Open Access
19.04.2024 | Keratoplastik | Originalien
Einfluss des Verhältnisses von Transplantatgröße zu Hornhautgröße auf Immunreaktion, Re-Bubbling-Rate und postoperativen Endothelzellverlust bei 457 Augen nach Descemet-Membrane-Endothelial-Keratoplastik (DMEK)
Ziel dieser Studie war es, den Einfluss des Verhältnisses von Transplantatgröße zu Hornhautgröße auf postoperative Komplikationen (endotheliale Immunreaktion [IR], Re-Bubbling-Rate und Endothelzellverlust [ECL]) nach Descemet-Membrane-Endothelial-Keratoplastik (DMEK) zu untersuchen.
Patienten und Methoden
Retrospektiv eingeschlossen wurden 457 Patientenaugen mit den Diagnosen Fuchs-Endotheldystrophie (n = 431), pseudophake bullöse Keratopathie (n = 9) und andere Diagnosen (n = 17), welche zwischen 2016 und 2019 in der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) in Homburg/Saar mittels DMEK (n = 270) bzw. Triple-DMEK (n = 187) operiert wurden. Der Nachbeobachtungszeitraum erstreckte sich bis Ende 2020. Die untersuchten Zielgrößen waren: Auftreten einer endothelialen IR, eines Re-Bubblings und die Größe des postoperativen ECL (6 Wochen, 6 Monate, 1 Jahr) in Abhängigkeit des Verhältnisses von Transplantat- zu Hornhautgröße (VTH).
Ergebnisse
Das VTH in dieser Studie schwankte von 0,35 bis 0,62 (0,46 ± 0,04). Es traten 33 (7,2 %) postoperative IR auf (DMEK n = 25; Triple-DMEK n = 8). Das durchschnittliche VTH war ohne IR (0,46 ± 0,04) signifikant (p = 0,038) kleiner als in der Gruppe mit IR (0,47 ± 0,05). Ein Re-Bubbling war bei 159 von 457 Patientenaugen nötig (34,8 %). Das VTH der Augen mit Re-Bubbling (0,47 ± 0,04) war signifikant (p = 0,014) größer als das VTH der Augen ohne Re-Bubbling (0,45 ± 0,04). Die durchschnittliche präoperative Endothelzellzahl (ECD) betrug 2603 ± 251 Zellen/mm2 (Min: 2161, Max: 3500 Zellen/mm2). Ein größerer VTH hatte keinen positiven Einfluss auf den Endothelzellverlust (r = 0,001; p = 0,974).
Schlussfolgerung
Unsere Ergebnisse deuten an, dass ein größerer Transplantatdurchmesser im Vergleich zu Hornhautgröße mit einer erhöhten Rate von IR und Re-Bubblings nach DMEK einhergeht. Dagegen hatte das VTH keinen Einfluss auf den Endothelzellverlust nach DMEK. Aus diesem Grund sollte der Transplantatdurchmesser für DMEK gerade bei der Fuchs-Dystrophie nicht unnötig groß gewählt werden.
Hinweise
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Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Abkürzungen
DMEK
Descemet-Membrane-Endothelial-Keratoplastik
EBAA
U.S. Eye Bank Association of America
ECD
Endothelzellzahl
ECL
Endothelzellverlust
IR
Endotheliale Immunreaktion
PKP
Perforierende Keratoplastik
RGH
Ratio between graft and host cornea size
UKS
Universitätsklinikum des Saarlandes
VTH
Verhältnis von Transplantat- zu Hornhautgröße
In den letzten Jahren stieg die Zahl der durchgeführten Descemet-Membran-Endothelial-Keratoplastiken (DMEK) weltweit. Auch in Deutschland hat sich die Zahl der Keratoplastiken in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Für die Behandlung von endothelialen Hornhauterkrankungen, wie z. B. der Fuchs-Endotheldystrophie, ist die DMEK inzwischen in Deutschland der Goldstandard geworden [9].
Im Jahr 2022 wurde in Deutschland eine Zahl von 6194 durchgeführten DMEKs an das deutsche Keratoplastikregister gemeldet, was 98,7 % aller posterioren lamellären Keratoplastiken ausmacht [26]. Verglichen hierzu veröffentlichte die U.S. Eye Bank Association of America (EBAA), dass 2022 rund 30.792 (62,7 %) von allen für Keratoplastiken benutzen Transplantate für eine endotheliale Keratoplastik genutzt wurden [31, 34].
