Hitzebelastung
2023 war wieder ein Rekordjahr in Temperaturen und mit inzwischen 2,3 °C Erwärmung liegt Deutschland unter Betrachtung von Temperaturanomalien in 10-Jahres-Perioden deutlich über den globalen Mitteltemperaturen [
1]. Höchsttemperaturen bis zu 40 °C sind auch in Deutschland keine Seltenheit mehr. Es wird zunehmend zu Hitzeereignissen kommen, die länger andauern, intensiver (also mit höheren Temperaturen) ausfallen und auch früher im Jahr stattfinden. In den letzten Jahren konnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) die ersten Hitzewellen bereits im Mai verzeichnen – zu einem Zeitpunkt, an dem die Menschen auf solche Hitzeereignisse noch gar nicht vorbereitet sind und auch der Körper noch nicht akklimatisiert ist. Dabei gibt es regionale und lokale Unterschiede. Die Regionen um den Mittelrheingraben und in Brandenburg sind eher betroffen, Städte verzeichnen höhere Temperaturen als ländliche Regionen. Aufgrund von Versiegelungen, fehlenden Frischluftschneisen, fehlendem Grün und Blau (z. B. Grünflächen, Bäume oder begrünte Fassaden sowie Stadtbäche, Teiche oder Brunnen) und der Abstrahlwärme von Häuserflächen können nächtliche Temperaturen in städtischen Wärmeinseln um 10 °C höher sein als im Umland.
Hitze wird derzeit als die größte klimawandelbedingte Gesundheitsgefahr in Deutschland eingeordnet [
3]. Sie betrifft alle Menschen und schränkt nicht nur unser Wohlbefinden ein, sie kann auch zu lebensbedrohlichen Erkrankungen führen bis hin zum Tod. Aber nicht alle Menschen sind gleichermaßen von Hitze betroffen. Die Betroffenheit ist sehr individuell und beruht auf physischen sowie soziodemografischen Faktoren und den Anpassungsmöglichkeiten bis hin zur Exposition.
Bisher standen vor allem die Menschen im höheren Lebensalter im Fokus. Zweifelsohne hat diese Personengruppe durch Hitze ein besonders hohes Risiko, schwer zu erkranken oder sogar zu versterben. Denn im hohen Alter treffen hitzerelevante Risikofaktoren oftmals zusammen, z. B. verringerte Thermoregulation, chronische Erkrankungen, Medikamenteneinnahme, Einschränkungen in der Selbstversorgung und ein hoher Unterstützungsbedarf. Verstärkt wird das Risiko noch durch Einsamkeit, Isolation, fehlende Kontakte zu Angehörigen oder in der Nachbarschaft sowie eine sich stark aufheizende Wohnumgebung oder das Leben in einer städtischen Wärmeinsel.
Die Studienlage zeigt aber immer stärker die Vielzahl gefährdeter Personengruppen sowie die Heterogenität innerhalb der Gruppen, je nachdem, welche Risiko-, aber auch Resilienzfaktoren zusammentreffen. Dabei spielen die Lebenswelten, in denen sich die Menschen aufhalten, eine entscheidende Rolle. Diese kann protektiv, aber auch belastend sein, je nachdem, welche Hitzebelastung dort herrscht und welche Hitzekompetenz die Akteurinnen und Akteure der jeweiligen Lebenswelten aufweisen.
