Erschienen in:
01.06.2004 | Phoniatrie und Pädaudiologie
Kinder mit Sprachentwicklungsauffälligkeiten
Angst, Depressivität und Lebensqualität der Mütter
verfasst von:
M. Rudolph, P. Kummer, U. Eysholdt, Priv.-Doz. Dr. F. Rosanowski
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 6/2004
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die auffällige Sprachentwicklung eines Kindes kann aufgrund der Störung selbst und/oder in Folge der z.T. auch umfangreichen notwendigen Therapie das Wohlbefinden und damit auch die Lebensqualität der Mütter der betroffenen Kinder beeinträchtigen. Art und Ausmaß dieser mütterlichen Beeinträchtigung kann die Vermittlung bzw. Einleitung spezifischer Hilfen notwendig machen. Auch wenn die Elternarbeit in der Behandlung sprachentwicklungsgestörter Kinder einen großen Stellenwert hat, liegen erstaunlicherweise keine systematischen Untersuchungen zu möglichen emotionalen Störungen und zu Auffälligkeiten der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Mütter von Kindern mit Auffälligkeiten der Sprachentwicklung vor. Gegenstand dieser Untersuchung ist die Frage, ob die in der Allgemeinbevölkerung häufigsten emotionalen Störungen Angst und Depressivität bei Müttern von Kindern mit Sprachentwicklungsauffälligkeiten vermehrt vorkommen und ob die Lebensqualität der Mütter eingeschränkt ist.
Probanden und Methoden
Es wurden 100 Mütter im Alter von 33,4±5,3 Jahren (22 bis 47 Jahre) von Kindern mit Sprachentwicklungsauffälligkeiten befragt. Als Testmaterialien kamen die international gebräuchlichen Fragebögen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität SF-36 sowie die deutsche Version der Hospital Anxiety And Depression Scale HADS-D zum Einsatz.
Ergebnisse
Beim Vergleich mit den in der Literatur genannten Normkollektiven zeigte sich beim SF-36 bei unterschiedlichem Signifikanzniveau eine Erniedrigung aller Subskalen mit Ausnahme der Skalen „Körperliche Schmerzen“ und „Psychisches Wohlbefinden“. Beim HADS-D fanden sich bei der Subskala Depressivität im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung statistisch signifikant häufigere Auffälligkeiten. Die Subskala Angst zeigte im Studienkollektiv keine erhöhte Inzidenz. Beim Vergleich der Ergebnisse beider Testverfahren ergaben sich auf unterschiedlichem Signifikanzniveau beim Vergleich einzelner Subskalen gehäuft gemeinsame Auffälligkeiten sowohl im SF-36 als auch im HADS-D.
Diskussion
Mit den erhobenen Ergebnissen liegen im deutschen Schrifttum erstmals Zahlen zur Häufigkeit von emotionalen Störungen und Aspekten der Lebensqualität der Mütter von Kindern mit Sprachentwicklungsauffälligkeiten vor. Die Daten legen nahe, die subjektiven Aspekte der Mütter von sprachentwicklungsauffälligen Kindern in der therapeutischen Arbeit gezielt zu berücksichtigen. Wegen der spezifischeren Aussage erscheint dabei die Beschränkung auf den HADS-D für klinische Zwecke ausreichend. Natürlich lassen sich aus den individuellen Ergebnissen keine psychiatrischen Diagnosen stellen, jedoch ist das Testverfahren als Aussonderungsuntersuchung („Screening“) geeignet, dem Therapeuten Daten für die individuelle Elternarbeit an die Hand zu geben.