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Vorteile einer DMEK sind ein bis zu 10fach geringeres Risiko einer endothelialen Abstoßungsreaktion und eine schnellere Visuserholung im Vergleich zur perforierenden Keratoplastik (PKP) [1, 6, 16, 17, 22]. In der Studie von Hos et al. hatten 5 % der PKP-Augen nach 12 Monaten eine Abstoßungsreaktion, nach DMEK waren es nur 2–3 % [16, 17].
Die häufigste postoperative Komplikation nach DMEK ist eine Transplantatdehiszenz, welche jedoch gut mit einem Re-Bubbling therapiert werden kann [11]. Bei der PKP wurde in diversen Studien gezeigt, dass ein größerer Transplantatdurchmesser aufgrund der Limbusnähe mit einer erhöhten Migration Antigen-präsentierender Zellen einhergeht und zu einer Immunreaktion (IR) führen kann [23, 33, 35]. Auch in der Publikation von Tischer et al. wurde nach PKP gezeigt, dass ein größerer Transplantatdurchmesser mit einem erhöhten immunologischen Risiko behaftet ist, insbesondere wenn das Transplantat nach unten dezentriert ist [32]. Ob das jedoch auch bei Transplantationen nach DMEK gilt, ist bislang noch nicht untersucht.
Das Ziel dieser Studie war es, das Auftretens einer postoperativen endothelialen IR bzw. einer Transplantatdehiszenz mit Re-Bubbling und die Reduktion der postoperativen Endothelzellzahl in Abhängigkeit von dem Verhältnis der Transplantatgröße zur Empfängerhornhautgröße (VTH) zu untersuchen.
Patienten und Methoden
Studienaufbau
Die Datenerhebung erfolgte retrospektiv an 457 nach DMEK bzw. Triple-DMEK (Phakoemulsifikation, Hinterkammerlinsenimplantation und DMEK) operierten Augen, wobei 225 (49 %) der Patienten weiblichen und 232 (51 %) männlichen Geschlechts waren. Insgesamt waren es 233 (51 %) linke Augen und 224 (49 %) rechte Augen. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 69,0 ± 9,56 Jahren.
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Die Hornhauttransplantationen wurden im Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2019 durchgeführt. Die angewandte Technik ist detailliert publiziert [27, 28]. Dabei wurden nur Patienten eingeschlossen mit den Diagnosen Fuchs-Endotheldystrophie (n = 431), pseudophake bullöse Keratopathie (n = 9) und andere Diagnosen (n = 17), welche eine DMEK (n = 270) bzw. Triple-DMEK (n = 187) in der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) erhielten und bei denen eine Spaltlampenfotografie der Kornea (10fache Vergrößerung) in der Patientenakte vorhanden war (Tab. 1). Für die Ausmessung der Hornhaut, sollte auf dieser Fotografie möglichst die Hornhaut im Ganzen zu sehen sein. Von dieser Studie ausgeschlossen wurden Patienten mit Spaltlampenaufnahmen, auf denen der Limbus mehr als 30 % vom Lid verdeckt war. Ebenso wurden Patienten mit multiplen Augenoperationen und Operationen an beiden Augen ausgeschlossen.
Tab. 1
Verteilung der Operationsdiagnosen nach DMEK. Sonstige: Re-DMEK nach Transplantatversagen von DMEK, DSAEK oder PKP
Diagnose
n =x
Prozent (%)
Fuchs-Endotheldystrophie
431
94,3
Pseudophake bullöse Keratopathie
9
2,0
Sonstige
17
3,7
TOTAL
457
100,0
Die verwendeten Transplantate wurden hierfür entweder von der klinikinternen Hornhautbank, dem Klaus Faber Zentrum für Hornhauterkrankungen, inklusive LIONS-Hornhautbank Saar-Lor-Lux, Trier/Westpfalz, oder von verschiedenen externen Hornhautbanken zur Verfügung gestellt [36].
Die Studie wurde gemäß den Grundsätzen der 1964 formulierten Deklaration von Helsinki durchgeführt und durch die Ethikkommission der Ärztekammer des Saarlandes genehmigt (Kennnummer Bu13/21).