Neugeborene, Säuglinge und Kinder sind aufgrund ihrer Physiologie bereits stärker durch Hitze gefährdet (s. Infobox). Ihre Thermoregulation ist noch nicht voll ausgereift, sie schwitzen weniger und aufgrund des Verhältnisses von Körperoberfläche zu Körpervolumen muss ihr Körper mehr arbeiten, um den Kühlmechanismus umzusetzen (Blut zur Wärmeabgabe an die Hautoberfläche transportieren). Kinder bewegen sich mehr und haben eine höhere Stoffwechselrate. Oftmals sind sie so in ihr Spiel vertieft, dass sie nicht daran denken zu trinken und sie empfinden auch weniger Durst. Kinder sind also je nach Lebensalter auf Unterstützung angewiesen, können die Gefahr von Hitze noch nicht adäquat einschätzen und insbesondere im Säuglingsalter dieser auch nicht selbst ausweichen. Zudem befinden sie sich oftmals ganztägig in Betreuungseinrichtungen, die wenig Flexibilität zulassen. Verfügt das pädagogische Personal über eine geringe Hitzekompetenz oder sind keine Hitzeschutzmaßnahmen in der Einrichtung etabliert, so können Kitas, Schulen, Sportvereine oder Freizeitangebote zu einem Risikofaktor bei Hitze werden, aber genauso auch zu einem Resilienzfaktor, sobald die Kinder in der Einrichtung und ihrer Freizeit vor Hitze geschützt werden können. So sieht es auch in ihrem Zuhause aus: Sind die Familien in der Lage, sich vor Hitze zu schützen, sowohl durch ihr Verhalten als auch durch die Verhältnisse, in denen sie leben, hat dies eine direkte Auswirkung auf die Hitzebelastungen der Kinder.
UV-Belastung
Mit dem Klimawandel geht auch eine erhöhte UV-Exposition einher. Generell steigt die Anzahl der Sonnenscheinstunden aufgrund des Klimawandels an und somit auch die UV-Belastung. Seit Messbeginn 1951 hat hierzulande die Sonnenscheindauer im Mittel um gut 10 % zugenommen [
1]. Aufgrund des sonnigeren und warmen/heißen Wetters verbringen die Menschen mehr Zeit im Freien und setzen ihre Haut mehr UV-Strahlung aus.
Die kindliche Haut ist gegenüber UV-Strahlung besonders empfindlich. Sonnenbrände in der Kindheit erhöhen das Risiko für den schwarzen Hautkrebs um das 2‑ bis 3‑Fache. Auch die Augen sind gefährdet, denn die UV-Belastung erhöht das Risiko für einen grauen Star (Linsentrübung). Trotz intensiver Präventionsarbeit, die seit Jahren geleistet wird, hat sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Hautkrebserkrankungen mehr als verdoppelt [
4]. Und wie beim Hitzeschutz gilt die Lebenswelt der Kinder als entscheidender Faktor der UV-Belastung.
Mentale Gesundheit
Insbesondere die durch den Klimawandel zunehmenden Wetterextreme wie Stürme, Unwetter, Hitze, Dürren und Starkniederschläge können neben den direkten körperlichen Auswirkungen auch mentale Belastungen mit sich bringen [
5]. Dabei sind sowohl das unmittelbare Erleben des Ereignisses als auch die weitreichende Zerstörung der vertrauten Umgebung und des sozialen Netzwerks sowie der Verlust von Angehörigen von Bedeutung [
6]. Kinder und Jugendliche sind besonders anfällig für die psychischen Folgen solcher Ereignisse, da sie im Vergleich zu Erwachsenen über weniger ausgeprägte Bewältigungsstrategien verfügen [
7]. Als Reaktion können posttraumatische Stresssymptome bzw. Belastungsstörungen sowie gesteigerte Anspannung und aggressives Verhalten, Schlafstörungen, Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten, Panikattacken, Angststörungen, Depressionen und Substanzmissbrauch auftreten [
8‐
10]. Der Klimawandel und seine Folgen können aber auch ohne direktes Erleben eines Extremereignisses zu indirekten psychischen Auswirkungen führen. Insbesondere bei jungen Menschen gewinnen Klimaemotionen und Klimaangst an Bedeutung, die negative Emotionen und Symptome wie Panikattacken, Appetitlosigkeit, zwanghaftes Denken und Schlaflosigkeit nach sich ziehen können [
11,
12].
Es hat sich gezeigt, dass Betreuungs‑, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen vor allem im Umgang mit den psychischen Belastungen, die Kinder und Jugendliche aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels erfahren, ein wichtiger Anker sind [
13]. Zum einen können widerstandsfähige Systeme und Einrichtungen in Krisenzeiten Stabilität und Kontinuität bieten. Zum anderen können Programme zur Förderung der Resilienz, die Vermittlung von Bewältigungskompetenzen und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit innerhalb dieser Einrichtungen präventiv wirken [
14].