Zusammenfassung
Kognitive Kontrolle (CC) stellt eines von sechs Konstrukten innerhalb der Research-Domain-Criteria(RDoC)-Domäne „kognitive Systeme“ dar, die auf unterschiedlichen Analyseebenen (von genetischen und molekularen Mechanismen bis zu neuronalen Schaltkreisen und subjektivem Erleben) untersucht werden können. CC ist definiert als übergeordnete („Top-down“) Steuerung aufgabenspezifische Prozesse auszuführen und Gedanken sowie Handlungen zu koordinieren, um ein spezifisches Ziel zu erreichen. Aus den kognitiven Systemneurowissenschaften existieren bereits gesicherte Erkenntnisse über zentrale neuronale Komponenten des CC-Netzwerks und dessen Interaktionen mit anderen relevanten funktionellen Systemen. Bei der Entstehung und der Aufrechterhaltung distinkter psychiatrisch relevanter Symptome, wie beispielsweise verbalen akustischen Halluzinationen („auditory verbal hallucinations“ [AVH], „Stimmenhören“), wird der dysfunktionalen CC eine wesentliche transdiagnostische Bedeutung zugeschrieben. Die vorliegende selektive Literaturübersicht widmet sich der spezifischen und klinisch relevanten Frage, inwieweit die RDoC Domäne „kognitive Systeme“ und speziell das Konstrukt der CC in Studien zur Erforschung der neurobiologischen Mechanismen von AVH Eingang gefunden haben und inwieweit die Ergebnisse zur Erforschung der zugrunde liegenden Pathomechanismen bisher in die klinische Routine transferiert wurden. Abschließend werden zukünftige Forschungsperspektiven und Therapieansätze diskutiert. Anhand der aktuell bevorzugten neurobiologischen Modelle für AVH lassen sich wesentliche nichtpharmakologische Strategien wie Hirnstimulationsverfahren und Psychotherapie ableiten. Weitere Forschungsperspektiven ergeben sich im Bereich von Interventionsstudien, die sich an der RDoC-Matrix orientieren.