Hornhautvermessungen
Das Ausmessen der Gesamthornhautfläche des Empfängers wurde manuell mit ImageJ (NIH, Bethesda, MD, USA), einem Bildbearbeitungs-/-verarbeitungsprogramm, durchgeführt. Hierfür wurden sog. Region-of-Interest(ROI)-Strukturen wie Fläche der Empfängerhornhaut, Fläche des Transplantats und der horizontal gemessene White-to-White-Abstand (WTW) der Empfängerhornhaut bestimmt. Die ROI-Strukturen wurden mithilfe von vorgegebenen Geometrieelementen (z. B. Kreisen oder Linien) halbautomatisch approximiert und anschließend von dem Programm entsprechend berechnet. Da man die Ränder der Descemet-Membran auf den meisten Fotografien nicht erkennen kann, wurde sie bei dem bekannten Transplantatdurchmesser (7,5 mm) einheitlich zentral auf die Empfängerhornhaut gesetzt (Abb. 1). Die mittels ImageJ erhobenen Messwerte wurden zur Kontrolle ihrer Validität mit vorhandenen Werten aus etablierten Messverfahren verglichen, welche im Rahmen der perioperativen Routineuntersuchungen bei jedem Patienten erfolgten. So wurde zur Eichung der Werte der horizontal gemessene WTW der Empfängerhornhaut mit dem mittels Pentacam Scheimpflug-Tomographie (Oculus Optikgeräte GmbH, Wetzlar, Deutschland) bestimmten Wert abgeglichen und verifiziert.
Abb. 1
Hornhautmessungen an postoperativen Spaltbildaufnahmen mittel ImageJ. Ausmessung der eingezeichneten Zielgrößen: transplantierte Hornhautfläche A1 (gestrichelter Kreis), Gesamthornhautfläche des Empfängers A2 (Kreis durchgehend), Hornhautverhältnis VTH: \(\frac{A1}{A2}\)
×
Die Endothelzellzahl wurde mit einem Biomikroskop EM-3000 bzw. 4000 (Tomey, Erlangen-Tennenlohe, Deutschland) festgestellt. Die Endothelzellzahl wurde standardmäßig nach 6 Wochen, 6 Monaten und 12 Monaten dokumentiert. Durch eine nichtinvasive Zählmethode am eingerollten Transplantat konnte schon präoperativ die Endothelzellzahl bestimmt werden und so eine genaue Unterscheidung zwischen Verlust durch Präparation (im Schnitt 9 %) und Verlust während der Operation erfolgen [3, 24]. Die präoperative Endothelzellzahl bei den Spendertransplantaten betrug im Schnitt 2603 Zellen/mm2. Davon wird die Endothelzellzahl im Rahmen der Kontrollmessungen nach 6 Wochen, 6 Monaten bzw. 12 Monaten subtrahiert, sodass jeweils der postoperative Endothelzellverlust (ECL) absolut und in Prozent bestimmt werden konnte.
In eine Microsoft Access-Datenbank (Microsoft Corp, Redmond, WA, USA) wurden das Auftreten einer Transplantatdehiszenz (mit Re-Bubbling) sowie einer endothelialen IR nach DMEK und der postoperative ECL während eines Follow-up von 6 Wochen, 6 Monaten und 12 Monaten postoperativ eingegeben. Ferner wurde das Verhältnis der Transplantatfläche zur Gesamtfläche der Hornhaut (VTH) untersucht, also \(\frac{A1}{A2}\)\(\frac{\left(mm^{2}\right)}{\left(mm^{2}\right)}\) berechnet.
Nach der deskriptiven Statistik aller Zielgrößen und Parameter wurden das Auftreten einer Abstoßungsreaktion und das Nötigwerden eines postoperativen Re-Bubblings mit dem VTH in Bezug gesetzt. Anschließend wurde der Einfluss der VTH auf den ECL nach 6 Wochen/6 Monaten/12 Monaten untersucht.
Zielgrößen
Folgende Zielgrößen wurden für beide Patientengruppen aus der Microsoft Access-Datenbank analysiert und miteinander verglichen:
Verhältnis Transplantatfläche zur Gesamtfläche (VTH),
stattgehabte endotheliale Immunreaktion und Zeitpunkt,
Die Therapie bestand in hyperosmolaren Augentropfen und Antibiotika für 2 Wochen. Hinzu kamen stündlich Prednisolonacetat für 1 Woche, um ein zystoides Makulaödem zu verhindern [12, 14] und anschließend 5‑mal täglich (alle 8 Wochen um 1 Tropfen reduzieren), jedoch 1 Tropfen/Tag für mindestens 2 Jahre [15]. Pseudophake Augen sollten lebenslang Steroidtropfen nehmen, sofern keine Steroidresponse besteht. Weiter sollten Gleitmittel beispielsweise Hylo-Gel (Ursapharm, Saarbrücken, Deutschland) 5‑mal täglich wegen der neuroparalytischen Komponente nach DMEK gegeben werden [21].
