Ärztliche Weiterbildung: Jetzt böte sich die Chance für einen Reset

Seit Jahren knirscht es in der ärztlichen Weiterbildung – und dies gewaltig. Mit der Klinikreform könnte sie an Format gewinnen. Jetzt ist Kreativität gefragt – von Ärztinnen und Ärzten und Kassen. Angesichts knapper werdender Humanressourcen in der Versorgung forderte Gesundheitsminister Karl Lauterbach Anfang des Jahres großspurig 5.000 zusätzliche Medizinstudienplätze von den Ländern ein. Die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung (ÄiW) hingegen scheinen es bislang nicht geschafft zu haben, ins Blickfeld des Ministers zu rücken. Schlimmer noch: Mit den bisherigen Plänen zur Krankenhausreform werde die ohnehin schon nicht mit Bestnoten bewertete Weiterbildung zusätzlich Federn lassen, so der Vorwurf vieler ärztlicher Standesvertreter. Hauptkritikpunkt: Wenn Lauterbach es schaffe, die Level-Ii–Kliniken, die in der Basisversorgung tätig sein sollen, tatsächlich zum wesentlichen Bestandteil der ärztlichen Weiterbildung zu machen, hätten junge Ärztinnen und Ärzte kaum mehr die Möglichkeit, spezialisierte und Notfallmedizin kennenzulernen. Ein Kompetenzverlust, der gerade Fächern wie der Allgemeinmedizin oder Allgemeinen Inneren Medizin später im Versorgungsalltag Probleme bereiten könnte. Die Kritik ist berechtigt. Aber ist die Klinikreform nicht vielmehr Chance denn Risiko für die Weiterbildung? Die Problemfelder sind bekannt Seit Jahren knirscht es in der ärztlichen Weiterbildung – und dies gewaltig. Regelmäßig erheben Verbände und Fachgesellschaften das Stimmungsbild der ÄiW. Das Ergebnis dieser Umfragen fiel in den vergangenen Jahren immer wieder gleich aus: Strukturierte Weiterbildung mit festem Plan? Eher Mangelware als Norm. Rotationen in die Funktionsbereiche stellten sich prinzipiell als Herausforderung dar. Was sich wiederum auf den Kompetenzerwerb und die Weiterbildungszeit auswirkt. Echte Lehre? Dafür bleibt im ökonomisch getriebenen Klinikalltag vielerorts kaum Zeit. Und auf die Belange von werdenden Müttern in der Weiterbildung schaffen es viele Kliniken so gut wie gar nicht einzugehen. Wie dies die Weiterbildungszeit verlängert und wie viel ärztliche Humanressource bei einem Frauenanteil von rund 50 Prozent in der Versorgung (BÄK-Ärztestatistik, Dezember 2022) eben nicht zeitnah zur Verfügung steht, mag sich jeder selbst ausrechnen. Trotz des monierten Ärztemangels trat bislang kaum Besserung ein. Oft genug mussten sich junge Ärzte mit Hinweisen wie „früher ging’s uns auch nicht besser“ oder dem Argument, dass sich der Ärztemangel natürlich auch bei den Lehrenden auswirke, abspeisen lassen. In der ambulanten Weiterbildung lief es zumindest was Arbeitszeiten und Familienplanung anbelangt zwar etwas besser. Aber auch für die hier notwendigen Weiterbildungsverbünde zwischen Praxen und Kliniken beschrieb der KBV-Evaluationsbericht Weiterbildungsförderung 2021, dass lediglich 57 Prozent der Verbünde feste Rotationspläne bieten. Eine Finanzierungsfrage Jetzt wäre also die Chance gegeben, bei der Weiterbildung wenigstens teilweise die Resettaste zu drücken. Mit der Reform könnte die sektorübergreifende Weiterbildung an Format gewinnen. Junge Ärztinnen und Ärzte könnten dann nach gut durchdachten Plänen Klinik- und Praxisalltag, Spezial- und Basiswissen vermittelt bekommen. Wie weit die Level-Ii-Häuser hier integriert werden könnten, wäre zu überdenken. Warum nicht Verbünde aus großen Häusern mit den notwendigen Spezialabteilungen und Praxen oder Ärztenetzen schaffen? Dann müsste die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung neu aufgestellt werden. Hier wären KBV und Kassen gefragt, kreative Lösungen zu finden. Ebenso ist die Forderung, dass für ambulante Leistungen dann der Facharztstandard und nicht der Facharztstatus zählen sollte, richtig. Hiermit wären die Praxen den Kliniken ein stückweit mehr gleichgestellt, da ÄiW so in Abhängigkeit von ihrer Weiterbildungszeit bestimmte Leistungen selbstständig – als anvertraubare professionelle Tätigkeiten – erbringen könnten. Der Spielraum wäre da, jetzt läge es an Ärztevertretern selbst, gemeinsam mit den Kassen die notwendigen Konzepte zu erarbeiten, ohne sich im Klein-klein zu verlieren. Dann wären sicher die Unterstützung des Ministers und der Länder gegeben. Quelle: Ärzte Zeitung

Springer Medizin

Ärztliche Weiterbildung: Jetzt böte sich die Chance für einen Reset

Weiterführende Themen

Facharzt-Training Allgemeinmedizin

Neu im Fachgebiet Allgemeinmedizin

Lassen sich altersassoziierte Erkrankungen via Bluttest vorhersagen?

Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität beruht vor allem auf Noceboeffekt

Schluckstörungen im Alter – erkennen Sie die Anzeichen?

Rezidivrate nach Darmkrebs-Op. stark zurückgegangen

Update Allgemeinmedizin