. B. mit niedrig dosiertem Atropin – von zentraler Bedeutung [2,3].