Statistik
Für die Auswertung wurde die SPSS-Software der Version 29.0 (IBM Corp, Armonk, NY, USA) genutzt. Stetige Variablen wurden mittels Mittelwert, Standardabweichung, Median, Minimum und Maximum beschrieben, kategoriale Variablen in Prozent. Bei stetigen normalverteilten Variablen wurde der t‑Test verwendet. Um zu prüfen, ob die beobachtete Häufigkeit einer Variable mit der vorgegebenen Häufigkeit übereinstimmt, wurde der Pearson Chi-Quadrat-Test benutzt. Um den linearen Zusammenhang zwischen 2 mindestens intervallskalierten Merkmalen zu bestimmen, wurde mittels Pearson Produkt-Moment-Korrelation und Levene-Test auf Signifikanz und Varianz getestet. Festgelegt wurde dabei ein Signifikanzniveau (Alpha-Fehler) von 5 %. Im Falle von wiederholenden/vielfachen Vergleichen wurde Bonferroni-Korrektur zur Adaption der p-Werte eingesetzt.
Ergebnisse
Das durchschnittliche VTH in dieser Studie schwankte von 0,35 bis 0,62 (M = 0,46 ± 0,04).
Immunreaktion
Insgesamt traten 33 (7,2 %) postoperative IRs auf, 25 IRs in der DMEK-Gruppe, 8 IRs in der Gruppe für Triple-DMEK. Die Immunreaktionen traten durchschnittlich bei einem VTH von 0,47 ± 0,05 auf (DMEK VTH = 0,47 ± 0,05 bzw. Triple-DMEK von 0,48 ± 0,05) (Abb. 2). Als Vergleich war das durchschnittliche VTH von Patientenaugen, welche keine IR hatten, VTH = 0,46 ± 0,04 (DMEK VTH = 0,46 ± 0,04 bzw. Triple-DMEK VTH = 0,45 ± 0,04). Das Auftreten einer IR in Abhängigkeit des VTHs im t‑Test war schwach signifikant: t(455) = 0,963; p = 0,038. Eine eingehendere Analyse ergab, dass diese Abhängigkeit nur in der Triple-DMEK-Gruppe signifikant (p = 0,04) nachzuweisen war.
Abb. 2
Inzidenz einer Immunreaktion in Abhängigkeit vom Verhältnis Transplantatfläche zur Hornhautfläche VTH (\(\frac{A1}{A2}\)) in den 2 Operationsgruppen: DMEK (n = 270, p = 0,55): Immunreaktion n = 25, Triple-DMEK (n = 187, p = 0,04): Immunreaktion n = 8
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Re-Bubbling-Rate
Eine (Teil‑)Dehiszenz des Transplantats, bei dem ein Re-Bubbling nötig war, trat bei 159 von 457 Patientenaugen auf (34,8 %). Es wurde in der Gruppe der DMEK bei 88 von 270 Augen (32,6 %) bzw. in der Triple-DMEK-Gruppe bei 71 von 187 Augen (38,0 %) ein Re-Bubbling durchgeführt. Der Mittelwert des VTHs bei diesen Patientenaugen war 0,47 ± 0,04 (DMEK VTH von 0,47 ± 0,05; Triple-DMEK VTH von 0,46 ± 0,04) (Abb. 3).
Abb. 3
Das Auftreten einer Transplantatdehiszenz mit nötigem Re-Bubbling in Abhängigkeit vom Verhältnis Transplantatfläche zur Hornhautfläche VTH (\(\frac{A1}{A2}\)) in den 2 Operationsgruppen: DMEK (n = 270, p = 0,12): Re-Bubbling n = 88. Triple-DMEK (n = 187, p = 0,02): Re-Bubbling n = 71
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Im Vergleich lag das durchschnittliche VTH von Patienten, bei denen keine postoperative Dehiszenz auftrat, bei 0,45 ± 0,04. Die Analyse zeigte, dass ein größeres VTH mit einem erhöhten Risiko eines Re-Bubbling einhergeht (p = 0,014). Eine eingehendere Analyse ergab keinen Unterschied in der Häufigkeit des Auftretens in den beiden Operationsgruppen. Alle durchgeführten Re-Bubbling fanden in den ersten 4 Wochen nach Operation statt.
Endothelverlust (ECL)
Die durchschnittliche präoperative Endothelzellzahl (ECD) betrug 2603 ± 251 Zellen/mm2 (Min: 2161, Max: 3500 Zellen/mm2). Bei allen Patienten nahm die Endothelzellzahl postoperativ nach 12 Monaten ab. Im Durchschnitt kam es zu einem Verlust von 943 ± 416 Zellen/mm2 nach 6 Wochen (36,2 %), 1145 ± 460 Zellen/mm2 nach 6 Monaten (44,0 %), 1260 ± 494 Zellen/mm2 nach 12 Monaten (48,4 %). Die Korrelation nach Pearson zeigte, dass ein größerer VTH keinen positiven Einfluss auf den ECL in beiden Operationsgruppen hatte (r = 0,001; p = 0,974).
