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Erschienen in: Ethik in der Medizin 2/2005

01.06.2005 | Fall & Kommentare

Kommentar II

Entscheidungsfindung zwischen ärztlicher Aufgabe und prozeduralem Verfahren

verfasst von: Dr. med. Gisela Bockenheimer-Lucius

Erschienen in: Ethik in der Medizin | Ausgabe 2/2005

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Auszug

Der vorliegende Fall könnte knapp mit dem Hinweis darauf kommentiert werden, dass der zuständige Vormundschaftsrichter offensichtlich seine Aufgabe falsch verstanden hat, denn das Betreuungsrecht verlangt von ihm die Kontrolle darüber, ob der Betreuer den mutmaßlichen Willen des einwilligungsunfähigen und zu betreuenden Patienten korrekt ermittelt hat. Er muss und darf ggf. weitere Anstrengungen unternehmen, um den mutmaßlichen Willen präzise zu eruieren und schließlich dafür sorgen, dass der Betreuer diesen mutmaßlichen Willen des Betreuten gegenüber den behandelnden Ärzten durchsetzen kann. Dies ist ein formaler Akt, der mit der Frage nach dem Lebenserhalt nichts zu tun hat. Alle Beteiligten, der Vormundschaftsrichter, die Ärzte und auch der Betreuer, sind dabei grundsätzlich auch dem Wohl des Patienten verpflichtet, aber dazu soll ja gerade der Respekt vor dem Willen bzw. dem mutmaßlichen Willen beitragen. Der Vormundschaftsrichter ist in seiner Aufgabe tatsächlich nicht „Herr über Leben und Tod“, sondern, wie es im Urteil des OLG Karlsruhe/Freiburg heißt: „Durch diese präventive richterliche Kontrolle der Einwilligung des Betreuers in den Behandlungsabbruch wird... das Risiko von Betreuern und Ärzten reduziert, wegen Totschlags strafrechtlich verfolgt zu werden, da eine hohe Gewähr dafür besteht, dass der Patientenwille richtig ermittelt wurde“ [3]. Die Weigerung des Vormundschaftsrichters in irgendeiner Weise zu beraten bzw. die Vorwegnahme seiner Entscheidung ohne jegliche Anhörung ist ein eklatanter Verstoß gegen seine Dienstpflichten. …
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Bahners P (2005) Der Wille der Willenlosen. FAZ 70, 24.03.2005, S 41 Bahners P (2005) Der Wille der Willenlosen. FAZ 70, 24.03.2005, S 41
2.
Zurück zum Zitat Bundesgerichtshof (2003) Beschluss vom 17.03.2003 — XII ZB 2/03 (Schleswig), NJW 2003:1588–1594 Bundesgerichtshof (2003) Beschluss vom 17.03.2003 — XII ZB 2/03 (Schleswig), NJW 2003:1588–1594
3.
Zurück zum Zitat OLG Karlsruhe/Freiburg (2002) Beschluss vom 29.10.2001. Antrag auf Abbruch der künstlichen Ernährung. NJW 9:685-689 OLG Karlsruhe/Freiburg (2002) Beschluss vom 29.10.2001. Antrag auf Abbruch der künstlichen Ernährung. NJW 9:685-689
4.
Zurück zum Zitat Ritschl D (2004) Zur Theorie und Ethik der Medizin. Philosophische und theologische Anmerkungen. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vlyun Ritschl D (2004) Zur Theorie und Ethik der Medizin. Philosophische und theologische Anmerkungen. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vlyun
5.
Zurück zum Zitat Simon A, Lipp V, Tietze A, Nickel N, Oorschot B (2004) Einstellungen deutscher Vormundschaftsrichterinnen und -richter zu medizinischen Entscheidungen am Lebensende: erste Ergebnisse einer bundesweiten Befragung. MedR 22:303–307CrossRef Simon A, Lipp V, Tietze A, Nickel N, Oorschot B (2004) Einstellungen deutscher Vormundschaftsrichterinnen und -richter zu medizinischen Entscheidungen am Lebensende: erste Ergebnisse einer bundesweiten Befragung. MedR 22:303–307CrossRef
Metadaten
Titel
Kommentar II
Entscheidungsfindung zwischen ärztlicher Aufgabe und prozeduralem Verfahren
verfasst von
Dr. med. Gisela Bockenheimer-Lucius
Publikationsdatum
01.06.2005
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Ethik in der Medizin / Ausgabe 2/2005
Print ISSN: 0935-7335
Elektronische ISSN: 1437-1618
DOI
https://doi.org/10.1007/s00481-005-0375-9

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