Migräneattacken rasch und ausreichend hoch dosiert behandeln

Bei der Therapie der Migräne im Kindes- und Jugendalter kommt es auf beherztes Handeln an: „Es ist nicht zielführend, bei jeder Attacke mit einer niedrigeren Dosis zu starten und abzuwarten, ob diese vielleicht wirkt.“ Empfehlungen vom Schmerzexperten PD Dr. Friedrich Ebinger zu geeigneten Medikamenten, Dosierungen und Prophylaxemaßnahmen. Der Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Kopfschmerzen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dabei sind Kopfschmerzen vom Spannungstyp sowie Migräne die mit Abstand die häufigsten Kopfschmerzformen. Migräne (ohne Aura) ist bei Kindern oft bifrontal oder bitemporal lokalisiert, selten pulsierend und mäßig bis stark ausgeprägt. Wie bei Erwachsenen verstärkt körperliche Anstrengung den Schmerz während Ruhe gut tut. Akutmedikation an maximal zehn Tagen im Monat Bei der Therapie der Migräne ist es entscheidend, die Attacke frühzeitig und in ausreichend hoher Dosierung zu behandeln. „Es ist nicht zielführend, bei jeder Attacke mit einer niedrigeren Dosis zu starten und abzuwarten, ob diese vielleicht wirkt“, betonte PD Dr. Friedrich Ebinger, St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn, auf dem virtuellen Kinder- und Jugendmedizin-Update 2020. Als geeignete Medikamente für Kinder und Jugendliche gelten Ibuprofen oder ein Triptan. Da die Wirkung der Medikamente bei den einzelnen Patienten unterschiedlich ausfallen kann, ist es Ebinger zufolge bei einem Therapieversagen sinnvoll, weitere Präparate (z. B. unterschiedliche Triptane) auszuprobieren. Sollten die Kopfschmerzen innerhalb von 24 Stunden erneut auftreten, ist ggf. eine zweite Dosis des verwendeten Medikaments indiziert. Möglich ist zudem die Kombination aus einem Triptan und Ibuprofen oder Naproxen. Die Gabe von Antiemetika sind bei Kindern und Jugendlichen nur in Einzelfällen erforderlich. Um medikamenteninduzierte Kopfschmerzen zu vermeiden, sollte die Akutmedikation nur an maximal zehn Tagen im Monat eingenommen werden. Triptane für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen Ibuprofen (10-15 mg/kg/ED) steht an erster Stelle bei der Wahl eines Analgetikums, häufig wird laut Ebinger auch Naproxen (10-15 mg/kg/ED) eingesetzt. Einzelne Patienten profitieren von Paracetamol (10-20 mg/kg/ED, Erstdosis evtl. höher, aber <70 mg/kg/Tag), ASS (10-15 mg/kg/ED) oder Metamizol (10-15 mg/kg/ED). Aufgrund ihrer spezifischen Wirkungsweise lassen sich Triptane bei Migräne oder Clusterkopfschmerz einsetzten, sie wirken jedoch nicht bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp. In Deutschland sind die nasal applizierbaren Triptane Sumatriptan und Zolmitriptan für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen. „Die Zulassung ab zwölf Jahren sollte uns nicht davon abhalten, auch jüngeren Schulkindern gegebenenfalls ein Triptan als Off-label-Behandlung zu geben. Dafür gibt es ausreichend Erfahrung“, erklärte der Schmerzexperte. Prophylaxe mit Schlafhygiene, Sport und Ernährung Unter den präventiven Maßnahmen nennt die aktuelle US-amerikanische Leitlinie an erster Stelle „Lebensstil- und verhaltensbezogene Faktoren“. Dazu zählen etwa eine gute Schlafhygiene, Ausgleichssport, Trigger vermeiden, Frühstücken und ausreichend Trinken sowie den Tag sinnvoll zu strukturieren. Hilfreich sind zudem Entspannungstechniken wie beispielsweise die progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Eine medikamentöse Migräneprophylaxe wie etwa Magnesium, Propanolol oder Amitriptylin gibt Ebinger nur in begründeten Einzelfällen, zum Beispiel bei mehr als drei Attacken im Monat, einer Dauer von über 48 Stunden, sehr hoher Schmerzintensität oder fehlender Wirksamkeit der Akutbehandlung. Da die Erfahrungen zum Einsatz von CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide)-Inhibitoren bei Kindern und Jugendlichen noch sehr gering ist, könnten sie Ebinger zufolge bestenfalls in Ausnahmefällen bei älteren Jugendlichen zum Einsatz kommen. basierend auf: Ebinger F. Update Neuropädiatrie: Kopfschmerzen und neue therapeutische Möglichkeiten. Kinder- und Jugendmedizin aktuell – Online-Update 2020, 19.09.2020, virtuell

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