Diskussion
Die DMEK birgt viele Vorteile, welche in zahlreichen Studien gut und oft untersucht wurden, was einer der Gründe sein kann, warum die Zahl der Operationen nach DMEK in Deutschland weiter zunimmt. Aktuelle Studien belegen beispielsweise, dass eine DMEK-Operation auch bei einem Transplantatversagen nach PKP infrage kommt, um eine sichere und deutlich schnellere Visuserholung zu erreichen [17, 29].
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Vergleicht man die DMEK mit anderen Operationstechniken tritt eine Immunreaktion nach PKP und DSAEK 10-mal häufiger auf. Auch wenn die IR-Inzidenz in der Literatur häufig gering mit 1–3 % angegeben wird [16‐18], stellt sich die Frage, wie das postoperative Ergebnis weiter verbessert werden kann. Unsere Ergebnisse deuten an, dass ein größerer Transplantatdurchmesser im Vergleich zur Hornhautgröße mit einer erhöhten Rate von Immunreaktionen nach DMEK einhergeht. Auch in der Publikation von Tischer et al. wurde nach PKP gezeigt, dass ein größerer Transplantatdurchmesser mit einem erhöhten immunologischen Risiko behaftet ist, insbesondere wenn das Transplantat nach unten dezentriert ist [32].
Eine Transplantatdehiszenz ist relativ häufig im Vergleich zu anderen postoperativen Komplikationen nach DMEK. Die Rebubbling-Rate in der vorliegenden Studie rangierte mit 34,8 % über dem in der Literatur beschriebenen Wert von 5–18 % [7, 10, 19]. In vielen Studien fand man Hinweise, dass wiederholte Transplantatdehiszenzen durch multiple Faktoren begünstigt werden können, beispielsweise durch eine vorbestehende Endotheldysfunktion des Spenders, erhöhte und zu tiefe (< 10 mm Hg) peri-/postoperative intraokuläre Druckschwankungen, eine erschwerte postoperative Rückenlage durch eventuelle Komorbidität des Empfängers oder in pseudophaken Augen, ungeachtet ob die Kataraktoperation zeitgleich oder im Voraus erfolgte [5, 13, 20, 25, 31]. Ein weiterer Einflusspunkt, wie in dieser Arbeit gezeigt, scheint die Größe des Transplantatdurchmessers zu sein. Je größer der Durchmesser in Bezug auf Empfängerhornhaut, desto höher die postoperative Re-Bubbling-Rate.
Nach DMEK-Operation rechnet man mit einem durchschnittlichen ECL innerhalb des ersten Jahres zwischen 33 und 41 % [8, 11, 16, 30]. Der postoperative ECL wird durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst, unter anderem durch einen langen präoperativen Konservierungszeitraum des Transplantats [2]. Bei der häufigsten Operationsdiagnose, der Fuchs-Dystrophie, ist typischerweise das periphere Endothel weitgehend intakt und funktional. Es besitzt eine hohe Zelldichte und fungiert als Reservoir, sodass es nicht so schnell zu einem Transplantatversagen kommt und somit auch größere Transplantate nicht unbedingt zu einem geringeren ECL im Verlauf nach DMEK führen müssen [4]. Darauf deuten auch unsere Ergebnisse hin: So hatte ein größeres Transplantat keinen positiven Einfluss auf den postoperativen ECL.
Als eine Limitation dieser Studie kann die potenzielle Dezentrierung des Transplantats in Bezug auf Häufung von IR, Re-Bubbling und die Höhe des ECL postoperativ betrachtet werden. Da bei der DMEK, anders als bei der PKP, nur die endotheliale Descemet-Membran-Lamelle transplantiert wird, ist das Transplantat auf postoperativen Spaltlampenfotos nicht sicher auffindbar.
Fazit für die Praxis
Ein größerer Transplantatdurchmesser im Vergleich zu Hornhautgröße geht mit einer erhöhten Rate von Immunreaktionen und Re-Bubblings nach DMEK einher.
Dagegen hatte das VTH keinen Einfluss auf den Endothelzellverlust nach DMEK.
Die IR- und Re-Bubbling-Rate kann zukünftig durch die Wahl eines kleineren Transplantats im Vergleich zur Hornhautgröße weiter optimiert werden, insbesondere bei der Fuchs-Endotheldystrophie.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
U. Reinert, B. Seitz, C. Munteanu und L. Daas geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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