Erschienen in:
23.05.2016 | Kindesmissbrauch | Originalien und Übersichten
Kinder und Jugendliche mit Misshandlungserfahrungen: bekommen sie die Versorgung, die sie brauchen?
verfasst von:
Helene Gertrud Ganser, Annika Münzer, Paul Lukas Plener, Andreas Witt, Lutz Goldbeck
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 6/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Kindesmisshandlung, -missbrauch und -vernachlässigung stellen Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen dar, die unbehandelt bis in das Erwachsenenalter persistieren können.
Ziel der Arbeit
In dieser Untersuchung werden psychische Morbidität und Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgung gegenübergestellt.
Methoden
Von 322 Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 17 Jahren aus 3 Regionen Deutschlands wurden, unter Einbeziehung einer nicht misshandelnden Bezugsperson, mittels semistrukturierter klinischer Interviews Angaben zu ihren Misshandlungserfahrungen, zur psychischen Gesundheit sowie zu in Anspruch genommenen Hilfen erhoben.
Ergebnisse
Etwa zwei Drittel der Studienteilnehmer (aktuell 64,29 %; jemals 69,57 %) wiesen eine psychische Störung nach ICD-10 auf. Am häufigsten wurden posttraumatische Belastungsstörungen (25,16 %), Störungen des Sozialverhaltens (21,34 %) sowie einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen (16,15 %) festgestellt. Lediglich 19,88 % nahmen zum Zeitpunkt der Befragung psychiatrische/psychotherapeutische Angebote wahr.
Diskussion
Die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung misshandelter, missbrauchter und vernachlässigter Kinder und Jugendlicher ist unzureichend. Verbesserungen des Zugangs dieser Hochrisikogruppe zu störungsspezifischen Therapien bedürfen einer engen Zusammenarbeit von Ärzten und Psychotherapeuten mit der Kinder- und Jugendhilfe und einer stärkeren Implementierung evidenzbasierter diagnostischer und therapeutischer Methoden in der Versorgungspraxis.