Adipöse Kinder: Schlauer durch Sport

Körperliche Betätigung hat zahlreiche positive Effekte auf die unterschiedlichsten Organe – auch auf das Gehirn von Kindern mit Übergewicht, wie eine internationale Studiengruppe nun herausgefunden hat. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Es gibt Hinweise darauf, dass sich eine Adipositas negativ auf Funktionen des Gehirns, wie die kognitive Entwicklung, auswirken kann. Daher hat sich ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Francisco B. Ortega von der spanischen Universität Granada aufgemacht, um wirksame Strategien dagegen zu finden. In körperlicher Aktivität machten sie einen Kandidaten aus, den sie in der randomisierten klinischen Studie ActiveBrains genauer unter die Lupe nahmen. Insgesamt 90 übergewichtige bis adipöse Kinder im Alter zwischen acht und elf Jahren mit einem durchschnittlichen Body-Mass-Index von 26,8 wurden in eine Sportgruppe (n = 47) und eine Kontrollgruppe (n = 43) eingeteilt. Beide Gruppen erhielten zu Beginn der Untersuchung Informationen über eine ausgewogene Ernährung und Empfehlungen, sich sportlich zu betätigen. Die Sportgruppe wurde angewiesen, mindestens drei von fünf angebotenen betreuten Trainingseinheiten pro Woche zu absolvieren. Die Sitzungen dauerten 90 Minuten, davon 60 Minuten Ausdauer- und 30 Minuten Kraftübungen. Die Kinder der Kontrollgruppe behielten ihren gewohnten Tagesablauf bei. Das primäre Ziel war es, die Auswirkungen des 20-wöchigen Trainingsprogramms auf Intelligenz, exekutive Funktionen (d. h. kognitive Flexibilität und Arbeitsgedächtnis) und schulische Leistungen sowie auf das Hippocampus-Volumen zu untersuchen. Dazu verwendeten die Forschenden zahlreiche Tests, wie den Kaufman-Brief-Intelligenztest, und es wurden MRT-Untersuchungen des Gehirns durchgeführt. Intelligenz und kognitive Flexibilität verbessert Das körperliche Training ließ vor allem die kristalline Intelligenz, das heißt das erworbene Wissen, sowie die Gesamtintelligenz und die kognitive Flexibilität im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant ansteigen. Bei den schulischen Leistungen verbesserte Sport die Fähigkeit, Probleme zu lösen, signifikant. Auch die mathematischen Fähigkeiten und die schulische Gesamtleistung steigerten sich, jedoch wurde die statistische Signifikanz hier verfehlt. Sportliche Betätigung hatte zudem einen geringen, nicht signifikanten Effekt auf die Lese- und Schreibfähigkeiten. Hingegen wurde bei den exekutiven Funktionen – dem Steuern des eigenen Verhaltens –, sowie beim Hippocampus-Volumen keine Veränderungen beobachtet. Ebenfalls keine Veränderungen konnten die Forschenden bei den MRT-Bildern des Gehirns einschließlich volumetrischer Analysen von Unterregionen des Hippocampus und des präfrontalen Kortex feststellen. Sie konnten somit keine Aussage darüber treffen, ob die beobachteten Auswirkungen etwa auf die Intelligenz durch Veränderungen der Gehirnstruktur oder -funktion hervorgerufen wurden. „Wir sind der Meinung, dass sich bei unseren Teilnehmern in der Übungsgruppe einige Hirnleistungen verändert haben müssen, um die beobachteten Verbesserungen der Intelligenz und der kognitiven Flexibilität zu erklären. Diese Veränderungen könnten auf molekularer oder zellulärer Ebene stattgefunden haben oder auf andere Merkmale zurückzuführen sein, die mit den hier verwendeten Neuroimaging-Verfahren nicht erkannt werden konnten“, so die Studienautorinnen und -autoren um Ortega, die aus verschiedenen europäischen Ländern sowie aus Chile und den USA stammen. Die Kinder in der Sportgruppe steigerten ihr Aktivitätsniveau während der Zeit, in der sie am Trainingsprogramm teilnahmen, signifikant, ohne dass es zu einer Kompensation während des restlichen Tages kam. Die Effekte des Trainingsprogramms waren für die meisten der untersuchten Ergebnisse über Geschlecht, Alter und Entwicklungsgrad der Kinder hinweg konsistent, mit Ausnahme der kristallinen Intelligenz, für die das Trainingsprogramm bei Jungen, jüngeren und für ihr Alter weniger entwickelten Teilnehmenden effektiver war. Die Forschenden um Ortega beobachteten auch, dass Kinder mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status größere Verbesserungen bei der fluiden Intelligenz (Fähigkeit, logisch zu denken) und der Gesamtintelligenz zeigten, ebenso wie Kinder mit einer niedrigeren Ausgangsleistung im Intelligenztest. Das Wichtigste in Kürze Frage: Kann ein 20-wöchiges Sportprogramm die kognitiven Fähigkeiten und die Intelligenz von Kindern mit Übergewicht verbessern? Antwort: Ja, die Ergebnisse einer internationalen Studie belegen, dass sich die Intelligenz und die kognitive Flexibilität bei körperlicher Betätigung von mehr als einer Stunde, dreimal pro Woche, signifikant verbessern. Ein etwas geringerer positiver Effekt wurde auf die schulischen Leistungen festgestellt. Bedeutung: Betreiben übergewichtige Kinder Sport, könnte das nicht nur schlanker, sondern auch schlauer machen. Einschränkung: Die Studie lief nicht für alle Autorinnen und Autoren verblindet ab.

Springer Medizin

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