Diabetische Ketoazidose – ohne Hyperglykämie und ohne SGLT-2-Hemmer

Nicht immer steckt ein SGLT-2-Hemmer dahinter, wenn Menschen mit Diabetes eine euglykämische Ketoazidose entwickeln. Ein Fallbericht erinnert an seltenere und weniger beachtete Ursachen. Der 58-Jährige sucht mit Benommenheit, Übelkeit, Emesis und Atemnot die Notfallambulanz auf; Übelkeit und Erbrechen machen ihm schon seit ein paar Wochen zu schaffen, er hat die Nahrungsaufnahme deswegen stark eingeschränkt. Der Mann räumt einen exzessiven Alkoholkonsum ein, gibt aber an, seit zwei Tagen nicht getrunken zu haben. Vor sechs Jahren wurde bei dem damals stark übergewichtigen Mann ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Unter einer Dreifachtherapie (Metformin/Sitagliptin/Glimepirid) war der Diabetes vor zwei Jahren gut kontrolliert; in den letzten drei Monaten hat der Patient die Medikamente jedoch weggelassen. Bei der körperlichen Untersuchung des jetzt normalgewichtigen Mannes fallen Muskelschwund, eine Tachykardie und trockene Schleimhäute auf. Die Laborbefunde: Die Blutanalyse ergibt eine erhöhte Leukozytenzahl (19,8 x 103/µl). Von den metabolischen Parametern sind auffällig: erhöhtes Kreatinin (1,3 mg/dl), niedriges Serum-Bicarbonat (6 mmol/l), vergrößerte Anionen-Lücke (28 mmol/l), hochnormale Glukose (214 mg/dl), erhöhtes Serumlaktat 2,3 mmol/l und erhöhtes Beta-Hydroxybutyrat 12,9 mmol/l. Der pH im venösen Blut liegt bei nur 6,99. Ein kontrastmittelverstärktes CT deutet u. a. auf eine leichte Pankreatitis. Der Lipasespiegel ist deutlich erhöht (968 IU/l). Das HbA1c beträgt nur 6,1%. Der Test auf Glutamat-Decarboxylase-Antikörper ist negativ, der C-Peptid-Wert niedrig (0,4 ng/ml), passend zu einer verminderten Pankreasfunktion. Pankreatitis plus Nahrungsmangel Aufgrund dieser Befunde steht die Diagnose schnell fest: eine euglykämische diabetische Ketoazidose (DKA) als Folge von Pankreatitis und Hungerketose. Letztere zwingt den Körper dazu, die knappen Glykogenspeicher weiter zu leeren, durch das erhöhte Glukagon-Insulin-Verhältnis werden die Lipolyse und die Bildung von Ketonkörper angekurbelt. Ähnlich wirkt sich die Pankreatitis aus, die ebenfalls zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme und wegen der verminderten Betazellfunktion zusätzlich zu einem Insulinmangel führt. Das Studienteam um die Internistin Hye Jeong Han vom Henry Ford Macomb Hospital in Clinton Township mahnt daher, „die Schwelle für die Einleitung einer DKA-Therapie niedrig zu legen, selbst wenn eine Euglykämie besteht, sofern ein Patient eine metabolische Azidose mit vergrößerter Anionenlücke und hohe Beta-Hydroxybutyrat-Spiegel aufweist und sich mit dem klinischen Bild von Pankreatitis und Nahrungsmangel präsentiert“. Hungerketoazidose oder euglykämische DKA? Wichtig sei die sorgfältige Analyse der Laborwerte, um zwischen Hungerketoazidose und euglykämischer DKA zu unterscheiden, da beide in einer metabolischen Azidose mit vergrößerter Anionenlücke und erhöhten Ketonkörpern resultieren: Bei der Hungerketoazidose bestehen in der Regel ein Bicarbonat-Spiegel > 18 mmol/l, eine Hypoglykämie und eine längere Nüchternphase, bei der euglykämischen DKA dagegen ein Bicarbonat-Wert < 18 mmol/l, normale Blutzuckerwerte < 250 mg/dl und eine Diabetesanamnese. Die Hungerketoazidose ist, weil keine Insulinresistenz vorliegt, selbstlimitierend und fällt deswegen weniger schwer aus. Die betroffenen Patienten mit Insulin zu behandeln, würde sie der Gefahr einer schweren Hypoglykämie aussetzen.

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