Erschienen in:
01.06.2015 | Leitthema
Klassifikation von Gliomen
Aktuelle Fortschritte und Perspektiven
verfasst von:
Dr. D. Capper, G. Reifenberger
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 6/2015
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Zusammenfassung
Die diagnostische Einteilung von Gliomen erfolgt traditionell histologisch auf Basis der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Tumoren des zentralen Nervensystems. In den letzten Jahren wurden verschiedene molekulare Marker identifiziert, die zu einer präziseren Tumorklassifikation und besseren Vorhersage des Therapieansprechens und der individuellen Prognose beitragen können. Zu den wichtigsten molekularen Tests mit differenzialdiagnostischer Bedeutung für Patienten mit astrozytären und oligodendroglialen Tumoren gehören der Nachweis von Mutationen in den Genen Isozitratdehydrogenase 1 (IDH1), IDH2, „alpha thalassemia/mental retardation syndrome X-linked“ (ATRX), Histon H3.3 (H3F3A) und „v-Raf murine sarcoma viral oncogene homolog B“ (
BRAF
) sowie von Kodeletionen der Chromosomenarme 1p und 19q. Als wichtige prädiktive Marker für das Ansprechen auf alkylierende Chemotherapie haben sich der O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT)-Promotormethylierungsstatus bei Patienten mit Glioblastomen und der 1p/19q-Status bei Patienten mit anaplastischen Gliomen in der Diagnostik etabliert. Onkogene c11orf95/RELA-Fusionen charakterisieren eine Gruppe von Patienten mit supratentoriellen Ependymomen. Neben Einzelgenanalysen bieten heute neue methodische Ansätze mittels Array- oder Hochdurchsatzsequenzierung-basierten Technologien vielsprechende Perspektiven. So erlaubt die Bestimmung des DNA-Methylierungsprofils an 450.000 über das Genom verteilten CpG-Dinukleotiden („450K-Array-Test“) eine verlässliche Klassifizierung von Gliomen in klinisch relevante Entitäten und Varianten. Durch Sequenzierung gliomrelevanter Genpanels mittels „next generation sequencing“ besteht die Möglichkeit zur parallelen Analyse multipler diagnostischer und prädiktiver Markergene in einem einzigen Experiment. In Zukunft wird es darauf ankommen, die neuen Erkenntnisse und Methoden der molekularen Diagnostik in sinnvoller Weise mit der konventionellen histologischen Einteilung im Rahmen einer überarbeiteten WHO-Klassifikation zu verbinden.