Glukokortikoide beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom?

Die Behandlung des komplexen regionalen Schmerzsyndroms richtet sich nach dem vorliegenden pathophysiologischen Mechanismus. Eine Behandlung mit Glukokortikoiden ist daher eine Option und wurde in einem systematischen Review nun genauer betrachtet. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Entzündungsreaktionen spielen beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) eine wichtige Rolle. Eine Studiengruppe um C. van den Berg vom Erasmus University Medical Center, Center for Pain Medicine in Rotterdam hat deshalb für ein systematisches Review insgesamt 41 Publikationen (darunter sieben randomisierte kontrollierte Studien) zum Thema Glukokortikoid-Therapie des CRPS begutachtet. Bemerkenswert dabei ist, dass die ältesten Studien aus den 1950er-Jahren stammten. Insgesamt waren 1.208 Patientinnen und Patienten involviert. Bei mehr als der Hälfte der Artikel (28 von 41) war nur die obere Extremität betroffen, in elf Studien waren es sowohl die oberen als auch die unteren Extremitäten. Das auslösende Ereignis einer CRPS war in der Mehrheit der Fälle ein Trauma oder ein operativer Eingriff. Die Studien unterschieden sich häufig in Bezug auf die Art der Glukokortikoid-Verabreichung, die verwendeten Dosierungen und die Erkrankungsdauer (bis zu vier Jahre). Die Autorinnen und Autoren haben ihre Erkenntnisse nach den verschiedenen Verabreichungswegen gruppiert. Fast alle evaluierten Studien – mit Ausnahme von zwei – berichteten über eine positive Wirkung der Steroide auf verschiedene Parameter, wobei eine Verbesserung der Schmerzlinderung und der Beweglichkeit der Gliedmaßen am häufigsten genannt wurde. Wurden Glukokortikoide über einen längeren Zeitraum verabreicht, d. h. mehr als drei Monate, schienen sie weniger wirksam zu sein. Unerwünschte Nebenwirkungen wurden beobachtet, meist sowohl dosis- als auch zeitabhängig. Orale Glukokortikoidgaben In 22 Studien kamen orale Steroide zum Einsatz, meist wurden die Patientinnen und Patienten über zwei bis vier Wochen behandelt. Häufig wurde orales Prednison bzw. ein Äquivalente mit einer Tagesdosis zwischen 5–80 mg verwendet. Bei einer niedrigen Dosis von täglich 5 mg Prednison ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Verum und Placebo. Bei Verwendung mittlerer Prednisondosen war eine signifikante Verbesserung der Symptome zu beobachten, wenn auch nicht bei allen Teilnehmenden. Mit hohen Dosen kam es zu einer Verbesserung der Schmerzen und anderer Symptome sowie des CRPS-Scores. Was noch zutage kam: Bisphosphonate i.v. und orale Steroide waren gleich effektiv, in puncto Schmerzkontrolle halfen Letztere jedoch besser bei geschwollenen Händen. Im Vergleich zu Piroxicam schnitten Glukokortikoide besser ab. Allgemein beobachteten van den Berg et al. eine begrenzte Wirksamkeit der Steroide bei einer Gabe von mehr als drei Monaten, selbst mit höheren Prednisondosen von 1 g für 16–22 Tage. Weitere Applikationswege In einer Studie wurde eine Woche lang täglich eine I.v.-Behandlung mit Mannitol 10% und 8 mg Dexamethason durchgeführt. Schmerzen, CRPS-Score und Fingerbeweglichkeit verbesserten sich deutlich. In sechs Studien wurden regionale I.v.-Blöcke (Bier-Blöcke) verwendet. Die verabreichte Dosis variierte zwischen 80–125 mg Methylprednisolon, mit insgesamt einem bis sechs Anwendungen pro Patient. Alle Studien ergaben eine Verbesserung der Schmerzen nach der Behandlung trotz unterschiedlicher Schemata. Die intramuskuläre Injektion von 80 mg Methylprednisolon mit durchschnittlich 2,3 Injektionen führte zu einer Verbesserung sowohl der Schmerzen als auch der Schwellung. Eine Triamcinolon-Injektion von 40 mg in die Sehnenscheide des M. extensor digitorum bewirkte eine Besserung der Schmerzen und der Schwellung des betroffenen Handgelenks. In einem Fallbericht wurde beschrieben, dass die lokale Anwendung von Dexamethason-Spray in Kombination mit oralem Meloxicam wirksam war. Empfehlungen der Leitlinie Und was steht in der Leitlinie „Diagnostik und Therapie komplexer regionaler Schmerzsyndrome (CRPS)“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie? „Aufgrund der positiven Ergebnisse der Studien und eigener Erfahrungen kann trotz der geringen Fallzahl eine Empfehlung für den Einsatz von Steroiden bei frühen entzündlichen (Rötung, Überwärmung, Ödem) CRPS-Fällen gegeben werden. Bei chronischem CRPS (> 6 Monate Dauer) sind Steroide in Einzelfällen wirksam, aber in der Mehrzahl der Fälle nicht“, so das Fazit des Leitliniengremiums. Für die Studiengruppe um van den Berg war es schwierig, eine differenzierte Empfehlung auszusprechen: „Die große methodische Heterogenität der untersuchten Studien machte es unmöglich, eine eindeutige Schlussfolgerung über die Wirksamkeit der Glukokortikoidbehandlung bei CRPS zu ziehen.“ Die Publikationen unterschieden sich in mehreren Bereichen, wie Dosierung, Behandlungsdauer, Erkrankungsdauer und Ergebnisparameter, zu stark voneinander. Aus diesem Grund sei nur ein narrativer Überblick möglich gewesen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkungsvoll ist die Gabe von Glukokortikoiden in unterschiedlichen Regimen und Applikationswegen beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom? Antwort: Das systematische Review spricht für die Effektivität von Glukokortikoiden bei der Behandlung von CRPS-Patienten, insbesondere bei der Schmerzlinderung und der Verbesserung der Beweglichkeit. Bedeutung: Glukokortikoide sind vor allem beim akuten CRPS eine Option. Einschränkung: Große Heterogenität der Studien, sodass keine gepoolten Daten eruiert werden konnten.

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