20-fach erhöhtes Knochenkrebsrisiko nach Kindheitstumor

Wer als Kind oder Jugendlicher an Krebs erkrankt, hat ein 22-fach erhöhtes Risiko für einen später auftretenden primären Knochentumor. Besonders hoch ist die Gefahr für Patienten mit Retinoblastomen und Sarkomen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wenn Kinder und Jugendliche einen Tumor überlebt haben, ist das Thema Krebs für sie noch längst nicht abgeschlossen. Neben dem Risiko für ein Rezidiv müssen sie auch vermehrt mit einem neuen Primärtumor rechnen. Die Gefahr für eine erneute Krebserkrankung ist etwa drei- bis sechsfach höher als in der übrigen Bevölkerung. Gründe dafür sind neben einer genetischen Prädisposition für Tumoren und ungünstigen Umweltbedingungen auch Krebstherapien wie eine Radiatio, die ihrerseits das Tumorrisiko steigern. Besonders ausgeprägt scheint die Gefahr für einen zweiten Primärtumor in den Knochen zu sein. Allerdings gab es dazu bislang keine aussagekräftigen Daten, berichten Forscher um Miranda Fidler vom „Centre for Childhood Cancer Survivor Studies“ an der Universität Birmingham. Die Forscher um Fidler haben sich nun die Mühe gemacht, die bislang größte Datensammlung zu Überlebenden von Kindheitstumoren zusammenzutragen und nach der Häufigkeit primärer Knochentumoren zu schauen. Zu diesem Zweck poolten sie Angaben aus 13 europäischen Kohortenstudien und Registern mit zusammen knapp 70.000 Personen, die bis zum Alter von 20 Jahren an Krebs erkrankt und fünf Jahre später noch am Leben waren. An den Registern sind zwölf EU-Länder beteiligt, nicht jedoch Deutschland. Zwei zusätzliche Knochentumoren auf 10.000 Personenjahre Die Krebsüberlebenden waren mittlerweile im Median 30 Jahre alt. Von ihnen hatten 230 nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 21 Jahren insgesamt 235 neue Knochentumoren entwickelt – das sind 0,33% aller Überlebenden. Die Zahl ist absolut betrachtet zwar sehr gering, doch lässt sich daraus im Vergleich zur gleichalten Allgemeinbevölkerung ein knapp 22-fach erhöhtes Knochenkrebsrisiko errechnen. Auf 10.000 Krebsüberlebende kommen damit jährlich zwei zusätzliche Knochentumordiagnosen. Von den 235 Knochentumoren, die nach einer Krebserkrankung in der Kindheit oder Jugend auftraten, erwiesen sich 179 als Osteosarkome, 21 als Chondrosarkome und 14 als Ewing-Sarkome. Die Gefahr, einen Knochentumor zu entwickeln, hängt offenbar sehr stark von der Art des Ersttumors ab. So hatten Patienten mit Retinoblastom eine 135-fach erhöhte Knochenkrebsinzidenz. Immerhin 73 der 2500 Retinoblastomkranken (3%) litten später an einem Knochentumor. Rein rechnerisch kommt es hier zu zwölf zusätzlichen Knochentumordiagnosen auf 10.000 Personenjahre. Ganz überraschend ist das nicht, liegt doch bei Retinoblastom ein Defekt in einem Tumor-Suppressor-Gen vor. 300-fach erhöhte Inzidenz von Osteosarkomen nach Retinoblastom Doch auch für Überlebende von Knochen- und Weichteilsarkomen fanden die Forscher um Fidler eine stark erhöhte Inzidenz von späteren Knochentumoren – und zwar um den Faktor 78 und 47. Die Inzidenz der zusätzlichen Tumoren nahm mit den Jahren nach dem Ersttumor ab: Je länger die Erstdiagnose her war und je höher das Alter der Patienten, umso geringer das zusätzliche Risiko für einen Knochentumor. Bei den über 40-Jährigen war die Inzidenz nur noch sechsfach erhöht, dagegen lag sie bei den Betroffenen mit Anfang 20 Jahren noch knapp 30-fach über dem Wert in der Allgemeinbevölkerung. Die einfachste Erklärung für diese Beobachtung dürfte das mit dem Alter insgesamt steigende Krebsrisiko sein – das Alter drängt mit der Zeit die anderen Risikofaktoren in den Hintergrund. Schauten sich die Forscher nur Osteosarkome als Folgetumoren an, fanden sie unter den Krebsüberlebenden eine rund 40-fach erhöhte Inzidenz für solche Malignome, für die Überlebenden eines Retinoblastoms konnten sie eine knapp 300-fach erhöhte Inzidenz nachweisen. Danach kommen jährlich auf 10.000 Retinoblastom-Überlebende zehn zusätzliche Osteosarkome. In anderen Worten: Fünf von sechs zusätzlichen Knochentumoren sind hier Osteosarkome. Als Hauptgrund des stark erhöhten Risikos für einen Knochenzweittumor sehen die Forscher um Fidler neben genetischen Prädispositionen vor allem die Bestrahlung und Chemotherapie mit alkylierenden Agenzien gegen den Ersttumor. In gewisser Weise beruhigend sei, dass die Knochentumorinzidenz bei Kindheitskrebs-Überlebenden in jüngerer Zeit nicht höher sei als vor einigen Dekaden – trotz einer teilweise deutlich intensiveren Behandlung. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie hoch ist die Inzidenz von Knochentumoren nach einer Krebserkrankung in der Kindheit oder Jugend? Antwort: Die Inzidenz ist verglichen mit der Allgemeinbevölkerung rund 22-fach erhöht. Bedeutung: Unter 10.000 Krebsüberlebenden kommt es jährlich zu zwei Knochentumoren zusätzlich. Einschränkung: Stark unterschiedliche Inzidenzen in verschiedenen Ländern, vermutlich durch unterschiedliche gen- und zytotoxische Therapien.

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